"Man muss hier Aktivitäten und Baumaßnahmen fördern, die die sich in das besondere Ambiente dieser Stadt einfügen. Ich denke mir, dass es unvereinbar mit Venedig ist, wenn ein Gebäude, das hundertfach gemalt worden und ein wichtiger Blickfang ist, von einem Architekten umgebaut wird. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Diese Stadt hat Besseres verdient."
Maria Albrizzi ist eine der Wortführerinnen gegen ein ehrgeiziges architektonisches Projekt mitten in Venedig. Die venezianische Gräfin und Kulturmanagerin hat sich mehrfach gegen den Umbau der Punta della Dogana ausgesprochen. Es handelt sich um jenes elegante und lang gestreckte Gebäude, das sich - gut sichtbar, wenn der Reisende mit dem Vaporetto über den Canal Grande Richtung Markusplatz fährt - links von der gewaltigen Barockkirche Santa Maria della Salute erhebt. Die Punta della Dogana, auch Dogana da Mar genannt, Meereszollstelle, wurde zwischen 1677 und 1838 errichtet. Während des Bestehens der "Serenissima", der Dogenrepublik, wurden hier Waren umgeschlagen und versteuert. Das Gebäude mit den Lagerhallen und dem auf die Inselspitze zulaufenden Turm, der von einer großen Kugel gekrönt wird, war in den letzten Jahr sehr heruntergekommen. Bürger wie Gräfin Albrizzi hatten diesen Zustand immer wieder kritisiert:
"Wir forderten, dass die Stadtverwaltung diese Räumlichkeiten restauriert oder sie an einen Privatmann abgibt. Das ist dann ja auch geschehen. Nach einer umstrittenen Ausschreibung erhielt der französische Milliardär Francois Pinault den Zuschlag. Der will dort einen Teil seiner zeitgenössischen Kunstsammlung unterbringen. Doch die von Pinaults Architekten geplante Restaurierung ist viel mehr ein radikaler Umbau, und das geht nicht in Venedig. So ein Umbau wäre ein Desaster."
Und deshalb hat jetzt die städtische Kommission für den Erhalt Venedigs die Bauarbeiten gestoppt. Ein "Aus", das für großes Aufsehen sorgt, denn der Architekt ist niemand Geringeres als der Japaner Tadao Ando. Ein Stararchitekt, der schon im Palazzo Grassi, einem riesigen Barockpalast am Canal Grande, der ebenfalls Francois Pinault gehört, nicht davor zurückschreckte, die barocken Baustrukturen der Säle hinter kahlen Stellwänden zu verstecken. Ganz zu schweigen von dem eher an eine Fabrikhalle erinnernden Beleuchtungssystem, das von vielen Denkmalschützern als unpassend für ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert bezeichnet wird. Tadao Ando hat dem Palazzo Grassi seinen Stempel aufgedrückt. Das gleiche wolle er, mit dem Segen des Bauherrn, auch an der Punta della Dogana tun, erklärt Monique Veaute, neue Direktorin des Palazzo Grassi, der einen Teil der pinaultschen Sammlungen beherbergt:
"Seitenweise wurde in den italienischen Zeitungen das Restaurierungsprojekt Andos diskutiert und weitgehend für gut befunden. Es ist doch wohl selbstverständlich, wenn ein Kunstsammler ein Gebäude, in dem er seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen will, umbauen lässt. Man kann nicht ehemalige Lagerhallen einfach in ein Museum umwandeln. Deshalb der Generalumbau. Wer Andos Projekt verteufelt, begreift nicht, dass man es mit einem Architekten zu tun hat, der ein Mann von großer Kultur ist."
Das mag sein. Tatsache ist aber, dass Tadao Andos Projekt die Innenräume, mit ihren historischen hölzernen Dachbalkenkonstruktionen, gravierend verändert. Er hebt die alte Raumgliederung auf und schafft eine Art Zementkubus, der sich genauso gut in New York oder Berlin befinden könnte und weder einen Bezug zu Venedig noch zur Geschichte des Gebäudes hat. Ando geht aber noch weiter: der Meister des Minimalismus will auch die Fassade der Punta della Dogana seinem Stil anpassen. Sie soll weiß gestrichen werden. Ein Unding für Kunst- und Architekturhistoriker. Ihnen ist es zu verdanken, dass sich die Kommission für den Erhalt Venedigs gegen das Projekt aussprach und die Bauarbeiten stoppen ließ. Ein schwerer Schlag für den Philosophen und Bürgermeister Massimo Cacciari. Ist er es doch, der sich für die Umbauten stark macht. Ein Schlag auch für die Superintentin Venedigs Renata Codello, die sich ebenfalls für das Projekt ausspricht. Ein von Anfang an umstrittenes Vorhaben, weiß der Kunsthistoriker Alberto Marchisani:
"Mir ist schon während der Diskussion um die Vergabe der Punta della Dogana klar geworden, dass Cacciari Pinault bevorzugte, denn auch die Guggenheim-Stiftung war an dem Gebäude sehr interessiert. Die Stiftung wollte dort einen Ort für Wechselausstellungen schaffen. Pinault will hingegen nur einen Teil seiner Sammlungen zeigen. Bevor klar war, wer die Punta erhalten sollte, setzte er die Stadt unter Druck: er sagte: entweder gebt ihr mir die Punta oder ich verlasse den Palazzo Grassi. So ein Verhalten gab mir schon damals zu denken."
Jetzt droht Pinault erneut. Sollte der Baustopp nicht sofort aufgehoben werden, so der Kunstsammler, dann könnte er Venedig für immer verlassen. Eine Horrorvision für jene Kulturpolitiker, die die Lagunenstadt auch in punkto zeitgenössischer Kunst attraktiv machen wollen. Ob die Behörden den Baustopp rasch aufheben werden, ist äußerst ungewiss. Auch wenn Pinault seine Anwälte mobilisieren sollte: bis über einen Baustopp ein abschließendes Urteil gefällt wird, darüber können in Italien Jahre vergehen.
Maria Albrizzi ist eine der Wortführerinnen gegen ein ehrgeiziges architektonisches Projekt mitten in Venedig. Die venezianische Gräfin und Kulturmanagerin hat sich mehrfach gegen den Umbau der Punta della Dogana ausgesprochen. Es handelt sich um jenes elegante und lang gestreckte Gebäude, das sich - gut sichtbar, wenn der Reisende mit dem Vaporetto über den Canal Grande Richtung Markusplatz fährt - links von der gewaltigen Barockkirche Santa Maria della Salute erhebt. Die Punta della Dogana, auch Dogana da Mar genannt, Meereszollstelle, wurde zwischen 1677 und 1838 errichtet. Während des Bestehens der "Serenissima", der Dogenrepublik, wurden hier Waren umgeschlagen und versteuert. Das Gebäude mit den Lagerhallen und dem auf die Inselspitze zulaufenden Turm, der von einer großen Kugel gekrönt wird, war in den letzten Jahr sehr heruntergekommen. Bürger wie Gräfin Albrizzi hatten diesen Zustand immer wieder kritisiert:
"Wir forderten, dass die Stadtverwaltung diese Räumlichkeiten restauriert oder sie an einen Privatmann abgibt. Das ist dann ja auch geschehen. Nach einer umstrittenen Ausschreibung erhielt der französische Milliardär Francois Pinault den Zuschlag. Der will dort einen Teil seiner zeitgenössischen Kunstsammlung unterbringen. Doch die von Pinaults Architekten geplante Restaurierung ist viel mehr ein radikaler Umbau, und das geht nicht in Venedig. So ein Umbau wäre ein Desaster."
Und deshalb hat jetzt die städtische Kommission für den Erhalt Venedigs die Bauarbeiten gestoppt. Ein "Aus", das für großes Aufsehen sorgt, denn der Architekt ist niemand Geringeres als der Japaner Tadao Ando. Ein Stararchitekt, der schon im Palazzo Grassi, einem riesigen Barockpalast am Canal Grande, der ebenfalls Francois Pinault gehört, nicht davor zurückschreckte, die barocken Baustrukturen der Säle hinter kahlen Stellwänden zu verstecken. Ganz zu schweigen von dem eher an eine Fabrikhalle erinnernden Beleuchtungssystem, das von vielen Denkmalschützern als unpassend für ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert bezeichnet wird. Tadao Ando hat dem Palazzo Grassi seinen Stempel aufgedrückt. Das gleiche wolle er, mit dem Segen des Bauherrn, auch an der Punta della Dogana tun, erklärt Monique Veaute, neue Direktorin des Palazzo Grassi, der einen Teil der pinaultschen Sammlungen beherbergt:
"Seitenweise wurde in den italienischen Zeitungen das Restaurierungsprojekt Andos diskutiert und weitgehend für gut befunden. Es ist doch wohl selbstverständlich, wenn ein Kunstsammler ein Gebäude, in dem er seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen will, umbauen lässt. Man kann nicht ehemalige Lagerhallen einfach in ein Museum umwandeln. Deshalb der Generalumbau. Wer Andos Projekt verteufelt, begreift nicht, dass man es mit einem Architekten zu tun hat, der ein Mann von großer Kultur ist."
Das mag sein. Tatsache ist aber, dass Tadao Andos Projekt die Innenräume, mit ihren historischen hölzernen Dachbalkenkonstruktionen, gravierend verändert. Er hebt die alte Raumgliederung auf und schafft eine Art Zementkubus, der sich genauso gut in New York oder Berlin befinden könnte und weder einen Bezug zu Venedig noch zur Geschichte des Gebäudes hat. Ando geht aber noch weiter: der Meister des Minimalismus will auch die Fassade der Punta della Dogana seinem Stil anpassen. Sie soll weiß gestrichen werden. Ein Unding für Kunst- und Architekturhistoriker. Ihnen ist es zu verdanken, dass sich die Kommission für den Erhalt Venedigs gegen das Projekt aussprach und die Bauarbeiten stoppen ließ. Ein schwerer Schlag für den Philosophen und Bürgermeister Massimo Cacciari. Ist er es doch, der sich für die Umbauten stark macht. Ein Schlag auch für die Superintentin Venedigs Renata Codello, die sich ebenfalls für das Projekt ausspricht. Ein von Anfang an umstrittenes Vorhaben, weiß der Kunsthistoriker Alberto Marchisani:
"Mir ist schon während der Diskussion um die Vergabe der Punta della Dogana klar geworden, dass Cacciari Pinault bevorzugte, denn auch die Guggenheim-Stiftung war an dem Gebäude sehr interessiert. Die Stiftung wollte dort einen Ort für Wechselausstellungen schaffen. Pinault will hingegen nur einen Teil seiner Sammlungen zeigen. Bevor klar war, wer die Punta erhalten sollte, setzte er die Stadt unter Druck: er sagte: entweder gebt ihr mir die Punta oder ich verlasse den Palazzo Grassi. So ein Verhalten gab mir schon damals zu denken."
Jetzt droht Pinault erneut. Sollte der Baustopp nicht sofort aufgehoben werden, so der Kunstsammler, dann könnte er Venedig für immer verlassen. Eine Horrorvision für jene Kulturpolitiker, die die Lagunenstadt auch in punkto zeitgenössischer Kunst attraktiv machen wollen. Ob die Behörden den Baustopp rasch aufheben werden, ist äußerst ungewiss. Auch wenn Pinault seine Anwälte mobilisieren sollte: bis über einen Baustopp ein abschließendes Urteil gefällt wird, darüber können in Italien Jahre vergehen.