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Schlecker-Prozess
Firmengründer auf freiem Fuß

Überraschende Urteile im Schlecker-Prozess: Während Firmengründer Anton Schlecker mit einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe davonkommt, müssen seine Kinder Lars und Meike Schlecker in Haft. Eine Berufung wird es nicht geben.

Von Uschi Götz | 27.11.2017
    Der ehemalige Drogeriekettenbesitzer Anton Schlecker verlässt am 27.11.2017 das Landgericht in Stuttgart (Baden-Württemberg). (zu dpa «Verantwortung und Schuld - Gericht spricht Urteil gegen Schlecker» vom 27.11.2017) Foto: Sina Schuldt/dpa | Verwendung weltweit
    Schlecker-Prozess: Der ehemalige Drogeriekettenbesitzer Anton Schlecker muss nicht in Haft (dpa / Sina Schuldt)
    Ein empörtes Raunen ging durch den Zuschauerraum als Vorsitzender Richter Roderich Martis das Urteil verkündete. Der heute 73-Jährige Firmengründer Anton Schlecker muss nicht ins Gefängnis. Unter anderem wegen vorsätzlichen Bankrotts bekam er eine zweijährige Bewährungsstrafe und eine Geldstrafe in Höhe von 54.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft ohne Bewährung für den früheren Drogeriemarktkönig gefordert.
    Das Verfahren gegen Schleckers Frau Christa war bereits vor einigen Wochen eingestellt worden. Sie musste eine Geldstrafe von 60.000 Euro bezahlen. Anders die beiden Kinder. Lars Schlecker erhielt zwei Jahre und neun Monate Haft, Meike Schlecker zwei Jahre und acht Monate, jeweils ohne Bewährung. Die beiden früheren Geschäftsführer der Schlecker- Tochtergesellschaft LDG werden nicht nur wegen Beihilfe zum Bankrott und Insolvenzverschleppung verurteilt. Vielmehr wurden die beiden Mitte Vierzigjährigen wegen Untreue verurteilt.
    "Berufung gibt es keine"
    So hatten sich die beiden Kinder noch kurz vor dem Insolvenzantrag im Januar 2012, je 3,5 Millionen Euro von ihrem Unternehmen LDG auf Privatkonten ausbezahlen lassen. Bezeichnet wurde diese Aktion als Gewinnausschüttung. Weshalb die Kinder härter als ihr Vater bestraft werden, erklärt Johannes Fridrich, Sprecher des Landgerichts Stuttgart:
    "Das entscheidende Strafbemessungskriterium ist die Schadenshöhe. Hier, wenn man alle Taten zusammennimmt, ist bei Anton Schlecker ein Schaden von 3, 6 Millionen Euro entstanden, während bei den Kindern, allein für eine Tat, die Untreuetat, ein Schaden von 6,1 Millionen Euro entstanden ist.
    Richter Roderich Martis sagte in seiner Urteilsbegründung, alles deute darauf hin, dass Familie Schlecker bereits ab 2009 mit einer Insolvenz gerechnet habe und deshalb bewusst Geld aus dem Unternehmen gezogen hat. Geld das am Ende den Gläubigern fehlte. Norbert Scharf, Verteidiger von Anton Schlecker sagte, man nehme das Urteil an und ginge nicht in Revision:
    "Berufung gibt es keine. Dass Zufriedenheit mit dem Urteil anders ausschaut, das brauche ich ihnen nicht zu sagen. Wir haben viel gehört heute, dass mit dem Vermögen entziehen ist so eine Sache. Die Technik, die dahinter steht, in dem Moment, wo sie zwei Monate später, die drohende Zahlungsunfähigkeit feststellen, da haben wir hier 35 Hauptverhandlungstermine waren es 200 Stunden Beweisaufnahme gebraucht. In dem Moment, wo sie zwei Tage oder zwei Monate weiter hinten landen, dann ist alles, was sie davor getan haben nicht mehr strafbar. Dann schaut das schon anders aus. Das meine ich, das ist sehr technisch."
    "Kein Kavaliersdelikt"
    Unklar ist zur Stunde noch, wie die Anwälte der beiden Kinder Lars und Meike verfahren. Als Verhandlungsführer von verdi hat Bernard Franke bereits vor der Insolvenz mit Anton Schlecker und anderen aus dem Unternehmen verhandelt. Franke betonte heute in Stuttgart, ihm sei wichtig, dass es überhaupt ein Urteil gebe:
    "Ich fand es absolut notwendig, dass dieses Kapitel Wirtschaftsgeschichte juristisch aufgearbeitet worden ist. Ich weiß, dass es auch vielen Schlecker-Frauen ein Bedürfnis war, dass untersucht wurde und jetzt festgestellt wurde, dass eben doch nicht nichts mehr da war, sondern, dass man Millionenbeträge beiseite geschafft hat."
    Das Strafmaß will er nicht kommentieren, es sei deutlich geworden, es sei kein Kavaliersdelikt, vielmehr sei rechtswidrig gehandelt worden:
    "Strafbar ist nicht das unternehmerische Scheitern. Ob der jetzt ein schlechter Unternehmer war oder ein raffinierter, das spielt für dieses Verfahren, für dieses Urteil gar keine Rolle. Bestraft wird die Tatsache, dass man der Insolvenzmasse und damit den Menschen, die Ansprüche an ihn hatten, Geld entzogen hat. Und zwar vorsätzlich und mit krimineller Energie und das wird bestraft und das ist völlig richtig so."