Die Aufarbeitung der Securitate-Akten in Rumänien ist vor allem eine Geschichte von Niederlagen. Ein Jahrzehnt dauerte es, bis das Parlament ein Gesetz dafür verabschiedete. Das rumänische Verfassungsgericht hat es jetzt nach sieben Jahren für ungültig erklärt. Begründung: Die Aufarbeitungsbehörde CNSAS habe mehr Macht, als die Verfassung ihr zugestehe. Der rumänische Historiker und Regierungsberater Marius Oprea engagiert sich seit Jahren für die Aufarbeitung. Er ist entsetzt über das Urteil. Es sieht bislang vor, dass die bisherige Arbeit annulliert wird.
"Wir sind ins Jahr 1990 zurückgeworfen worden. Es ist ein Riesenrückschritt und mir scheint, dass die Entscheidung von Juristen getroffen wurde, die stark nostalgisch auf das kommunistische Regime zurückblicken. Sie sehnen sich nach Ceausescu."
Einen Willkürakt nennen viele Experten das Urteil des Höchsten Gerichtes. Wen wundert's, denn die Juristen haben in mehreren vorangegangenen Prozessen genau das Gegenteil behauptet: Dass die Aufarbeitung rechtmäßig sei. Warum jetzt also diese Wendung? Verdächtigungen gibt es viele. So heißt es, die Juristen hätten Angst bekommen, weil die Aufarbeitungsbehörde jetzt ihre Akten prüfen wollte. Zahlreiche Gerüchte gibt es auch, weil sich ausgerechnet der Medienmogul und Politiker Dan Voiculescu mit seiner Klage durchsetzen konnte. Ihn hatte die Aufarbeitungsbehörde vor zwei Jahren als Securitate-Spitzel enttarnt. Wie er nach der Wende zu seinem Millionen-Vermögen kam, ist nicht geklärt. Voiculescu ist ambivalent, wenn er spricht. So fordert er Akteneinsicht für jedermann, kann sich aber zugleich vorstellen, dass das Archiv geschlossen wird:
"Denn sonst sind wir noch die nächsten zehn Jahre mit diesem absurden Kampf beschäftigt, irgendwelche Akten zu entdecken – gute, falsche, halbe, Viertel die uns gerade in den Kram passen. In Deutschland, in Tschechien, der Slowakei ist das abgeschlossen. Die Schuldigen sind bestraft worden – diese Länder haben das in ein paar Jahren hinter sich gebracht."
Rumänien steht hingegen vor einem Scherbenhaufen, weil jeder jedem misstraut, selbst den Gerichten. Schuld daran ist, dass die Vergangenheit bislang nicht wirklich aufgearbeitet wurde. Warum auch? Mit den früheren Netzwerken konnte sich die Nomenklatura die Macht nach der Wende sichern. Der Historiker Marius Oprea sagt:
"Auch wenn die Securitate als Institution verschwunden ist, ist ihr politischer und wirtschaftlicher Einfluss immer noch weitreichend. Man findet heute die Geheimdienstler und ihre Informanten im Staatsapparat, im Parlament und eben auch in der Justiz wieder. Ich sage, in Rumänien ist der Kommunismus nicht verschwunden, man hat ihn einfach nur privatisiert."
Die Aufarbeitungsbehörde CNSAS hätte den Vergangenheitsfilz aufdecken sollen, nur war das gar nicht gewollt. Das gesamte Securitate-Archiv erhielt sie erst vor knapp einem Jahr. Besitzer davor: Der Inlandsgeheimdienst. 16 Jahre lang hatte er Zeit, die Akten womöglich nach seinem Gutdünken zu ordnen. Die Zahl der Spitzel und Offiziere, die bisher enttarnt wurden, ist verschwindend klein. Und von moralischen Konsequenzen kann kaum die Rede sein, sagt der Schriftsteller Mircea Dinescu, der im Leitungsrat der CNSAS sitzt:
"Die Behörde hatte niemals wirkliche Macht. Die Politiker, die mit der Securitate zusammengearbeitet haben, sind nie zurückgetreten, mit ein, zwei Ausnahmen vielleicht. Denn wir sind eben so ein Land mit einer verdrehten Geschichte und seltsamen balkanischen Bräuchen, die nicht über Nacht verschwinden."
Die Aufarbeitungsbehörde CNSAS darf derzeit nicht arbeiten. Abschaffen wird man sie gewiss nicht. Immerhin ist sie ein gutes Alibi, damit die politische Klasse sagen kann, sie vergesse die Vergangenheit nicht. Die Regierung will jetzt per Eilerlass ein neues Gesetz verabschieden. Sicher wird man sagen, dass es besser ist, als das zuvor. Ein Happy-End ist das dennoch nicht. Der gesamte Skandal hat auf ein Neues die Opfer des berüchtigten Geheimdienstes verhöhnt: ihre Zahl wird auf bis zu zwei Millionen geschätzt. Die früheren politischen Häftlinge unter ihnen erhalten heute eine Rente. Sie beträgt ein Zehntel von dem, was einstige Securitate-Offiziere erhalten.
"Wir sind ins Jahr 1990 zurückgeworfen worden. Es ist ein Riesenrückschritt und mir scheint, dass die Entscheidung von Juristen getroffen wurde, die stark nostalgisch auf das kommunistische Regime zurückblicken. Sie sehnen sich nach Ceausescu."
Einen Willkürakt nennen viele Experten das Urteil des Höchsten Gerichtes. Wen wundert's, denn die Juristen haben in mehreren vorangegangenen Prozessen genau das Gegenteil behauptet: Dass die Aufarbeitung rechtmäßig sei. Warum jetzt also diese Wendung? Verdächtigungen gibt es viele. So heißt es, die Juristen hätten Angst bekommen, weil die Aufarbeitungsbehörde jetzt ihre Akten prüfen wollte. Zahlreiche Gerüchte gibt es auch, weil sich ausgerechnet der Medienmogul und Politiker Dan Voiculescu mit seiner Klage durchsetzen konnte. Ihn hatte die Aufarbeitungsbehörde vor zwei Jahren als Securitate-Spitzel enttarnt. Wie er nach der Wende zu seinem Millionen-Vermögen kam, ist nicht geklärt. Voiculescu ist ambivalent, wenn er spricht. So fordert er Akteneinsicht für jedermann, kann sich aber zugleich vorstellen, dass das Archiv geschlossen wird:
"Denn sonst sind wir noch die nächsten zehn Jahre mit diesem absurden Kampf beschäftigt, irgendwelche Akten zu entdecken – gute, falsche, halbe, Viertel die uns gerade in den Kram passen. In Deutschland, in Tschechien, der Slowakei ist das abgeschlossen. Die Schuldigen sind bestraft worden – diese Länder haben das in ein paar Jahren hinter sich gebracht."
Rumänien steht hingegen vor einem Scherbenhaufen, weil jeder jedem misstraut, selbst den Gerichten. Schuld daran ist, dass die Vergangenheit bislang nicht wirklich aufgearbeitet wurde. Warum auch? Mit den früheren Netzwerken konnte sich die Nomenklatura die Macht nach der Wende sichern. Der Historiker Marius Oprea sagt:
"Auch wenn die Securitate als Institution verschwunden ist, ist ihr politischer und wirtschaftlicher Einfluss immer noch weitreichend. Man findet heute die Geheimdienstler und ihre Informanten im Staatsapparat, im Parlament und eben auch in der Justiz wieder. Ich sage, in Rumänien ist der Kommunismus nicht verschwunden, man hat ihn einfach nur privatisiert."
Die Aufarbeitungsbehörde CNSAS hätte den Vergangenheitsfilz aufdecken sollen, nur war das gar nicht gewollt. Das gesamte Securitate-Archiv erhielt sie erst vor knapp einem Jahr. Besitzer davor: Der Inlandsgeheimdienst. 16 Jahre lang hatte er Zeit, die Akten womöglich nach seinem Gutdünken zu ordnen. Die Zahl der Spitzel und Offiziere, die bisher enttarnt wurden, ist verschwindend klein. Und von moralischen Konsequenzen kann kaum die Rede sein, sagt der Schriftsteller Mircea Dinescu, der im Leitungsrat der CNSAS sitzt:
"Die Behörde hatte niemals wirkliche Macht. Die Politiker, die mit der Securitate zusammengearbeitet haben, sind nie zurückgetreten, mit ein, zwei Ausnahmen vielleicht. Denn wir sind eben so ein Land mit einer verdrehten Geschichte und seltsamen balkanischen Bräuchen, die nicht über Nacht verschwinden."
Die Aufarbeitungsbehörde CNSAS darf derzeit nicht arbeiten. Abschaffen wird man sie gewiss nicht. Immerhin ist sie ein gutes Alibi, damit die politische Klasse sagen kann, sie vergesse die Vergangenheit nicht. Die Regierung will jetzt per Eilerlass ein neues Gesetz verabschieden. Sicher wird man sagen, dass es besser ist, als das zuvor. Ein Happy-End ist das dennoch nicht. Der gesamte Skandal hat auf ein Neues die Opfer des berüchtigten Geheimdienstes verhöhnt: ihre Zahl wird auf bis zu zwei Millionen geschätzt. Die früheren politischen Häftlinge unter ihnen erhalten heute eine Rente. Sie beträgt ein Zehntel von dem, was einstige Securitate-Offiziere erhalten.