Arzneimittelversorgung
Schon wieder Medikamenten-Engpässe?

Die Erkältungs- und Infektionszeit steht vor der Tür - der Bedarf an Medikamenten wird dementsprechend zunehmen. Die Apotheken sprechen wieder von Lieferengpässen, der Europäische Rechnungshof mahnt die EU-Länder zu mehr Zusammenarbeit - und die deutschen Behörden beruhigen.

    Verschiedene Arzneimittel liegen auf einer Oberfläche.
    Für mehr als 500 Arzneimittel gibt es derzeit in Deutschland Lieferengpässe (IMAGO / Roman Möbius / IMAGO / Roman Möbius)
    Bundesgesundheitsministerin Warken sieht bei der Verfügbarkeit von Medikamenten eine stabile Lage für den Herbst und Winter. Die Versorgung mit Arzneimitteln sei gewährleistet, sagte die CDU-Politikerin der dpa. Im Vergleich zu früher habe sich die Situation vor allem bei Arzneimitteln für Kinder verbessert. Warken sagte, angesichts der Situation in den vergangenen Jahren, könne sie die Sorgen der Menschen aber verstehen. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilte mit, vor dem Hintergrund der vorliegenden Meldungen und Daten könne aktuell für den kommenden Herbst/Winter von einer stabilen Lage ausgegangen werden.

    Welche Engpässe gibt es?

    Nach amtlichen Daten gibt es derzeit gut 530 Lieferengpassmeldungen - bei insgesamt 100.000 zugelassenen Arzneimitteln in Deutschland. Von Engpässen betroffen seien in der Regel Generika, wie ein BfArM-Sprecher erläuterte. Generika sind günstigere Produkte mit gleicher Wirkung wie nicht mehr patentgeschützte Originalpräparate. Der Sprecher betonte, es gebe meist weitere wirkstoffgleiche Mittel, die größtenteils auch lieferbar seien.
    Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gibt es eine angespannte Liefersituation bei den Antibiotika-Wirkstoffen Cefuroxim, Clindamycin, Cotrimoxazol und Erythromycin, ebenso bei bestimmten Mitteln für Asthma, für Herzinfarkte oder starke Schmerzen. Das Ministerium stellte jeweils einen Versorgungsmangel fest, was mehr Importe ermöglicht. Die Entwicklung wird den Angaben zufolge "engmaschig verfolgt". 

    Wie sieht der Apothekerverband die Lage?

    Nach Einschätzung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gibt es weiterhin teils erhebliche Engpässe.Verbandspräsident Preis sagte der "Bild am Sonntag", besonders betroffen seien Antibiotika-Säfte für Kinder, ein Asthma-Mittel sowie ADHS-Medikamente. Sichergestellt sei die Versorgung etwa bei Fieber- und Erkältungsmitteln sowie Hustensäften. Als Grund für die Engpässe nannte der Verbandspräsident die Abhängigkeit von Produktionsstätten außerhalb Europas. Die Apotheke der Welt stehe längst nicht mehr in Deutschland, sondern in China und Indien. Probleme in den dortigen Werken schlügen sich sofort in der Versorgung hierzulande nieder.

    Gibt es eine europäische Lösung des Problems?

    Der Europäische Rechnungshof hat die 27 EU-Länder zu einer besseren Zusammenarbeit angesichts von Arzneimittel-Engpässen aufgefordert. Die Behörde teilte mit, einzelne Staaten hätten ohne Rücksicht aufeinander begonnen, Medikamente zu horten. Außerdem stimmten sich die EU-Länder nicht untereinander ab. Der zuständige Prüfer am Rechnungshof, Lehne, warnte vor einer weiteren Verschärfung der Lage und betonte, die EU müsse bei der Lieferung von Medikamenten unabhängiger von Drittstaaten werden. Bei gängigen Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen sei man vollständig von Asien abhängig.

    Greift das Anti-Engpass-Gesetz?

    Nach akuten Problemen bei Kinderarzneien beschloss die damalige Ampel-Regierung 2023 ein Anti-Engpass-Gesetz. Es lockerte Preisregeln, um Lieferungen nach Deutschland für Hersteller lohnender zu machen. Als Sicherheitspuffer sind Vorräte von mehreren Monatsmengen für viel genutzte Mittel Pflicht. Voraussichtlich Ende 2025/Anfang 2026 sollten die neuen Vorgaben in allen Rabattverträgen mit Krankenkassen umgesetzt sein, erläuterte das Gesundheitsministerium. Ministerin Warken plant künftig auch noch erleichterte Austauschregeln für Apotheken.
    Der Verband der Generika-Hersteller "Pro Generika" monierte, nötige Anreize für Investitionen in eine stabile und europäisch verankerte Produktion fehlten weiterhin. Auf Basis des Gesetzes habe kein Unternehmen auch nur einen Euro in den Ausbau von Antibiotika-Werken stecken können, sagte Geschäftsführer Bretthauer. Auch die Regelung zur Vorratshaltung sei kontraproduktiv und eine erhebliche zusätzliche Belastung – sowohl logistisch als auch finanziell. 
    (Mit Material der Deutschen Presse-Agentur)
    Diese Nachricht wurde am 19.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.