Rimma Maximova lebt seit knapp zwanzig Jahren in Deutschland. Sie kam als Dolmetscherin in die DDR und besitzt mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft. Von Potsdam aus versucht sie, etwas über den Stand der Ermittlungen im Fall ihres Sohnes herauszukriegen - und ruft jede Woche bei den Behörden in St. Petersburg an. Rimma Maximova vermutet, dass ihr Sohn wegen seiner journalistischen Arbeit umgebracht wurde. Davon geht auch Elke Schäfter, Geschäftsführerin von "Reporter ohne Grenzen", aus.
" Er hatte recherchiert zu Verdachtsfällen bei Polizisten, die der Korruption und des Betrugs verdächtigt sind, das scheint uns doch die richtige Spur."
Im Zentrum von Maximovs Recherchen stand der stellvertretenden Leiter der St. Petersburger Abteilung zum Kampf gegen Korruption, ein Oberstleutnant Michail Smirnov. Er und zwei weitere Polizisten wurden zwar nach dem Verschwinden Maximovs verhört, danach aber wieder freigelassen. Smirnov sitzt mittlerweile wegen Amtsmissbrauchs im Gefängnis. Wegen Mordes wurde er nicht angeklagt - trotz diverser belastender Zeugenaussagen. Rimma Maximova bekommt, wenn sie deshalb bei der Staatsanwaltschaft nachfragt, immer dieselbe Auskunft:
" Es wurde mir gesagt, wenn sie keinen Leichnam gefunden haben, können sie den Mann nicht anklagen."
Nach der Leiche ihres Sohnes werde aber nicht intensiv genug gesucht, davon ist Rimma Maximova überzeugt. Mitarbeiter der St. Petersburger "Agentur für journalistische Recherchen" ("Ajour"), für die Maximov gleichfalls schrieb, haben über Monate versucht, das Verschwinden ihres Kollegen aufzuklären. Offenbar mit Erfolg: Im Juni 2005, ein Jahr nach dem Verschwinden Maximovs, veröffentlichten sie einen Artikel.
" Der Artikel heißt: "Ein Jahr ohne Maxim". Und der Artikel endet mit den Worten: "Wir wissen alles. Und jetzt das Schrecklichste: Heute wissen wir genau, dass Maxim nicht einfach verschollen ist. Er wurde ermordet. Das Verbrechen war vorgeplant. Er wurde ermordet wegen seiner beruflichen Tätigkeit im Zentrum der Stadt. Heute stellen wir uns das ganze Verbrechen in Details vor: Wer? Wann? Wie? Wofür? Wir hoffen, dass da nur ein paar Wochen bleiben, bis die Verbrecher angeklagt werden. Und dann können wir alles erzählen."
Doch seitdem ist wieder ein Jahr vergangen. Und die Journalisten der Agentur "Ajour" schweigen. Maximovs Mutter vermutet, dass die Journalisten unter Druck gesetzt werden. Der Chefredakteur von "Ajour" streitet das ab. Er wolle lediglich die laufenden Untersuchungen nicht behindern. Und er habe keine Beweise. Weil sich in dem Fall nichts tut, hat sich mittlerweile auch "Reporter ohne Grenzen" eingeschaltet. Elke Schäfter:
" Wir haben uns bisher mehrfach für die Aufklärung dieses Falles eingesetzt, auch unter anderem in einem Brief an die Bundeskanzlerin Merkel. Robert Menard, Generalsekretär von "Reporter ohne Grenzen", hat in seinem Brief noch mal eindringlich darum gebeten, eine unabhängige Untersuchung einzuleiten in diesem Fall, leider sind wir ohne Antwort geblieben. Wir haben auch den leitenden Staatsanwalt aufgefordert, uns über die laufenden Ermittlungen informiert zu halten, leider ohne Antwort bisher."
Maximovs Mutter hat sogar einen offenen Brief an Präsident Putin geschrieben. Er wurde in der Moskauer Zeitung "Moskovskaja Pravda" veröffentlicht. Gebracht hat auch das bisher nichts. Elke Schäfter von "Reporter ohne Grenzen" wundert das nicht.
" Mangelnde Strafverfolgung und die mangelnde Unabhängigkeit des Justizsystems sind ein Riesenproblem in Russland, das sich sehr stark auf die Journalisten auswirkt, weil es im Grunde ein falsches Signal in diese Richtung ist: Man kann Journalisten angreifen, man kann sie auch töten, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden."
So wie im Fall von Maxim Maximov. Er wäre heute 43 Jahre alt geworden.