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Schnell und günstig

Chemie. - Allein in Deutschland verbraucht die Industrie zehn Milliarden Kubikmeter Wasser jährlich. Um die Umwelt dabei möglichst nicht zu belasten, sucht man laufend neue Methoden zur Aufreinigung von Abwasser. Für die Betriebe hat das außerdem den Vorteil, dass sie gereinigtes Wasser von neuem verwenden und somit Kosten sparen können. Methoden zur Abwasserreinigung in der Industrie waren das Thema einer Tagung der Dechema e.V. in Frankfurt, die am Mittwoch zu Ende ging.

Von Hellmuth Nordwig |
    Die meisten Industriebetriebe haben eigene Kläranlagen. Viele davon funktionieren genau so wie kommunale Anlagen zur Abwasserreinigung: Bakterien ernähren sich dort von all dem, was nicht ins Wasser hineingehört. Ist ihre Mahlzeit beendet, heißt es warten - in einem Absetzbecken sinken die Einzeller als so genannter Klärschlamm zu Boden. Was übrig bleibt, kann in einen Fluss eingeleitet werden. Wartezeit ist in der Industrie allerdings Geld. Und deshalb haben einige Unternehmen auf ein neues Verfahren umgestellt: die so genannten Membran-Bioreaktoren. Rund 80 Betriebe sind es bisher in Deutschland, berichtet Peter Cornel, Professor an der TU Darmstadt.

    " Was wir in konventionellen Anlagen per Sedimentation machen, wird hier letztlich durch ein feines Sieb gemacht. Das muss man sich so vorstellen, dass die Löcher in der Größenordnung von einem tausendstel Millimeter liegen. Das ist so klein, dass Bakterien, die wir in der Abwasserreinigung einsetzen, abgetrennt werden können. "

    Diese Biomasse wird in der Industrie zumeist verbrannt, denn anders als der Klärschlamm kommunaler Kläranlagen ist sie mit Schadstoffen belastet und eignet sich daher nicht als Dünger. Was das Sieb - in der Fachsprache: die Membran - passiert, kann in vielen Fällen erneut im Betrieb verwendet werden.

    " Das ist genauso wenig geeignet zum Trinken wie der Ablauf einer anderen Kläranlage. Hier hat man bei der Membranlage aber den Vorteil, dass es quasi desinfiziert ist, weil die Bakterien abgetrennt werden. Viren werden aber nicht zurückgehalten, insofern ist es keine Trinkwasserqualität, was in der Weiterverwendung in der Industrie aber auch nicht immer notwendig ist. "

    Durch noch feinere Poren ließen sich im Prinzip auch Viren filtern und sogar diejenigen Chemikalien, die von den Bakterien nicht abgebaut werden. In der Praxis spielt diese Variante, die Nanofiltration, aber kaum eine Rolle. Denn je feiner die Poren sind, desto größer ist der Druck, mit dem man das Wasser durchpressen muss, und desto teurer wird das Verfahren. Die meisten Filtersiebe für Bakterien bestehen aus Kunststoffen. Auch das hat Kostengründe. Die Ingenieure hoffen, dass eines Tages die wesentlich robusteren Keramikfilter erschwinglicher werden als heute. Professor Karl-Heinz Rosenwinkel von der Universität Hannover:

    " Die Grenzen der Membrantechnik liegen zurzeit sicher im Bereich der Wirtschaftlichkeit, auch beim Energiebedarf. Es wird daran geforscht, den weiter zu reduzieren. Und das Handling, dass man also mit robusten Techniken das in jedem Betrieb auf Dauer und unter allen Betriebsbedingungen betreiben kann. "

    Auch an einem weiteren Problem der ultrafeinen Siebe arbeiten die Forscher noch. Genau wie ein Kaffeefilter setzen sich nämlich auch die Membranen mit der Zeit zu, mit einem Bakterienfilm, der immer weniger durchlässig wird. Um das zu verhindern, gibt es zwei Möglichkeiten: Etwa einmal pro Stunde werden die Filter kurze Zeit in der Gegenrichtung durchgespült. Alle paar Wochen muss die Anlage aber ganz abgeschaltet werden, die Membranen werden herausgenommen und mit Säuren oder Laugen gewaschen. Peter Cornel sieht deshalb eine wichtige Herausforderung darin,

    " die Reinigungsstrategien zu optimieren, dass wir mit "weichen" Chemikalien und nicht mit "harten" Chemikalien drangehen müssen, die auch wieder Entsorgungskosten generieren. Dass man also die Standzeiten zwischen den Reinigungen verlängert und die Reinigungschemikalien umweltfreundlicher macht. "

    Trotz dieser Handikaps setzen immer mehr Betriebe Membranfilter in der Abwasserreinigung ein. Die Palette reicht von Brauereien über Chemieunternehmen bis zur Papierindustrie - einer Branche, deren Abwasser bisher die größten Probleme bereitet.