Samstag, 20. April 2024

Archiv

Russland
Wieder ein Oligarch im Visier

Zehn Jahre war Yukos-Chef Chodorkowski in Haft. Jetzt ermittelt die russische Justiz wieder gegen einen Oligarchen - den Unternehmer Vladimir Jewtuschenkow, geschätztes Vermögen 4,5 Milliarden Dollar. Der Vorwurf: illegale Machenschaften bei einer Konzernübernahme.

Von Thorsten Jabs | 17.09.2014
    Im Visier der Ermittler: Vladimir Jewtuschenko, russischer Großunternehmer
    Im Visier der Ermittler: Vladimir Jewtuschenko, russischer Großunternehmer (picture-alliance / dpa / Sharifulin Valery)
    Im Staatsfernsehen hat diese Meldung die Ukraine-Krise heute von Platz eins verdrängt: Gegen einen der reichsten Männer Russlands, Wladimir Jewtuschenkow, wird ermittelt. So erklärt es der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin:
    „Für die Ermittler gibt es Grund zu der Annahme, dass Vladimir Jewtuschenkow an der nachträglichen Legalisierung von kriminell angeeignetem Eigentum beteiligt war. Er wurde wegen Geldwäsche angeklagt und unter Hausarrest gestellt."
    Das US-Magazin Forbes schätzt Wladimir Jewtuschenkows Vermögen aktuell auf rund viereinhalb Milliarden Dollar. Er ist Gründer, Mehrheitseigentümer und Aufsichtsratsvorsitzender des Mischkonzerns Sistema, der unter anderem in der Banken- und Versicherungsbranche, im Einzelhandel und im Medienbereich aktiv ist. Herzstück ist der russische Mobilfunk-Marktführer MTS.
    Anteile von Bashneft unter Wert gekauft?
    Außerdem hält Sistema fast 80 Prozent der Anteile an der Ölgesellschaft Bashneft. Den Ermittlern zufolge geht es jetzt um den Kauf dieser Anteile im Jahr 2009. Diese wurden möglicherweise unter Wert verkauft. Seitdem ging es für Bashneft stetig bergauf. Und dieser er Erfolg rief offenbar den Konkurrenten und Marktführer Rosneft auf den Plan. Im Juni berichteten russische Medien über ein Übernahmeinteresse. Das pikante Detail: Rosneft wird von Igor Setschin, einem Vertrauten von Präsident Vladimir Putin geleitet.
    Weil Sistema-Chef Jewtuschenkow den Deal jedoch ablehnte, vermuten Beobachter jetzt eine Intrige und ziehen Parallelen zum Fall Chodorkowski. Der ehemalige Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos saß unter anderem wegen Steuerhinterzieheung zehn Jahre im Gefängnis. Rosneft bezeichnete diese Vorwürfe umgehend als „absurd".
    "Kein politischer Hintergrund"
    Ebenso ein Kreml-Sprecher, der Hinweise auf politische Motive zurückwies. Auch Boris Titow, der Ombudsmann für Wirtschaft, ein Posten den Putin vor zwei Jahren geschaffen hatte, verteidigt die Ermittlungen:
    „Wenn diese Situation mit Korruption oder Gerichtsproblemen verbunden ist, dann spielt es für das Geschäft von Sistema keine Rolle. Ich bin hundertprozentig sicher, dass der Fall keinen politischen Hintergrund hat."
    Der im Exil in der Schweiz lebende Chodorkowski spricht jedoch von einem Versuch, Jewtuschenkow die Ölfirma Bashneft wegzunehmen. Sistema-Sprecherin Olga Gudina will dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Mutterkonzerns beistehen:
    „Die Leitung von Sistema meint, dass der Kauf von Bashneft-Aktien korrekt und transparent durchgeführt wurde. Unsere Firma wird bei der Untersuchung helfen und alle gesetzlichen Möglichkeiten gegen eine Verurteilung ausschöpfen."
    Geburtstag im Hausarrest
    Ob dies reicht, um ein ähnliches Schicksal wie das Chordorkowski's zu vermeiden, wird sich zeigen. Seinen 66. Geburtstag wird Wladimir Jewtuschenkow am 25. September wohl auf jeden Fall unter keinen guten Vorzeichen in Hausarrest feiern müssen. Nach Berichten russischer Medien, drohen ihm bis zu sieben Jahre Haft.