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Schiedsrichterin des Jahres
Schiri-Job als Lebensvorbereitung

Schiedsrichter zu sein, ist kein leichter Job. Davon können jedes Wochenende viele tausend Spielleiter auf Deutschlands Fußballplätzen ein Lied singen. Trotzdem pfeifen viele aus Leidenschaft. Wie auch Marija Kurtes, der DFB-Schiedsrichterin des Jahres 2014.

Von Gerd Michalek | 28.03.2015
    Marija Kurtes, Schiedsrichterin des Jahres 2014
    Marija Kurtes, Schiedsrichterin des Jahres 2014 (Deutscher Fußball Bund)
    Hier fing alles an: Mit zehn spielte Marija Kurtes auf dem Sportplatz der SG Benrath-Hassels in Düsseldorf zum ersten Mal im Verein Fußball. Mit 13 belegte sie schon den ersten Schiri-Lehrgang:
    "Eigentlich war es gar keine bewusste Entscheidung: Einige aus der Mannschaft haben gesagt, 'Lasst uns einen Schiedsrichter-Lehrgang machen, es gibt so wenige Schiedsrichter! Wir ärgern uns.' Es war mehr ein Ausprobieren - Neugier."
    Bald leitete sie Spiele in der C-Jugend, fand Gefallen und auch Spaß an der Aufgabe. Der Reiz? "Die andere Perspektive, man ist wie ein laufender Zuschauer oder Fernsehkommentator, ein Teil des Spiels. Man ist dort mitgelaufen und hat sich gedacht: 'Warum steht denn hier keiner?'"
    Neue Situationen, neue Herausforderungen, die schlanke Frau bleibt dabei stets auf Augenhöhe mit den Spielern: "Auch jetzt denkt man wie ein Aktiver und fühlt sich rein in Situationen, wenn ich zum Beispiel einen Vorteil abpfeife, ärgert sich der Spieler und sagt: Was soll das! Wenn der wüsste, wie mich das selber ärgert."
    Schiedsrichter als Dienstleister
    Ihre Wissbegierde, Durchsetzungsvermögen und Augenmaß brachten sie schnell nach oben. Bereits mit 19 durfte sie Spiele in der Frauen-Bundesliga leiten. 2012 wurde sie sogar zur FIFA-Schiedsrichterin befördert. Doch darauf bildet sie sich überhaupt nichts ein. Ihr Credo: "Ein Schiedsrichter ist ja ein Dienstleister, genauso wie ein Lehrer oder ein Arzt. Man orientiert sich an anderen Personen und versucht ihnen etwas mitzugeben."
    Marija Kurtes ist Teamworkerin, sie hält große Stücke auf ihre Assistenten und die vielen Kollegen, die in unteren Spielklassen pfeifen. Gerade dort lerne man eine Menge fürs Leben: "Umgang mit Menschen, eigenes Management, Verantwortung übernehmen, auch mal ne Entscheidung treffen. 'Ach, ich kann mich nicht entscheiden.' Wer kennt das nicht aus dem Alltag!"
    "Akribisch und detailverliebt"
    Konfliktlösung und eine schnelle Auffassungsgabe sind ständig auf dem Platz gefragt. Das kommt Kurtes auch im Hauptberuf als Dozentin zugute. Sie bildet Studenten am Rhein-Ahr Campus in Remagen im Sportmanagement aus. Und was sagen Ihre Kollegen, die Professoren Lutz Thieme und Hartmut Völcker? "Sie ist akribisch und detailverliebt, ja da merkt man den Schiedsrichter durch, der natürlich auch auf Kleinigkeiten innerhalb einer Handlung Rücksicht nehmen muss", sagt Thieme.
    "Als Dozentin ist sie sehr engagiert, sehr freundlich, aber sie fordert als Sportlerin auch ne ganze Menge", so Völcker. Die Düsseldorferin stellt hohe Ansprüche an sich selbst und ist sehr selbstkritisch - ob im Hörsaal oder am Wochenende auf dem Fußballplatz. Sie weiß, dass sie als Schiedsrichterin, wie Spieler und Trainer auch, Fehler macht. Doch damit muss und kann sie leben.