Noch im Juli hat der Streit in der Union über Zurückweisungen von Flüchtlingen an der deutschen Grenze die Regierung fast zu Fall gebracht. Am Ende rauften sich CDU und CSU doch noch zusammen - und verkündeten gemeinsam mit der SPD einen Kompromiss: Statt Zurückweisungen an der Grenze sollten Rücknahmeabkommen dafür sorgen, dass Menschen, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, dorthin zurückgeschickt werden können. Mit Spanien und Griechenland gibt es solche Abkommen bereits. Im Bundestag hat Bundesinnenminister Horst Seehofer nun auch den Abschluss des Abkommens mit Italien verkündet:
"Ich habe gerade erfahren, das Abkommen mit Italien ist auch abgeschlossen. Es fehlen jetzt nur noch die Unterschriften von meinem italienischen Kollegen und von mir. Um Reisekosten zu sparen, tauschen wir die Papiere aus. Also wird es noch ein paar Tage dauern, damit wir nicht zur Unterschrift zusammenkommen müssen. Aber auch das ist ein Erfolg."
Details der Einigung noch offen
Die Rücknahmeabkommen regeln, dass Deutschland bestimmte Asylbewerber an der deutsch-österreichischen Grenzen innerhalb von 48 Stunden zurückschicken kann. Und zwar dann, wenn sie bereits in einem anderen Land, also Spanien, Griechenland und in Kürze eben auch Italien, einen Asylantrag gestellt haben und somit verantwortlich sind. Über weitere Details des Abkommens mit Italien machte Seehofer noch keine Angaben. Das Abkommen mit Griechenland sieht beispielsweise vor, dass Deutschland im Gegenzug für die Rücknahme bis zum Jahresende offene Altfälle für Familienzusammenführungen prüfen soll.
Nach Angaben einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums soll sich das Abkommen mit Italien an den bereits mit Griechenland und Spanien getroffenen Vereinbarungen orientieren. So haben sich beide Seiten in den politischen Rahmenabsprachen darauf verständigt, einen Ausgleichmechanismus einzurichten. Demnach solle sich Deutschland als Gegenleistung für jede an der deutsch-österreichischen Grenze nach Italien zurückgewiesene Person verpflichten, einen Migranten, der im Rahmen einer Seenotrettungsmaßnahme aufgegriffen wurde, zu übernehmen. Detaillierte Absprachen dazu stünden allerdings noch aus.
Auswirkungen begrenzt
Im italienischen Innenministerium will man allerdings noch nicht Vollzug über das Rücknahmeabkommen vermelden. Solange es noch keine Unterschrift gebe, könnten die Verhandlungen noch nicht als abgeschlossen gelten, meldet die Deutsche Presse Agentur und beruft sich auf Informationen aus Kreisen des italienischen Innenministeriums. Demnach werde Innenminister Matteo Salvini, zugleich Vorsitzender der fremdenfeindlichen Regierungspartei Lega, darüber aber am Freitag in Wien bei der Konferenz zum Thema Sicherheit und Migration der EU-Innenminister sprechen. Zuvor hatte dieser bereits deutlich gemacht, dass er nur ein Abkommen unterzeichnen will, das dazu führe, dass sein Land sich um keinen einzigen zusätzlichen Flüchtling kümmern müsse. Ähnlich hatte sich im August auch Horst Seehofer geäußert: Es könne nicht sein, dass Deutschland am Ende mehr Flüchtlinge aufnehme als es zurückweise.
In der Praxis dürfte ein Rücknahmeabkommen mit Italien allerdings nur sehr wenige Flüchtlinge betreffen. Bei der Einreise an der deutsch-österreichischen Grenze wurden nach Angaben des Innenministeriums aus Mitte August seit Mitte Juni etwa 150 Personen festgestellt, die in einem anderen EU-Land Asyl beantragt hatten. Etwa die Hälfte davon, also 75 Menschen, sei auf Italien entfallen. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hatte bereits die Abkommen mit Griechenland und Spanien kritisiert, da dadurch drohe, dass geltendes Recht umgangen werde. Die bilateralen Rücknahmeabkommen sind Teil des von Horst Seehofer angekündigten "Masterplans Migration". Von diesem, so der Innenminister, seien nun bereits zwei Drittel in Umsetzung oder bereits abgeschlossen.