Wenige Tage nach dem verheerenden Zugunglück in der kanadischen Kleinstadt Lac-Megantic sind wahrscheinlich 50 Menschen ums Leben gekommen, wobei die Polizei bisher noch nicht einmal die Hälfte der Leichen bergen konnte. Ein führerloser Güterzug mit mehr als 70 Waggons voll Rohöl war am Samstag ins Zentrum der 6000-Einwohner-Stadt gerast und explodiert. Jetzt diskutiert ganz Kanada über die Risiken der Gefahrguttransporte.
Eisenbahnen gehören zu den Lebensadern Kanadas – viele Städte sind an ihren Gleisen entstanden, häufig aus den Lagern der Arbeiter, die die Strecken gebaut haben: Bis vor wenigen Jahren noch waren Züge hauptsächlich mit Getreide und Holz beladen, aber das Frachtgeschäft hat sich heute radikal geändert – auf den Bahntrassen sind rollende Pipelines unterwegs: Noch 2009 habe CN – Canadian National Railway – kein Öl auf der Schiene transportiert, Konkurrent CP – Canadian Pacific – habe gerade mal 500 Kesselwagen betrieben, sagt der Logistic-Experte Barry Prentice aus Winnipeg.
Heute betreiben beide Gesellschaften zusammen 130.000 Tankwaggons – jeder mit einem Fassungsvermögen von 500 Barrel Rohöl oder anderer Petroprodukte, knapp 58.000 Liter. Ausgelöst wurde dieser enorme Zuwachs durch die rapide steigenden Produktionsraten bei der Ölsand-Förderung in der Provinz Alberta und den Fracking-Feldern im US-Bundesstaat North Dakota, die die vorhandene Pipeline-Kapazität mittlerweile deutlich übersteigen. Neubauten leistungsstarker Ölleitungen werden durch die Politik und den Widerstand von Umweltorganisationen verzögert oder gar verhindert, sind sie im Betrieb, müssen hohe Sicherheitsauflagen erfüllt werden – ganz im Gegensatz zum boomenden Öltransport auf der Schiene:
"Es gibt praktisch keine Kontrolle dieses unglaublich schnellen Anstiegs der Öltransporte per Bahn, der sich in den letzten drei bis fünf Jahren vollzogen hat."
Umweltschützer wie der Greenpeace-Aktivist Keith Stewart bemängeln nicht nur das Fehlen entsprechender Sicherheitsauflagen, sondern auch den Einsatz veralteter Tankwagen, die von der kanadischen Verkehrssicherheitsbehörde schon vor Jahren als unzulänglich und fehleranfällig kritisiert wurden. Dennoch, sagt Stewart, machen diese vielfach über 20 Jahre alten Waggons noch über 70 Prozent des eingesetzten Fuhrparks aus:
"Dieser Typ ist schlicht gefährlich: Wenn es zu Entgleisungen kommt, kann die Tankhülle leicht aufreißen, es kommt häufig zu Lecks, wenn sie brennbare Flüssigkeiten geladen haben, drohen Brände und Explosionen."
Tatsächlich ist es allein in den letzten Wochen wiederholt zu Zwischenfällen gekommen: In der Provinz Saskatchewan sprang ein Tankzug aus den Schienen, 90.000 Liter liefen aus, in Calgary wären vier Kesselwagen fast von einer Brücke in einem Fluss gestürzt. Manche führen die Unfallserie auf Personalabbau, unzureichende Vorschriften und schlampige Inspektionen zurück, andere halten indessen dagegen, der Schienenweg sei immer noch sicherer als der Transport in Tanklastern oder der Betrieb von Pipelines. Klar ist: Öl ist in Kanada ein großes Geschäft, dass sich niemand verderben lassen will - auch nicht die Regierung in Ottawa, sagt Unternehmensberater John Stevenson:
"Der Grund ist: Wir haben es und der Rest der Welt braucht es. Die Frage ist deshalb: Wie kriegen wir das Öl von den Förderstellen sicher auf den Markt?"
Das Inferno von Quebec zeigt, dass eine Antwort dringender denn ja gefunden werden muss. Immerhin hat die Betreibergesellschaft des Katastrophenzuges bereits eine Sofortmaßnahme angekündigt: In Zukunft sollen Öltankzüge nicht mehr in der Nähe der von Explosionen schwer gezeichneten Ortschaft Lac-Mégantic geparkt werden.
Eisenbahnen gehören zu den Lebensadern Kanadas – viele Städte sind an ihren Gleisen entstanden, häufig aus den Lagern der Arbeiter, die die Strecken gebaut haben: Bis vor wenigen Jahren noch waren Züge hauptsächlich mit Getreide und Holz beladen, aber das Frachtgeschäft hat sich heute radikal geändert – auf den Bahntrassen sind rollende Pipelines unterwegs: Noch 2009 habe CN – Canadian National Railway – kein Öl auf der Schiene transportiert, Konkurrent CP – Canadian Pacific – habe gerade mal 500 Kesselwagen betrieben, sagt der Logistic-Experte Barry Prentice aus Winnipeg.
Heute betreiben beide Gesellschaften zusammen 130.000 Tankwaggons – jeder mit einem Fassungsvermögen von 500 Barrel Rohöl oder anderer Petroprodukte, knapp 58.000 Liter. Ausgelöst wurde dieser enorme Zuwachs durch die rapide steigenden Produktionsraten bei der Ölsand-Förderung in der Provinz Alberta und den Fracking-Feldern im US-Bundesstaat North Dakota, die die vorhandene Pipeline-Kapazität mittlerweile deutlich übersteigen. Neubauten leistungsstarker Ölleitungen werden durch die Politik und den Widerstand von Umweltorganisationen verzögert oder gar verhindert, sind sie im Betrieb, müssen hohe Sicherheitsauflagen erfüllt werden – ganz im Gegensatz zum boomenden Öltransport auf der Schiene:
"Es gibt praktisch keine Kontrolle dieses unglaublich schnellen Anstiegs der Öltransporte per Bahn, der sich in den letzten drei bis fünf Jahren vollzogen hat."
Umweltschützer wie der Greenpeace-Aktivist Keith Stewart bemängeln nicht nur das Fehlen entsprechender Sicherheitsauflagen, sondern auch den Einsatz veralteter Tankwagen, die von der kanadischen Verkehrssicherheitsbehörde schon vor Jahren als unzulänglich und fehleranfällig kritisiert wurden. Dennoch, sagt Stewart, machen diese vielfach über 20 Jahre alten Waggons noch über 70 Prozent des eingesetzten Fuhrparks aus:
"Dieser Typ ist schlicht gefährlich: Wenn es zu Entgleisungen kommt, kann die Tankhülle leicht aufreißen, es kommt häufig zu Lecks, wenn sie brennbare Flüssigkeiten geladen haben, drohen Brände und Explosionen."
Tatsächlich ist es allein in den letzten Wochen wiederholt zu Zwischenfällen gekommen: In der Provinz Saskatchewan sprang ein Tankzug aus den Schienen, 90.000 Liter liefen aus, in Calgary wären vier Kesselwagen fast von einer Brücke in einem Fluss gestürzt. Manche führen die Unfallserie auf Personalabbau, unzureichende Vorschriften und schlampige Inspektionen zurück, andere halten indessen dagegen, der Schienenweg sei immer noch sicherer als der Transport in Tanklastern oder der Betrieb von Pipelines. Klar ist: Öl ist in Kanada ein großes Geschäft, dass sich niemand verderben lassen will - auch nicht die Regierung in Ottawa, sagt Unternehmensberater John Stevenson:
"Der Grund ist: Wir haben es und der Rest der Welt braucht es. Die Frage ist deshalb: Wie kriegen wir das Öl von den Förderstellen sicher auf den Markt?"
Das Inferno von Quebec zeigt, dass eine Antwort dringender denn ja gefunden werden muss. Immerhin hat die Betreibergesellschaft des Katastrophenzuges bereits eine Sofortmaßnahme angekündigt: In Zukunft sollen Öltankzüge nicht mehr in der Nähe der von Explosionen schwer gezeichneten Ortschaft Lac-Mégantic geparkt werden.