Angela Negro ist Direktorin des römischen Palazzo Barberini, in dessen freskengeschmückten Räumen die Nationalgalerie für alte Kunst untergebracht ist. Zusammen mit Anna Lo Bianco hat die Kunsthistorikerin eine wirklich grandiose Ausstellung organisiert. Untergebracht in den immensen Sälen des mächtigen Renaissance-Palazzo Venezia wird anhand von 300 Gemälden, Skulpturen und Einrichtungsgegenständen eines der wichtigsten Jahrhunderte römischer Geschichte vorgestellt.
Das 18. Jahrhundert begann für Rom negativ: die Hauptstadt des Staates der Stellvertreter auf Erden war schlecht und rückständig organisiert. Die Wirtschaft stagnierte und der einstmals europaweite Einfluss der Päpste war enorm geschrumpft. Während in Frankreich die Aufklärer revolutionäre Werke verfassten und bei Adel und Bürgertum offene Ohren fanden, herrschte in Rom die intellektuelle Repression. Die Ausstellung "Rom im 18. Jahrhundert" macht deutlich, dass sich das Schicksal der ewigen Stadt mit der 1740 erfolgten Wahl von Prospero Lambertini zum neuen Papst Benedikt XIV. wendete: während der 18 Jahre seines Pontifikats regte dieser Papst viele Reformen an und machte aus Rom "das" europäische Zentrum für Kunst und Kultur.
Angela Negro:
" Es ist diesem Papst zu verdanken, dass nationale Kulturakademien in Rom entstanden: die spanische, die französische Akademie und so weiter. Dieser intellektuelle Papst öffnete nach vielen Jahren des Verbots wieder die römischen Theater und Opernhäuser, organisierte die Universität neu, vergrößerte Bibliotheken, restaurierte antike Monumente wie das Kolosseum, vollendete den Trevibrunnen und legte die pontinischen Sümpfe in der Nähe Roms trocken. "
Auf Benedikt XIV. folgte Papst Klemenz XIII. Ein anderer Reformpapst, der sehr daran interessiert war, dass sich in Rom eine deutsche, eine englische und eine französischer Künstlerkolonie bildeten. In dieser Zeit, und das machen viele der in der Ausstellung gezeigten Gemälde deutlich, wurden wesentlich weniger religiöse und mehr profane Sujets gemalt. Feinsinnige Kardinäle wie Alessandro Albani waren an kunsthistorischen Studien interessiert. Albani beschäftigte zum Beispiel Johann Joachim Winckelmann, der 1764 oberster Hüter aller römischen Kulturgüter wurde. Unter der Ägide der Päpste des 18. Jahrhunderts arbeiteten in Rom Künstler wie Angelica Kauffmann und Reynolds, Füssli und Canova, Canaletti, Vanvitelli, Pannini und andere Stars der damaligen europäischen Kunstszene. Es wurde Mode nach Rom zu reisen. Goethe ist dafür das beste Beispiel, meint Ausstellungskuratorin Negro:
" Er schrieb über die Feste und den Karneval und zeigt Rom als ein Fest des spätbarocken Lebens. Uns ist es gelungen auch aus den Privatsammlungen römische Aristokraten, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, Möbel und Kunstwerke zu entleihen. Mit unserer Ausstellung wollen wir deutlich machen, dass in Rom alles zum Spektakel wurde. "
So zeigen beeindruckende Zeichnungen und Kupferstiche wie selbst religiöse Feste aufwendig in Szene gesetzt wurden. Das Gemälde "Fest im Teatro Argentina aus Anlass der Hochzeit des französischen Dauphins", ein Werk von Giovanni Paolo Pannini, demonstriert den aufwendigen Prunkt, den man unter Benedikt XIV. und Klemenz XIII. in Rom pflegte.
" Immer wenn ein religiöses Fest anstand oder ein Adliger Kardinal wurde schmückte Rom die Fassaden seiner Paläste mit Gobeliens und Stoffen. Theater fand in Rom nicht nur in den Opernhäusern statt, sondern auch auf den Plätzen. Rom war damals sehr mondän, sehr weltlich in seinem Geschmack. "
Gleichzeitig blühte die Porträtmalerei und der deutsche Maler Anton Raphael Mengs, ein Freund Winckelmanns, entwickelte die Prinzipien der neoklassizistischen Malerei, die in Rom in nur wenigen Jahren die spätbarocke Malweise ablöste.
Sein Ende fand dieser, wie er in der Ausstellung genannt wird, "aufgeklärte Despotismus der Päpste" 1798 mit der Ausrufung der römischen Republik und der Besetzung der Stadt durch französische Revolutionstruppen. Nach der Wiedererlangung ihrer politischen Macht waren die Päpste nicht mehr am intellektuellen und künstlerischen Gedeihen ihrer Stadt interessiert. Fortan wurde jede Form liberalen Denkens, auch in den Künsten, unterdrückt.