Dienstag, 23. April 2024

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Schmerzmittel im Leistungssport
"Wir sind da in einer ganz schwierigen Situation"

Von Ibuprofen bis Voltaren: Schmerzmittel sind weit verbreitet im Leistungs- und Breitensport. Dabei könne ihre Einnahme extrem gesundheitsschädlich wirken, sagte Mediziner und Ex-Leichtathlet Thomas Wessinghage im Dlf. Ein Problem sei, dass es zu viel Geld und Politik im Sport gebe.

Thomas Wessinghage im Gespräch mit Niklas Potthoff | 14.06.2020
Ein Fußball liegt vor einer Werbebande des Schmerzmittel-Herstellers Voltaren
Regelmäßig und manchmal auch hoch dosiert: Journalisten der ARD-Dopingredaktion und des Recherchezentrums Correctiv recherchierten gemeinsam zu Schmerzmittelmissbrauch im Fußball. (imago images / Plusphoto)
Die Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Diclofenac und Voltaren gehört im deutschen Fußball dazu. Und das nicht nur in der Bundesliga, auch in den Amateurligen sind Schmerzmittel weit verbreitet. Das zeigte die TV-Dokumentation "Geheimsache Doping: 'Hau rein die Pille!'", die aus einer Zusammenarbeit der ARD-Dopingredaktion und des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv entstanden ist.

Schmerzmittel seien ein effektives Mittel, um länger und härter trainieren zu können, sagte Ex-Leichtathlet und Mediziner Thomas Wessinghage im Deutschlandfunk. In vielen Sportarten seien Schmerzen einfach an der Tagesordnung, deswegen sehe er Schmerzmittel auch eindeutig als Doping an, weil diese die Erbringung der Leistung überhaupt erst ermöglichen würden.
Magenblutungen, Nierenschäden und Herzinfarkte
Die Verwendung von Schmerzmitteln sei unsportlich, genau wie Doping an sich. Er sei der Auffassung, dass Sport etwas für Gesunde sei, erklärte der ehemalige Langstreckenläufer Wessinghage. Wenn man nicht gesund sei, sondern Schmerzmittel brauche - dann sollte man so lange warten, bis man wieder Sport treiben könne, sagte der Europameister über 5000 Meter von 1982.
Dabei können Schmerzmittel durch die Einnahme als Gifte auf die Organe wirken, sagte Wessinghage. So wisse man von Magenblutungen, -durchbrüchen und -geschwüren, Nierenschäden und Herzinfarkten. Als Mediziner versuche er die Dosis und die Häufigkeit der Verordnung von Schmerzmitteln bei seinen Patienten so weit wie möglich zu reduzieren.
Das Problem sei aber, dass es zu viel Geld und Politik im Sport gebe, sagte Wessinghage und spielte damit auf die unterschiedlichen Interessen im Sport an. Aus seiner Sicht sollten Dopingtests erhöht werden und Schmerzmittel nur unter Kontrolle eingenommen werden. Ein Problem sei aber, dass diese rezeptfrei erhältlich sind. "Wir sind da in einer ganz schwierigen Situation und ich persönlich habe keine Lösung parat."