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Schnecke mit Rüstung

Biologie. - Krabben ohne Augen, Würmer ohne Darm und weiße Bakterienwolken – in rund 2500 Meter Meerestiefe sammelt sich viel ungewöhnliches Leben. In dieser ansonsten eher lebensfeindlichen Umgebung fanden Forscher nun eine weitere kuriose Lebensform: Eine Schnecke mit einer Rüstung aus Mineralien. Schwedische Forscher haben das Weichtier mit dem seltsamen Panzer untersucht.

Kristin Raabe |
    Dass Ding auf dem Foto sieht aus wie eine seltsame Struktur, die irgendwo im Weltraum schwebt. Lediglich der obere Teil kommt einem irgendwie vertraut vor: Ein Schneckenhaus. Tatsächlich, das seltsame Wesen ist eine Schnecke. Auch wenn der schuppige Anhang so gar nichts von einem Weichtier hat. Forscher stießen auf dieses nur wenige Zentimeter große Wesen, als sie heiße Quellen am Meeresgrund untersuchten, sogenannte Black Smoker. Ein Exemplar dieser seltsamen Schnecke gelangte schließlich zur näheren Untersuchung nach Schweden. Am Naturkunde-Museum von Stockholm hat Anders Warén das Tier sich genauer angeschaut.

    Ich war überrascht. Diese Schnecke sah so seltsam aus. All diese Schuppen am Fuß der Schnecke – so etwas hatte ich noch nie gesehen. Als erstes untersuchte ich dann, die Anatomie dieser merkwürdigen Schnecke. Auf diese Weise wollte ich herauszufinden, mit welcher anderen Gruppe von Schnecken sie verwand sein könnte.

    Parallel zu den Untersuchungen von Anders Warén analysierten Experten in den USA die Erbsubstanz der neu entdeckten Tiefseeschnecke. Beide Forschergruppen kamen schließlich zu demselben Ergebnis: Die beschuppte Schnecke ist mit einer anderen Gruppe von Schnecken verwandt, die ebenfalls in den heißen Quellen lebt. Fragt sich nur, warum die neue Schnecke Schuppen hat. Warén:

    In diesen warmen Quellen in der Tiefsee leben noch andere große Schnecken. Sie sind Räuber und töten ihre Beute, indem sie ein Gift injizieren. Dazu haben sie spezielle Zähne, ähnlich wie bei einer Schlange. Unsere neue Schnecke ist durch ihre Schuppen aber geschützt. Wenn sie auf einem Felsen sitzt, dann bedecken die Schuppen ihren Fuß vollständig. Der unbeschuppte Teil ihres Körpers ist durch das Schneckenhaus geschützt. Die räuberischen Schnecken haben also keine Chance ihr Gift zu injizieren.

    Die Schuppen sind also eine Art Rüstung, die das empfindliche Weichtier schützt. Warén:

    Viele Meeresschnecken haben so eine Art Schutzvorhang, mit dem sie den Eingang zu ihrem Haus verschließen können. Dieser Vorhang ist aus einem ähnlichen Material wie der Chitinpanzer eines Insekts. Die Schuppen am Fuß der neuen Schnecke sind auch aus diesem Material. In diesem Fall ist es allerdings mit einem Mineral gemischt, nämlich Eisensulfid. Das kennen wir auch als Katzen- oder Narrengold.

    Anders Warén fiel auf, wie rein das Eisensulfid in den Schuppen war. Viel reiner, als es für gewöhnlich in den heißen Quellen vorkommt. Wahrscheinlich benutzen die Schnecken Bakterien, um dieses reine Eisensulfid herzustellen. Aber dieses Material hat nicht nur Vorteile für die Schnecke. Warén:

    Ich glaube nicht dass es ein gutes Material ist. Es ist sehr empfindlich gegenüber Wasser und fängt schnell an zu rosten. Wahrscheinlich hat die Schnecke es nur benutzt weil es in dieser Umgebung leicht zu bekommen war.

    Eine Schnecke mit einer Rüstung aus Katzengold – das ist schon etwas besonderes. Aber eine Schnecke mit einer rostenden Rüstung... Wer weiß welche Kuriositäten, die Tiefsee als nächstes preisgibt.