Natürlich waren die ersten vier Jahre mit dem Atomausstieg und der Einführung der Ökosteuer und solchen Dingen, Jahre, wo man sehr viel Gestaltungsmöglichkeiten hatte. Man hatte eben auch eine gute Konjunktur. Während in der zweiten Legislaturperiode gerade die Wirtschaftslage, des Überlagern von anderen Themen wie Irak, wie Ausländer und so weiter, eine ganze Reihe von Hemmnissen geschaffen hat. Man kann nicht ignorieren, dass Politik nicht im luftleeren Raum stattfindet. Wenn man das aber in Rechnung stellt, dass sie sich alles in allem leidlich geschlagen haben, was die Umweltfrage betrifft.
In schwierigen Zeiten die umweltpolitische Handlungsfähigkeit sichern, darum geht es dem Umweltrat in seinem aktuellen Gutachten - und damit auch um eine ehrliche Diskussion, ergänzt Christian Hey, Generalsekretär des Umweltrats:
Die Umweltpolitik wird zunehmend als Sündenbock missbraucht für Probleme, die sie nicht zu verantworten hat. Die hohe Arbeitslosigkeit, die Finanzierungskrise des Staates und ähnliches. Das kann man einfach nicht seriöserweise auf die Umweltpolitik schieben. Und dennoch wird derzeit massiv Druck auf die Umweltpolitik ausgeübt.
Etwa in der Klimapolitik. Hier sieht der Sachverständigenrat eine historische Chance für den Bau von Kraftwerken mit hohem Wirkungsgrad und für den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energiequellen. Denn der Rat erwartet, dass in den nächsten 15 Jahren fast jedes zweite Kraftwerk stillgelegt oder durch ein neues ersetzt wird. Doch die konkrete Entwicklung in Deutschland widerspricht dem generellen Trend in Europa, meint Martin Jänicke:
Zwei Drittel der Kraftwerke, die geplant werden, sind moderne Gaskraftwerke, die nächst größte Gruppe ist erneuerbare Energien. Und dann kommt eine kleine Gruppe - Westeuropa wohlgemerkt -, wo nur noch fünf Prozent der Vorhaben Kohle betreffen, Kohlekraftwerke sind, und ein einziges Kernkraftwerk. Das ist der Zug, der schon fährt, und es ist eigentlich sehr bemerkenswert, in welchem Maße die europäische Stromwirtschaft den Emissionshandel zum Klimaschutz schon vorweggenommen hat. Aber in Deutschland ist das ganz offensichtlich ganz anders - und wir haben hier Widerstände - und die haben Gründe.
So werde weltweit nirgendwo mehr Braunkohle abgebaut als in Deutschland. Und die großen Stromkonzerne RWE und Vattenfall setzen weiter auf die Verstromung der Kohle - wobei jedoch viel Treibhausgas Kohlendioxid freigesetzt wird. Kein anderes Unternehmen in der EU setzt mehr Kohlendioxid frei als die RWE mit ihren 127 Millionen Tonnen jährlich. Die Folge: Gerade diese beiden Unternehmen hatten große Einwände gegen den Emissionshandel und fanden Gehör beim Wirtschaftsminister:
Clement hat jedem Bedenken aus der Industrie nachgegeben dahingehend, dass Preise für Zertifikate zu hoch sein könnten und damit wachstumsschädlich sein könnten.
Christian Hey findet noch deutlichere Worte:
Der Wirtschaftsminister in Deutschland vertritt nicht die Interessen der Volkswirtschaft, sondern die Interessen bestimmter Sektoren. Und das macht er sehr gut. Am Schluss kommen Lösungen heraus, die die Bedürfnisse dieser Branchen befriedigen - aber für die Bevölkerung, für die Gesellschaft insgesamt teurer werden. Und der nationale Allokationsplan ist ein Beispiel dafür.
In dem so genannten Allokationsplan wird festgehalten, wie viele Zertifikate für Treibhausgasemissionen jedes Unternehmen ab dem Jahr 2005 erhalten wird. Und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hat gegenüber Umweltminister Jürgen Trittin durchgesetzt, dass deutsche Unternehmen mehr Zertifikate erhalten - sprich, dass das Angebot hoch ist und damit der Preis für Zertifikate niedrig. Das hat Konsequenzen für den Emissionshandel. Martin Jänicke:
Und wenn die Preise niedrig sind, ist die Lenkungswirkung gering - dann funktioniert das System so nicht. Das heißt, es muss sich schon lohnen, dass um RWE zu nehmen von seinen 127 Millionen Tonnen, erhebliches heruntergefahren wird, damit RWE Zertifikate an Europa verkaufen kann, an südeuropäische Länder, die bei weitem die Ziele verfehlen. Das setzt aber voraus, attraktive Preise. Attraktive Preise, die es lohnend machen - moderne Gaskraftwerke zu investieren.
Der Umweltrat weiß, dass sich Klimapolitik nicht gegen die Interessen mächtiger Konzerne durchsetzen lässt und setzt daher auf Gespräche mit den Stromversorgern und den Kumpeln, die im Stein- und Braunkohleabbau arbeiten.
Seid ihr langfristig sicher, wenn ihr in diesem Sinne investiert, dass ihr wettbewerbsfähigen Strom produzieren könnt, wenn doch der Klimawandel anhält und der Druck auf die Politik anhält, mehr zu machen. Seid ihr sicher, dass eure Steuerprivilegien, die ihr jetzt in Deutschland habt, überdauern können, wenn sie nicht mehr bestehen, ist die Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt. Das heißt, wenn man mit der Branche die ökologische und ökonomische Perspektive im Zusammenhang diskutiert, könnte ein Problembewusstsein gefördert werden, aus dem dann auch innovative Lösungen erwachsen. Im jeden Fall ist es gar nicht anders möglich, weil das sehr mächtige Branchen sind - alle alten Industrien sind leider sehr mächtig, sie bringen nicht mehr viel, aber sie sind mächtig.
Und die Subventionen, mit denen etwa der Steinkohleabbau gefördert wird, sind beträchtlich, betont Martin Jänicke
Die Kohle hat im vorigen Jahr bekommen: 3,3 Milliarden und ungefähr noch eine halbe Milliarde Steuervorteil. Das ist das, was Realität ist. Im Vergleich dazu ist der Preisaufschlag, den die erneuerbaren Energien nach dem Einspeisegesetz haben, vergleichsweise gering - und er ist voll gerechtfertigt, wenn man die Sache industriepolitisch diskutiert. Wenn man sagt, das ist ein Preis, der Preis, den Deutschland dafür zahlt, dass es enorme Wettbewerbsvorteile kriegt. Wir verkaufen schließlich ganze Windparks nach Kanada und so weiter. Ich denke, das ist gut zu rechtfertigen.
Aber auch die Subventionen der erneuerbaren Energien sollten langsam zurückgehen - was durchaus realistisch scheint:
Ich denke, im Jahr 2020, wenn man die Kraftwerke erneuert hat, dürfte das Problem der Kosten bei den erneuerbaren Energien mit Ausnahme der Photovoltaik nicht mehr bestehen. Sie dürften dann in etwa wettbewerbsfähig sein - auch deshalb, weil die klassischen Energie teurer werden, weil sie teurer gewonnen werden - das braucht man in Deutschland ja niemandem zu sagen, wie Kohle langsam teurer wird, wenn man sie immer weiter fördert.
Was in der deutschen Klima- und Energiepolitik jedoch fehlt, sind kalkulierbare Ziele, die den Unternehmen einen klaren Rahmen setzen, an dem sie sich orientieren können. Und da Kraftwerke teilweise mehr als 40 Jahre lang betrieben werden, brauchen die Unternehmen langfristige Vorgaben aus der Politik - so wie es in anderen EU-Staaten bereits diskutiert wird. So fordern der britische Premier Tony Blair und der schwedische Ministerpräsident Göran Persson, dass die EU bis zum Jahr 2050 60 Prozent weniger Kohlendioxid emittieren soll als noch 1990.
Für Deutschland hält der Umweltrat eine 40-prozentige Reduktion bis 2020 und eine 80-prozentige Reduktion bis 2050 für wünschenswert - und machbar. Martin Jänicke:
Man kann es positiv formulieren: Wir haben zurzeit die einmalige Chance, bei der Kraftwerkserneuerung etwa der Hälfte der Kraftwerke, in normalen Investitionszyklen die Erneuerung der Stromwirtschaft in klimafreundlichem Sinne vorzunehmen. Und wenn man das so macht, dann kostet das sehr, sehr wenig. Und die britische Regierung sagt auch, ein solcher Klimaschutz ist extrem billig - und sie rechnen das noch nicht mal in Promille des Bruttosozialprodukts pro Jahr.
Der Umweltrat betont die Dreistufigkeit einer angemessenen Klimapolitik. Das heißt, neben der Abkehr von fossilen Energieträgern und einem hohen Wirkungsgrad bei den Kraftwerken muss auch die Energieeffizienz im Endverbrauch verbessert werden. Hier verweist der Rat auf eine simple Methode, das in Japan bereits getestete Top-Runner-Programm:
Das Programm, das sieht so aus: In einem bestimmten Stichjahr für ein bestimmtes Produkt - also Computer, Autos oder Fernseher - festgestellt wird, wer der Energieeffizienteste Anbieter auf dem Markt ist. Und dieser Wert, der dann da tatsächlich erreicht wird, wird dann in fünf Jahren verbindlich gemacht, dann müssen alle in dieser Weise anbieten. Das ist das radikalste, was ich jemals gesehen habe - auch als Instrument Führungsmärkte zu entwickeln, weil man ja den technischen Fortschritt im Land anreizt, gleichzeitig garantierte Märkte schafft für die besten Produkte. Und man sieht, dass dieses Instrument schon nachgeahmt wird - in Kalifornien ist es für Auto übernommen worden - in der EU wird es diskutiert. Es gibt auch schon die Gegenargumente: Europa ist nicht Japan und so weiter. Ich denke, da ist auch wirklich instrumentell auch einiges an Neuerungen, die richtig spannend sind.
Doch in dem Umweltgutachten 2004 geht es um mehr als um Energiepolitik. Der Sachverständigenrat greift auch in den Streit um die Neuordnung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern ein. Hans-Joachim Koch, Vorsitzende des Umweltrates.
Im Gegensatz zu einem gewissen Trend, der sich abzeichnet, nämlich auf der Suche nach neuen Gesetzgebungskompetenzen für die Länder, den Umweltschutz teils oder vollen Umfanges in die Gesetzgebungskompetenz der Länder zu rücken, sagen wir: nein.
Der Sachverständigenrat glaubt stattdessen, dass die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gestärkt werden muss - zum einen, um den Schutz von Seen und Flüssen und der Natur zu verbessern, zum zweiten, damit die Bundesrepublik Deutschland in Europa umweltpolitisch handlungsfähig bleibt. Hans-Joachim Koch gibt zwei Beispiele
Eine ganz wichtige Grundlage für Naturschutzpolitik ist ein konsequentes Monitoring, das heißt, eine konsequente Beobachtung, wie sind die tatsächlichen Zustände, und wie sind sie nach bestimmten Maßnahmen - wenn nun jedes Bundesland für sich eigene Programme fährt des Monitorings, ist ein ernsthafter Vergleich der Erfolge nicht möglich und die Bundesrepublik Deutschland kann auch nicht der Europäischen Gemeinschaft eine konsequente Datenlage liefern.
Und die europäische Wasserrahmenrichtlinie verlangt zum Beispiel, dass jeder EU-Mitgliedsstaat für alle Gewässer zunächst einmal eine grundlegende Bestandsaufnahme macht:
Grundlegende Bestandsaufnahme ist nur dann sachgerecht, wenn sich die Länder darauf einigen, welche Parameter maßgeblich sein sollen, also welche Kriterien maßgeblich sein, um die Gewässerqualität einzuschätzen. Und so ist es gegenwärtig, dass drei verschiedene Bundesländer mit drei verschiedenen Kriterien den Main beurteilen. Das kann nicht sein.
Der Umweltrat hofft, dass die Länder bereit sein werden, in diesen beiden Bereichen - also Natur- und Gewässerschutz - Kompetenzen an den Bund abzugeben.
Eine andere Altlast der deutschen Umweltpolitik ist die Regelung des Lärms, insbesondere des Fluglärms. Hans-Joachim Koch.
Wir haben seit 45 Jahren Paragraph 9 des Luftverkehrsgesetzes, in dem drin steht, es darf der Bevölkerung nichts Unzumutbares zugemutet werden. Seit 45 Jahren steht die Verordnung aus, die das konkretisiert. Das trifft also schon die Regierung Brandt-Scheel, über 16 Jahre Kohl bis zur rot-grünen. Das ist nicht gelungen. Das wird nicht mal in Angriff genommen.
Und das, obwohl Fluglärm nicht nur lästig ist, sondern auch die Gesundheit der Anwohner gefährden kann. Und der Flugverkehr hat in den letzten Jahrzehnten drastisch zugenommen, etwa am Rhein-Main Flughafen. Thomas Eikmann von der Universität Gießen:
Da war früher der Dauerschallpegel deutlich höher als das heute der Fall ist. Aber die Überflughäufigkeit ist viel höher als das früher der Fall war, so dass die Leute heute alle 50 Sekunden einen Flieger über sich haben. Und das nervt natürlich unwahrscheinlich und da muss man mit ganz anderen Bewertungskriterien herangehen.
Doch das Fluglärmschutzgesetz gilt unverändert seit 1971 - und ist mit seinen Regeln und Vorschriften natürlich absolut überholt. Und Hans-Joachim Koch ergänzt, bei der Bewertung des Straßenverkehrs, dem Lärmverursacher Nummer 1, gelten Regeln,
die so ausgelegt werden, dass man jeden einzelnen Verkehrsweg für sich betrachtet, wie laut er sein darf. Andere vorhandene Verkehrswege, andere vorhandene Lärmquellen werden nicht dabei berücksichtigt. Man guckt nur auf eine Quelle. Für den, der zwischen mehreren Quellen wohnt, ist das absurd. So ist die Regelung und die Rechtsprechung. Und da muss man natürlich schon dran drehen. Das Bundesverkehrsministerium wird das nicht so gerne hören, aber so ist das eben.
Der Sachverständigenrat empfiehlt eine kommunale Verkehrsplanung:.
Es kann nicht sein, dass Verkehr erzeugende Projekte durch die Bauleitplanung gefördert werden und was der Verkehr macht, das wartet man mal ab. Also Multiplex-Kino mit 2.200 Sitzen, Stellflächen werden erlassen. Wollen mal sehen, wohin der Verkehr sickert. Das ist nicht die Planung, die wir wollen. Und wir können zu unseren französischen Nachbarn gucken, zum Beispiel in Frankreich gibt es einen kommunalen Verkehrsplan und wenn eine Gemeinde ein Verkehr erzeugendes Projekt verwirklichen will, muss sie beantragen, dass der geändert wird.
Der Umweltrat äußert sich aber auch zu aktuellen Themen wie der zu erwartenden Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen auf Europas Äckern. Hier plädieren die Experten zwar dafür, diesen neuen Pflanzen eine faire Chance zu geben, der ökologische Anbau sollte aber dauerhaft Bestand haben können.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die künftige Chemikalienpolitik der Europäischen Union, die 30.000 Stoffe auf den Prüfstand stellt. Der Rechtsexperte Peter Michaelis von der Universität Augsburg erklärt, was es damit auf sich hat.
Gemeint sind damit 30.000 so genannte Altstoffe, die sich in der EU und damit natürlich auch in Deutschland auf dem Markt befinden, ohne dass man über ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt eine umfassende Kenntnis hätte. Und Erfahrungen aus der Vergangenheit - etwa die Fälle Asbest und PCB - haben uns gezeigt, dass solche Wissenslücken im Umgang mit Stoffen zu erheblichen Gefährdungen und volkswirtschaftlichen Folgekosten führen können. Und um solche Probleme zukünftig im Sinne des Vorsorgeprinzips zu vermeiden, soll auf EU-Ebene auf Vorschlag der Kommission das so genannte REACH-System eingeführt werden. REACH ist Englisch und steht für Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien.
Ziel von REACH ist es, einen sicheren Umgang mit Chemikalien zu gewährleisten. Dazu existiert ein abgestuftes System von Prüfanforderungen. Dieses System wird aber heftig kritisiert: So sieht die Wirtschaft unnötige Kosten und zu viel Bürokratie auf sich zukommen. Im Raum stehen Umsatzeinbrüche und - allein in Deutschland - Arbeitsplatzverluste von bis zu zwei Millionen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium warnt vor zu hohen Anforderungen. Peter Michaelis entgegnet jedoch, dass die Kosten nach aus seiner Sicht glaubwürdigeren Untersuchungen deutlich geringer sind:
Danach liegen die Kosten von REACH bezogen auf den Umsatz in der Chemischen Industrie in einer Bandbreite von 0,06 bis maximal 0,39 Prozent. Das ist auch bedeutsam, aber das hat längst nicht mehr diese Dramatik, die behauptet wurde.
Es sind aber weniger die großen Konzerne wie BASF oder Bayer Chemicals, die von der künftigen Chemikalienpolitik betroffen sein werden, sondern vor allem kleinere Unternehmen. Und deren Probleme müssen ernst genommen werden, betont Christian Hey. Der Umweltrat präsentiert dazu Vorschläge, wie man ihnen unter die Arme greifen kann.
Es geht um eine gute Informationsinfrastruktur, Datenbanken für kleine und mittlere Unternehmen, so dass der Aufwand erleichtert wird. Hier kann auch das Wirtschaftsministerium viel vielleicht leisten.
Und es gebe viele Möglichkeiten, Kosten einzusparen. So plädiert der Umweltrat dafür, dass die Unternehmen kooperieren, wenn sie ihre Chemikalien registrieren. Noch einmal Christian Hey::
Wenn man dieses Prinzip eine Registrierung pro Stoff walten lassen würde, also eine obligatorische Zusammenarbeit bei der Zusammenführung der Daten, dann könnte man zumindest nach den Kostenschätzungen der britischen Regierung die Kosten für REACH halbieren. Das sind konkrete Vorschläge für kleine und mittlere Unternehmen, die auch in unserem Gutachten vorgesehen sind.
Neben der britischen Regierung spricht sich auch die schwedische Regierung für dieses Prinzip "eine Registrierung pro Chemikalie" aus - und auch im Bundesumweltministerium wird darüber nachgedacht.
Solche und ähnliche klare und auch mutige Vorgaben des Staates - das ist es , was der Umweltrat einfordert. Und zwar nicht nur auf Ebene der Nationalstaaten, sondern auch auf europäischer Ebene. Hans-Joachim Koch schaut aber mit Sorgenfalten zur Europäischen Kommission nach Brüssel:
Wir beobachten eine gewisse Neigung der Kommission und sie gibt auch diesbezügliche Erklärungen ab, auf Verantwortungsteilung mit den potentiellen Adressaten ihrer Regelungen zu setzen - anstatt selber die angemessenen Regelungen zu treffen.
Als umweltpolitische Zielvorgabe wünscht sich der Umweltrat stattdessen eine ....
Stärkung der Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik im vereinigten Europa durch Stärkung der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes. Und außerdem fordern wir die Bundesregierung auf, legen ihr nahe und bitten darum, dass die Europäische Kommission sich bemüht, sich nicht aus ihrer Regelungsverantwortung und aus ihrer Vorschlagsverantwortung zurückzieht. Die Europäische Union ist nicht nur Wirtschaftsunion und darf auch nicht dahin zurückfallen. Sie ist Wirtschafts- und Sozial- und Umweltunion - und das muss in den Politiken zum Ausdruck kommen.
In schwierigen Zeiten die umweltpolitische Handlungsfähigkeit sichern, darum geht es dem Umweltrat in seinem aktuellen Gutachten - und damit auch um eine ehrliche Diskussion, ergänzt Christian Hey, Generalsekretär des Umweltrats:
Die Umweltpolitik wird zunehmend als Sündenbock missbraucht für Probleme, die sie nicht zu verantworten hat. Die hohe Arbeitslosigkeit, die Finanzierungskrise des Staates und ähnliches. Das kann man einfach nicht seriöserweise auf die Umweltpolitik schieben. Und dennoch wird derzeit massiv Druck auf die Umweltpolitik ausgeübt.
Etwa in der Klimapolitik. Hier sieht der Sachverständigenrat eine historische Chance für den Bau von Kraftwerken mit hohem Wirkungsgrad und für den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energiequellen. Denn der Rat erwartet, dass in den nächsten 15 Jahren fast jedes zweite Kraftwerk stillgelegt oder durch ein neues ersetzt wird. Doch die konkrete Entwicklung in Deutschland widerspricht dem generellen Trend in Europa, meint Martin Jänicke:
Zwei Drittel der Kraftwerke, die geplant werden, sind moderne Gaskraftwerke, die nächst größte Gruppe ist erneuerbare Energien. Und dann kommt eine kleine Gruppe - Westeuropa wohlgemerkt -, wo nur noch fünf Prozent der Vorhaben Kohle betreffen, Kohlekraftwerke sind, und ein einziges Kernkraftwerk. Das ist der Zug, der schon fährt, und es ist eigentlich sehr bemerkenswert, in welchem Maße die europäische Stromwirtschaft den Emissionshandel zum Klimaschutz schon vorweggenommen hat. Aber in Deutschland ist das ganz offensichtlich ganz anders - und wir haben hier Widerstände - und die haben Gründe.
So werde weltweit nirgendwo mehr Braunkohle abgebaut als in Deutschland. Und die großen Stromkonzerne RWE und Vattenfall setzen weiter auf die Verstromung der Kohle - wobei jedoch viel Treibhausgas Kohlendioxid freigesetzt wird. Kein anderes Unternehmen in der EU setzt mehr Kohlendioxid frei als die RWE mit ihren 127 Millionen Tonnen jährlich. Die Folge: Gerade diese beiden Unternehmen hatten große Einwände gegen den Emissionshandel und fanden Gehör beim Wirtschaftsminister:
Clement hat jedem Bedenken aus der Industrie nachgegeben dahingehend, dass Preise für Zertifikate zu hoch sein könnten und damit wachstumsschädlich sein könnten.
Christian Hey findet noch deutlichere Worte:
Der Wirtschaftsminister in Deutschland vertritt nicht die Interessen der Volkswirtschaft, sondern die Interessen bestimmter Sektoren. Und das macht er sehr gut. Am Schluss kommen Lösungen heraus, die die Bedürfnisse dieser Branchen befriedigen - aber für die Bevölkerung, für die Gesellschaft insgesamt teurer werden. Und der nationale Allokationsplan ist ein Beispiel dafür.
In dem so genannten Allokationsplan wird festgehalten, wie viele Zertifikate für Treibhausgasemissionen jedes Unternehmen ab dem Jahr 2005 erhalten wird. Und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hat gegenüber Umweltminister Jürgen Trittin durchgesetzt, dass deutsche Unternehmen mehr Zertifikate erhalten - sprich, dass das Angebot hoch ist und damit der Preis für Zertifikate niedrig. Das hat Konsequenzen für den Emissionshandel. Martin Jänicke:
Und wenn die Preise niedrig sind, ist die Lenkungswirkung gering - dann funktioniert das System so nicht. Das heißt, es muss sich schon lohnen, dass um RWE zu nehmen von seinen 127 Millionen Tonnen, erhebliches heruntergefahren wird, damit RWE Zertifikate an Europa verkaufen kann, an südeuropäische Länder, die bei weitem die Ziele verfehlen. Das setzt aber voraus, attraktive Preise. Attraktive Preise, die es lohnend machen - moderne Gaskraftwerke zu investieren.
Der Umweltrat weiß, dass sich Klimapolitik nicht gegen die Interessen mächtiger Konzerne durchsetzen lässt und setzt daher auf Gespräche mit den Stromversorgern und den Kumpeln, die im Stein- und Braunkohleabbau arbeiten.
Seid ihr langfristig sicher, wenn ihr in diesem Sinne investiert, dass ihr wettbewerbsfähigen Strom produzieren könnt, wenn doch der Klimawandel anhält und der Druck auf die Politik anhält, mehr zu machen. Seid ihr sicher, dass eure Steuerprivilegien, die ihr jetzt in Deutschland habt, überdauern können, wenn sie nicht mehr bestehen, ist die Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt. Das heißt, wenn man mit der Branche die ökologische und ökonomische Perspektive im Zusammenhang diskutiert, könnte ein Problembewusstsein gefördert werden, aus dem dann auch innovative Lösungen erwachsen. Im jeden Fall ist es gar nicht anders möglich, weil das sehr mächtige Branchen sind - alle alten Industrien sind leider sehr mächtig, sie bringen nicht mehr viel, aber sie sind mächtig.
Und die Subventionen, mit denen etwa der Steinkohleabbau gefördert wird, sind beträchtlich, betont Martin Jänicke
Die Kohle hat im vorigen Jahr bekommen: 3,3 Milliarden und ungefähr noch eine halbe Milliarde Steuervorteil. Das ist das, was Realität ist. Im Vergleich dazu ist der Preisaufschlag, den die erneuerbaren Energien nach dem Einspeisegesetz haben, vergleichsweise gering - und er ist voll gerechtfertigt, wenn man die Sache industriepolitisch diskutiert. Wenn man sagt, das ist ein Preis, der Preis, den Deutschland dafür zahlt, dass es enorme Wettbewerbsvorteile kriegt. Wir verkaufen schließlich ganze Windparks nach Kanada und so weiter. Ich denke, das ist gut zu rechtfertigen.
Aber auch die Subventionen der erneuerbaren Energien sollten langsam zurückgehen - was durchaus realistisch scheint:
Ich denke, im Jahr 2020, wenn man die Kraftwerke erneuert hat, dürfte das Problem der Kosten bei den erneuerbaren Energien mit Ausnahme der Photovoltaik nicht mehr bestehen. Sie dürften dann in etwa wettbewerbsfähig sein - auch deshalb, weil die klassischen Energie teurer werden, weil sie teurer gewonnen werden - das braucht man in Deutschland ja niemandem zu sagen, wie Kohle langsam teurer wird, wenn man sie immer weiter fördert.
Was in der deutschen Klima- und Energiepolitik jedoch fehlt, sind kalkulierbare Ziele, die den Unternehmen einen klaren Rahmen setzen, an dem sie sich orientieren können. Und da Kraftwerke teilweise mehr als 40 Jahre lang betrieben werden, brauchen die Unternehmen langfristige Vorgaben aus der Politik - so wie es in anderen EU-Staaten bereits diskutiert wird. So fordern der britische Premier Tony Blair und der schwedische Ministerpräsident Göran Persson, dass die EU bis zum Jahr 2050 60 Prozent weniger Kohlendioxid emittieren soll als noch 1990.
Für Deutschland hält der Umweltrat eine 40-prozentige Reduktion bis 2020 und eine 80-prozentige Reduktion bis 2050 für wünschenswert - und machbar. Martin Jänicke:
Man kann es positiv formulieren: Wir haben zurzeit die einmalige Chance, bei der Kraftwerkserneuerung etwa der Hälfte der Kraftwerke, in normalen Investitionszyklen die Erneuerung der Stromwirtschaft in klimafreundlichem Sinne vorzunehmen. Und wenn man das so macht, dann kostet das sehr, sehr wenig. Und die britische Regierung sagt auch, ein solcher Klimaschutz ist extrem billig - und sie rechnen das noch nicht mal in Promille des Bruttosozialprodukts pro Jahr.
Der Umweltrat betont die Dreistufigkeit einer angemessenen Klimapolitik. Das heißt, neben der Abkehr von fossilen Energieträgern und einem hohen Wirkungsgrad bei den Kraftwerken muss auch die Energieeffizienz im Endverbrauch verbessert werden. Hier verweist der Rat auf eine simple Methode, das in Japan bereits getestete Top-Runner-Programm:
Das Programm, das sieht so aus: In einem bestimmten Stichjahr für ein bestimmtes Produkt - also Computer, Autos oder Fernseher - festgestellt wird, wer der Energieeffizienteste Anbieter auf dem Markt ist. Und dieser Wert, der dann da tatsächlich erreicht wird, wird dann in fünf Jahren verbindlich gemacht, dann müssen alle in dieser Weise anbieten. Das ist das radikalste, was ich jemals gesehen habe - auch als Instrument Führungsmärkte zu entwickeln, weil man ja den technischen Fortschritt im Land anreizt, gleichzeitig garantierte Märkte schafft für die besten Produkte. Und man sieht, dass dieses Instrument schon nachgeahmt wird - in Kalifornien ist es für Auto übernommen worden - in der EU wird es diskutiert. Es gibt auch schon die Gegenargumente: Europa ist nicht Japan und so weiter. Ich denke, da ist auch wirklich instrumentell auch einiges an Neuerungen, die richtig spannend sind.
Doch in dem Umweltgutachten 2004 geht es um mehr als um Energiepolitik. Der Sachverständigenrat greift auch in den Streit um die Neuordnung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern ein. Hans-Joachim Koch, Vorsitzende des Umweltrates.
Im Gegensatz zu einem gewissen Trend, der sich abzeichnet, nämlich auf der Suche nach neuen Gesetzgebungskompetenzen für die Länder, den Umweltschutz teils oder vollen Umfanges in die Gesetzgebungskompetenz der Länder zu rücken, sagen wir: nein.
Der Sachverständigenrat glaubt stattdessen, dass die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gestärkt werden muss - zum einen, um den Schutz von Seen und Flüssen und der Natur zu verbessern, zum zweiten, damit die Bundesrepublik Deutschland in Europa umweltpolitisch handlungsfähig bleibt. Hans-Joachim Koch gibt zwei Beispiele
Eine ganz wichtige Grundlage für Naturschutzpolitik ist ein konsequentes Monitoring, das heißt, eine konsequente Beobachtung, wie sind die tatsächlichen Zustände, und wie sind sie nach bestimmten Maßnahmen - wenn nun jedes Bundesland für sich eigene Programme fährt des Monitorings, ist ein ernsthafter Vergleich der Erfolge nicht möglich und die Bundesrepublik Deutschland kann auch nicht der Europäischen Gemeinschaft eine konsequente Datenlage liefern.
Und die europäische Wasserrahmenrichtlinie verlangt zum Beispiel, dass jeder EU-Mitgliedsstaat für alle Gewässer zunächst einmal eine grundlegende Bestandsaufnahme macht:
Grundlegende Bestandsaufnahme ist nur dann sachgerecht, wenn sich die Länder darauf einigen, welche Parameter maßgeblich sein sollen, also welche Kriterien maßgeblich sein, um die Gewässerqualität einzuschätzen. Und so ist es gegenwärtig, dass drei verschiedene Bundesländer mit drei verschiedenen Kriterien den Main beurteilen. Das kann nicht sein.
Der Umweltrat hofft, dass die Länder bereit sein werden, in diesen beiden Bereichen - also Natur- und Gewässerschutz - Kompetenzen an den Bund abzugeben.
Eine andere Altlast der deutschen Umweltpolitik ist die Regelung des Lärms, insbesondere des Fluglärms. Hans-Joachim Koch.
Wir haben seit 45 Jahren Paragraph 9 des Luftverkehrsgesetzes, in dem drin steht, es darf der Bevölkerung nichts Unzumutbares zugemutet werden. Seit 45 Jahren steht die Verordnung aus, die das konkretisiert. Das trifft also schon die Regierung Brandt-Scheel, über 16 Jahre Kohl bis zur rot-grünen. Das ist nicht gelungen. Das wird nicht mal in Angriff genommen.
Und das, obwohl Fluglärm nicht nur lästig ist, sondern auch die Gesundheit der Anwohner gefährden kann. Und der Flugverkehr hat in den letzten Jahrzehnten drastisch zugenommen, etwa am Rhein-Main Flughafen. Thomas Eikmann von der Universität Gießen:
Da war früher der Dauerschallpegel deutlich höher als das heute der Fall ist. Aber die Überflughäufigkeit ist viel höher als das früher der Fall war, so dass die Leute heute alle 50 Sekunden einen Flieger über sich haben. Und das nervt natürlich unwahrscheinlich und da muss man mit ganz anderen Bewertungskriterien herangehen.
Doch das Fluglärmschutzgesetz gilt unverändert seit 1971 - und ist mit seinen Regeln und Vorschriften natürlich absolut überholt. Und Hans-Joachim Koch ergänzt, bei der Bewertung des Straßenverkehrs, dem Lärmverursacher Nummer 1, gelten Regeln,
die so ausgelegt werden, dass man jeden einzelnen Verkehrsweg für sich betrachtet, wie laut er sein darf. Andere vorhandene Verkehrswege, andere vorhandene Lärmquellen werden nicht dabei berücksichtigt. Man guckt nur auf eine Quelle. Für den, der zwischen mehreren Quellen wohnt, ist das absurd. So ist die Regelung und die Rechtsprechung. Und da muss man natürlich schon dran drehen. Das Bundesverkehrsministerium wird das nicht so gerne hören, aber so ist das eben.
Der Sachverständigenrat empfiehlt eine kommunale Verkehrsplanung:.
Es kann nicht sein, dass Verkehr erzeugende Projekte durch die Bauleitplanung gefördert werden und was der Verkehr macht, das wartet man mal ab. Also Multiplex-Kino mit 2.200 Sitzen, Stellflächen werden erlassen. Wollen mal sehen, wohin der Verkehr sickert. Das ist nicht die Planung, die wir wollen. Und wir können zu unseren französischen Nachbarn gucken, zum Beispiel in Frankreich gibt es einen kommunalen Verkehrsplan und wenn eine Gemeinde ein Verkehr erzeugendes Projekt verwirklichen will, muss sie beantragen, dass der geändert wird.
Der Umweltrat äußert sich aber auch zu aktuellen Themen wie der zu erwartenden Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen auf Europas Äckern. Hier plädieren die Experten zwar dafür, diesen neuen Pflanzen eine faire Chance zu geben, der ökologische Anbau sollte aber dauerhaft Bestand haben können.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die künftige Chemikalienpolitik der Europäischen Union, die 30.000 Stoffe auf den Prüfstand stellt. Der Rechtsexperte Peter Michaelis von der Universität Augsburg erklärt, was es damit auf sich hat.
Gemeint sind damit 30.000 so genannte Altstoffe, die sich in der EU und damit natürlich auch in Deutschland auf dem Markt befinden, ohne dass man über ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt eine umfassende Kenntnis hätte. Und Erfahrungen aus der Vergangenheit - etwa die Fälle Asbest und PCB - haben uns gezeigt, dass solche Wissenslücken im Umgang mit Stoffen zu erheblichen Gefährdungen und volkswirtschaftlichen Folgekosten führen können. Und um solche Probleme zukünftig im Sinne des Vorsorgeprinzips zu vermeiden, soll auf EU-Ebene auf Vorschlag der Kommission das so genannte REACH-System eingeführt werden. REACH ist Englisch und steht für Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien.
Ziel von REACH ist es, einen sicheren Umgang mit Chemikalien zu gewährleisten. Dazu existiert ein abgestuftes System von Prüfanforderungen. Dieses System wird aber heftig kritisiert: So sieht die Wirtschaft unnötige Kosten und zu viel Bürokratie auf sich zukommen. Im Raum stehen Umsatzeinbrüche und - allein in Deutschland - Arbeitsplatzverluste von bis zu zwei Millionen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium warnt vor zu hohen Anforderungen. Peter Michaelis entgegnet jedoch, dass die Kosten nach aus seiner Sicht glaubwürdigeren Untersuchungen deutlich geringer sind:
Danach liegen die Kosten von REACH bezogen auf den Umsatz in der Chemischen Industrie in einer Bandbreite von 0,06 bis maximal 0,39 Prozent. Das ist auch bedeutsam, aber das hat längst nicht mehr diese Dramatik, die behauptet wurde.
Es sind aber weniger die großen Konzerne wie BASF oder Bayer Chemicals, die von der künftigen Chemikalienpolitik betroffen sein werden, sondern vor allem kleinere Unternehmen. Und deren Probleme müssen ernst genommen werden, betont Christian Hey. Der Umweltrat präsentiert dazu Vorschläge, wie man ihnen unter die Arme greifen kann.
Es geht um eine gute Informationsinfrastruktur, Datenbanken für kleine und mittlere Unternehmen, so dass der Aufwand erleichtert wird. Hier kann auch das Wirtschaftsministerium viel vielleicht leisten.
Und es gebe viele Möglichkeiten, Kosten einzusparen. So plädiert der Umweltrat dafür, dass die Unternehmen kooperieren, wenn sie ihre Chemikalien registrieren. Noch einmal Christian Hey::
Wenn man dieses Prinzip eine Registrierung pro Stoff walten lassen würde, also eine obligatorische Zusammenarbeit bei der Zusammenführung der Daten, dann könnte man zumindest nach den Kostenschätzungen der britischen Regierung die Kosten für REACH halbieren. Das sind konkrete Vorschläge für kleine und mittlere Unternehmen, die auch in unserem Gutachten vorgesehen sind.
Neben der britischen Regierung spricht sich auch die schwedische Regierung für dieses Prinzip "eine Registrierung pro Chemikalie" aus - und auch im Bundesumweltministerium wird darüber nachgedacht.
Solche und ähnliche klare und auch mutige Vorgaben des Staates - das ist es , was der Umweltrat einfordert. Und zwar nicht nur auf Ebene der Nationalstaaten, sondern auch auf europäischer Ebene. Hans-Joachim Koch schaut aber mit Sorgenfalten zur Europäischen Kommission nach Brüssel:
Wir beobachten eine gewisse Neigung der Kommission und sie gibt auch diesbezügliche Erklärungen ab, auf Verantwortungsteilung mit den potentiellen Adressaten ihrer Regelungen zu setzen - anstatt selber die angemessenen Regelungen zu treffen.
Als umweltpolitische Zielvorgabe wünscht sich der Umweltrat stattdessen eine ....
Stärkung der Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik im vereinigten Europa durch Stärkung der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes. Und außerdem fordern wir die Bundesregierung auf, legen ihr nahe und bitten darum, dass die Europäische Kommission sich bemüht, sich nicht aus ihrer Regelungsverantwortung und aus ihrer Vorschlagsverantwortung zurückzieht. Die Europäische Union ist nicht nur Wirtschaftsunion und darf auch nicht dahin zurückfallen. Sie ist Wirtschafts- und Sozial- und Umweltunion - und das muss in den Politiken zum Ausdruck kommen.