Ralf Krauter: Es waren Bilder, die Hoffnung machten: ein junger Mann, 18 Jahre alt, war in Tübingen zu sehen, der sich offenbar bester Gesundheit erfreut. Dabei hatte der Dialysepatient vor vier Monaten eine Niere seiner Mutter transplantiert bekommen. Und zwar eine Niere, die sein Körper wegen unterschiedlicher Blut- und Gewebemerkmale eigentlich hätte abstoßen müssen. Dass das Spenderorgan bis heute funktioniert, liegt daran, dass die Ärzte die für die Abstoßung verantwortlichen Antikörper des Immunsystems vor der Operation gezielt aus dem Blut des Patienten gefischt haben. Herr Amon, Sie sind der behandelnde Arzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen. Die Pressemitteilung spricht von einem medizinischen Durchbruch. Welche Nierenpatienten dürfen sich denn nun neue Hoffnung machen?
Oliver Amon: Erst einmal muss man natürlich sagen, es ist ein Verfahren, das aufwändiger ist als konventionelle Transplantationen. Aber es ist so, dass es jedenfalls bei diesem Patienten möglich war, alle diese Antikörper zu beseitigen. Wir sind eigentlich ganz optimistisch, dass wir, wenn wir in der nächsten Zeit, mit den nächsten Patienten, mehr Erfahrung in dieser Richtung erwerben, dass wir dann auch in der Lage sind, tatsächlich - auf jeden Fall den allermeisten Patienten, denen wir das anbieten, auch das zu ermöglichen, soweit zu kommen, dass eine Lebendspende trotz der vorher bestehenden Antikörper möglich wird. 30 bis 40 Prozent der Lebendspenden sind bisher verunmöglicht worden. Wenn es nur gelänge, einen Teil davon möglich zu machen mit diesem neuen Verfahren, wäre das prima.
Krauter: Diese kritischen Antikörper, die für diese Abstoßung und Unverträglichkeit sorgen, vor der Operation herauszufischen, ist eine Sache. Wie verhindern Sie denn genau, dass die im Körper nachträglich wieder gebildet werden?
Amon: Man weiß, dass diese Antikörper von Plasmazellen hergestellt werden. Wir können die Vorstufe zu diesen Plasmazellen, die B-Lymphozyten, tatsächlich beeinflussen. Es gibt monoklonale Antikörper, die man dort einsetzen kann. Auch bei diesem Patienten haben wir sie insgesamt dreimal eingesetzt. Nach unserem neuen Transplantationsprotokoll werden wir sie mindestens zweimal einsetzen im Verlauf dieser Behandlung, vor und nach der Transplantation. Das wird, zusammen mit der frühzeitigen Gabe und Beginn der Immunsuppression, die ja normalerweise sonst erst nach Einpflanzen des Spenderorgans begonnen wird, von uns frühzeitig - nämlich schon zwei Wochen vorher - begonnen. Und dann ist das zusammen offensichtlich ausreichend, um erstens die vorhandenen Antikörper zu beseitigen und zweitens die Nachbildung durch die entsprechenden Zellen zu unterdrücken.
Krauter: Wie sicher können Sie denn sein, dass auch zukünftig keine Abstoßung auftreten wird?
Amon: Wir werden bei diesem jungen Mann und auch bei weiteren Patienten natürlich in regelmäßigen Abständen im Blut nachsehen. Dort können wir diese Antikörper auch entdecken, und das ist auch die Art und Weise gewesen, wie wir den Erfolg unserer Immunabsorption und des "Wegfischens" dieser Antikörper überwacht haben vor der Transplantation. Dieser Verlauf im Blut hat uns ja auch dann quasi das "Go" gegeben, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich transplantieren konnten. Das Zweite ist, dass wir nach der Transplantation jetzt zweimal eine Nierenbiopsie gemacht haben und die zeigt auch keinerlei Abstoßung durch die Antikörper.
Krauter: Wenn man das jetzt weiter denkt, heißt das, dass künftig einmal im Prinzip jede Niere zu jedem Patienten passen könnte?
Amon: Das wäre eine Hoffnung, das muss sich erstmal zeigen. Ich denke, wir haben etwas, das anderswo schon begonnen wurde, fortgesetzt, wir haben etwas darauf gesetzt. Ich denke, dass man jetzt mehr Patienten als früher diese Chance auf eine frühzeitige Nierentransplantation durch Lebendspende ermöglicht. Ob wir wirklich zu dem Ziel kommen, dass schlussendlich alle, unabhängig von diesen Barrieren - Blutgruppe, HLA-Antikörper - einfach transplantiert werden können, da fehlen uns einfach jetzt noch die Erfahrungen. Nach einem Patienten, auch wenn es dort gelungen ist, sagt uns das noch nicht genug, um das beantworten zu können.
Oliver Amon: Erst einmal muss man natürlich sagen, es ist ein Verfahren, das aufwändiger ist als konventionelle Transplantationen. Aber es ist so, dass es jedenfalls bei diesem Patienten möglich war, alle diese Antikörper zu beseitigen. Wir sind eigentlich ganz optimistisch, dass wir, wenn wir in der nächsten Zeit, mit den nächsten Patienten, mehr Erfahrung in dieser Richtung erwerben, dass wir dann auch in der Lage sind, tatsächlich - auf jeden Fall den allermeisten Patienten, denen wir das anbieten, auch das zu ermöglichen, soweit zu kommen, dass eine Lebendspende trotz der vorher bestehenden Antikörper möglich wird. 30 bis 40 Prozent der Lebendspenden sind bisher verunmöglicht worden. Wenn es nur gelänge, einen Teil davon möglich zu machen mit diesem neuen Verfahren, wäre das prima.
Krauter: Diese kritischen Antikörper, die für diese Abstoßung und Unverträglichkeit sorgen, vor der Operation herauszufischen, ist eine Sache. Wie verhindern Sie denn genau, dass die im Körper nachträglich wieder gebildet werden?
Amon: Man weiß, dass diese Antikörper von Plasmazellen hergestellt werden. Wir können die Vorstufe zu diesen Plasmazellen, die B-Lymphozyten, tatsächlich beeinflussen. Es gibt monoklonale Antikörper, die man dort einsetzen kann. Auch bei diesem Patienten haben wir sie insgesamt dreimal eingesetzt. Nach unserem neuen Transplantationsprotokoll werden wir sie mindestens zweimal einsetzen im Verlauf dieser Behandlung, vor und nach der Transplantation. Das wird, zusammen mit der frühzeitigen Gabe und Beginn der Immunsuppression, die ja normalerweise sonst erst nach Einpflanzen des Spenderorgans begonnen wird, von uns frühzeitig - nämlich schon zwei Wochen vorher - begonnen. Und dann ist das zusammen offensichtlich ausreichend, um erstens die vorhandenen Antikörper zu beseitigen und zweitens die Nachbildung durch die entsprechenden Zellen zu unterdrücken.
Krauter: Wie sicher können Sie denn sein, dass auch zukünftig keine Abstoßung auftreten wird?
Amon: Wir werden bei diesem jungen Mann und auch bei weiteren Patienten natürlich in regelmäßigen Abständen im Blut nachsehen. Dort können wir diese Antikörper auch entdecken, und das ist auch die Art und Weise gewesen, wie wir den Erfolg unserer Immunabsorption und des "Wegfischens" dieser Antikörper überwacht haben vor der Transplantation. Dieser Verlauf im Blut hat uns ja auch dann quasi das "Go" gegeben, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich transplantieren konnten. Das Zweite ist, dass wir nach der Transplantation jetzt zweimal eine Nierenbiopsie gemacht haben und die zeigt auch keinerlei Abstoßung durch die Antikörper.
Krauter: Wenn man das jetzt weiter denkt, heißt das, dass künftig einmal im Prinzip jede Niere zu jedem Patienten passen könnte?
Amon: Das wäre eine Hoffnung, das muss sich erstmal zeigen. Ich denke, wir haben etwas, das anderswo schon begonnen wurde, fortgesetzt, wir haben etwas darauf gesetzt. Ich denke, dass man jetzt mehr Patienten als früher diese Chance auf eine frühzeitige Nierentransplantation durch Lebendspende ermöglicht. Ob wir wirklich zu dem Ziel kommen, dass schlussendlich alle, unabhängig von diesen Barrieren - Blutgruppe, HLA-Antikörper - einfach transplantiert werden können, da fehlen uns einfach jetzt noch die Erfahrungen. Nach einem Patienten, auch wenn es dort gelungen ist, sagt uns das noch nicht genug, um das beantworten zu können.