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Rosige Einsichten

Steinfurth bei Bad Nauheim ist eine Stadt der Rosen, vor allem in geraden Jahren: Dann richtet die Stadt ein großes Rosenfest mit Rosenmarkt aus, wählt eine Rosenkönigin und lässt einen Korso aus rosengeschmückten Festwagen durch die rosengesäumten Straßen ziehen. Am 16. bis 19. Juli ist es wieder soweit.

Von Dieter Jandt |
    "Das war im Jahre 1868, als ein Einwohner hier aus Steinfurth, der hatte Gärtner gelernt und ist auf seiner Wanderschaft auch in England gewesen und hat in England gelernt, wie man Rosenpflanzen vermehrt."

    Sabine Kübler, Leiterin des Rosenmuseums in Steinfurth bei Bad Nauheim, mitten im welligen Wetterauer Land.

    "Und er ist dann zurückgekommen nach Steinfurth und hat eben angefangen, das hier in Steinfurth auch zu machen, und natürlich haben die Leute ihn für verrückt erklärt, aber er hat dann hier diesen Rosenanbau begründet, der heute immer noch floriert und heute können Sie immer noch mehr als tausend Rosensorten hier kaufen."

    Bei so viel Kompetenz hatte man irgendwann auch genügend Stoff für ein Rosenmuseum. Es ist in einem alten Fachwerkhaus untergekommen, das bis weit hinauf unters Dach von blühenden Rosen umrankt ist.

    Die Steinfurther feiern wie jedes Jahr die Rosentage. Dazu hat natürlich auch das Museum geöffnet. Es handelt in verschiedenen, kleinen Räumen die Historie der Blume ab, welche Produkte man aus der Blüte herstellen kann, und es zeigt auf, dass die Rose immer auch in den schönen Künsten seine Blüten treibt.

    "Ich kann nicht glauben, dass das Geöffnete ein Mund ist. Vielmehr ist es eine feuchte rote Rose aus Fleisch und Blut. Die Lippen, die ich liebe, wie häufig haben sie ja gesagt.

    Von Amin Nakhla, einem libanesischen Dichter aus dem 19. Jahrhundert."

    Die rote Rose ist nun mal die erotische unter den Blumen. Von ihr strömt Liebe aus. Der klassische Kavalier kann durch die Rose gesprochen leichter verführen, mit einer Blume im Haar sieht die Angebetete einfach attraktiver aus. Und Edith Piaf entfaltet mit einem Lied über die Rose ihre wahre Größe.

    "Sie finden es ganz häufig in der Literatur, dass die Rose mit der Frau gleichgesetzt wird oder eben auch mit Teilen von der Frau, also es ist sozusagen beliebtes Motiv, um eben über erotische Dinge, sagen wir mal, verblümt zu sprechen, das ist natürlich in Zeiten wichtig gewesen, wo man nicht so offen über erotische Dinge reden konnte."

    In der ersten Etage bleiben wir überrascht vor einer Grafik stehen, auf der ein großer Rosenstrauch abgebildet ist mit all seinem Werdegang. Ein Lehrstück in Botanik.

    Was hat eine Hagebutte mit einer Rose zu tun?
    Sabine Kübler:" Ja, das ist eine sehr schöne Frage, weil ich kämpfe hier einen stillen Kampf, dass die Leute, die aus diesem Museum rausgehen, wissen, dass die Hagebutte, die Frucht beziehungsweise botanisch die Scheinfrucht der Rose ist. Das heißt, jede Rose wird irgendwann zur Hagebutte. Und es gibt viele, viele Menschen, die denken, das seien zwei verschiedene Pflanzen, also das Unwissen über die Hagebutte ist gar nicht mehr zu übertreffen. Die Blüte, die schließt sich nicht, sondern die Blütenblätter fallen ab, und der Fruchtknoten, der unterhalb der Blüte ist, verdickt sich, und es entsteht eine Hagebutte."

    Selbstverständlich prangen während der Rosentage überall in Steinfurth Rosen von Balkonen, Zäunen und Häuserwänden, und man hat den Eindruck, wer hier im Ort etwas anderes im Garten anpflanzt, bekommt ein Problem mit dem Ordnungsamt. Aber das Dorf ist durchaus attraktiv mit seinen engen Gassen und schiefen Knusperhäuschen, die noch an die Zeit erinnern, als besagter Gärtner mit einem Armvoll Rosen aus England zurückkehrte, um sie tunlichst zu vermehren.

    Und natürlich findet man im Ort eine Reihe von Rosenschulen und -höfen. Eine Betreiberin hat sich in diesem Jahr auf die gute alte englische Art spezialisiert.

    Manuela Dräger: "Sie haben halt, sie verbinden sozusagen das alt Historische mit dem Modernen sprich: die Schönheit, den Charme, vor allem den Duft der alten Rosen. Englische Rosen sind insofern herausragend, weil sie eben den Duft und den Charme der alten Rosen verbinden mit der Fähigkeit, auch öfters zu blühen der modernen Rosen und der Robustheit. Sie sind sehr gut verwendbar als Rabatte, als Strauch oder auch als Kletterrosen, auch einfach nur für ne schöne Hecke oder Solitärpflanze."

    Manuela Dräger inmitten ihres Blumenmeeres. Von weit her Angereiste drängen sich auf den schmalen Wegen zwischen Rabatten und Sträuchern, halten ihre Nasen über die Blüten oder schnuppern im Laden an Ölen und Seifen.

    "Es gibt ganz viele verschiedene Duftrichtungen, das ist natürlich alles sehr individuell, aber viele englische gehen in den fruchtigen Duft, sie haben teilweise den alten Myrrheduft der alten Rosen oder auch manchmal den Teerosenduft, und das eine geht ein bisschen mehr in Richtung Himbeere oder Johannisbeere, diese roten Früchte, die anderen haben eher so die Zitrusaromen und da gibt`s ganz große Unterschiede auch."

    Soeben hat Manuela Dräger eine Führung gegeben für jene, die Genaueres wissen wollen, und vielleicht auch, wozu gerade eine solch liebreizende Blume einen Dorn braucht. Vermutlich als Schutz gegen Tierfraß oder im übertragenen Sinne: Wer so schön ist, muss sich etwas Stacheliges zulegen, um sich gehen allzu forsche Männerhände wehren zu können.

    "Wir stehen jetzt hier vor der Dacie Basel, das ist ein wunderschöner Strauch, ist ne relativ neue englische Rose, mit dem ganz tollen Karmesinrot, mit vielen Blütenbüscheln, einer großen Blüte, sehr regenfest, das ist eine meiner Lieblinge jetzt geworden, weil sie halt einfach auch sehr, sehr reich blühend ist, sprich den ganzen Sommer, sie ist die Erste im Garten, und selbst im Oktober bringt sie immer noch schöne Blüten hervor und ist auch sehr widerstandsfähig."

    Und so kommt es auch schon mal zu exotischen Bestellungen. Die Steinfurther Rose besticht auch durch ihr weltweites Renommee.

    "Selbst die thailändische Königin hat schon mehrmals bei uns bestellt, und da sind wir auch ganz stolz drauf, und ich denke mal, ich weiß nicht in welchem Gebiet, aber es ist eher wohl im Norden von Thailand, da gedeihen auch die Rosen sehr, sehr schön."

    Und so hat die eine Königin die andere beliefert.

    "Vor über 20 Jahren war ich dann auch mal Rosenkönigin, und mittlerweile betreue ich auch die aktuelle Rosenkönigin für ihre Auftritte und sie spielt auch immer ne wichtige Rolle beim Steinfurther Rosenfest."

    Und weil Sie Rosenkönigin geworden sind, hat Sie der Besitzer dieses Geschäftes geheiratet.

    "Nein, so war das nicht. Hahaha. Nein, es ist einfach so: Die Liebe zu den Rosen muss man wirklich sagen, ich bin selbst in einem Rosenbetrieb aufgewachsen mit den Rosen zusammen, und das ist einfach was Besonderes." -

    Noch etwas Besonderes gibt es zu vermelden. Die Steinfurther richten nicht nur alljährlich die Rosentage aus, sie feiern auch das Rosenfest, in diesem Jahr zwischen dem 16. und dem 19. Juli. Dann macht sich das Dorf noch prächtiger zurecht, es gibt einen Rosenmarkt, die neue Königin tritt auf, und als Highlight zieht ein Korso mit Festwagen und Fußgruppen durch den Ort.

    Wir aber suchen zwischen all den Besuchern den Rosenkavalier.


    Ist Ihr Mann ein Rosenkavalier?
    Sie: "Ja eigentlich schon. Wenn ich Geburtstag hab, oder auch mal zwischendrin kauft er mir Rosen."
    Er: "Heute noch nicht, wir sind erst am Anfang dieses Rundgangs hier. Ich habe schon was vor, aber das hole ich erst am Ende."


    Aus Bayern sind die beiden hergekommen. Später wird er sie wohl eindecken, dass man sie vor lauter Rosen kaum noch sieht. Aber das könnte dann richtig teuer werden.

    "Ja, wobei, ich hätte dann ein Problem in meinem Garten, ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich sie hinpflanzen soll. Da muss er mir ein neues Grundstück kaufen. Hi, hi, hi."