Karin Fischer: Der italienische Maler Luigi Malerba war ursprünglich auch Journalist und Drehbuchschreiber, bevor er 1963 mit dem Erzählband "Die Entdeckung des Alphabets" in Italien bekannt wurde und ein paar Jahre später mit "Il serpente", die Schlange, und der Kriminalgeschichte "Salto Mortale" seinen Durchbruch hatte. In Deutschland wurde er deutlich später wahrgenommen. Als Klaus Wagenbach 1984 die kleinen, abgründig-komischen Fabeln vom Hühnerhof verlegte, war das eine Entdeckung. Klaus Wagenbach, der Humor, gar der schwarze Humor, gilt ja als eins der Hauptmerkmale des Erzählers Luigi Malerba. Was hat Sie an den "Nachdenklichen Hühnern" so fasziniert?
Klaus Wagenbach: Ich hatte sie im Regal 1983, da war so ein kleines Buch, das hieß "Galline pensierose", und da habe ich mir gedacht, schön, da guckst du mal rein. Und dann war die erste Geschichte gleich, die handelte davon, dass ein paar Hühner sich darüber entsetzlich erschrecken, dass die Erde sich dreht. Also mussten sie sich mit drehen. Und am Ende haben sie sich in ein Quadrat gerettet. Das war eine sehr merkwürdige Geschichte, und so haben wir das Buch gemacht. Ich kannte aber den Autor schon durch den "gruppo 63". Es war so eine avantgardistische Schriftstellervereinigung ...
Fischer: Das wollte ich gerade fragen, zu deren Mitbegründern er gehörte? Was war deren Credo?
Wagenbach: Also deren Credo war: Wir wollen keine langweiligen Romane mehr lesen. Es war also eine Bewegung gegen diese entsetzlich langweiligen - ich sage jetzt keinen Namen, weil sonst gibt es Ärger - Romane, die geschrieben wurden. Das war sozusagen der Durchbruch der neuen, jungen Literatur in Italien. Da war Umberto Eco dabei, da war Malerba dabei, waren viele junge Autoren dabei.
Fischer: Opulenz, Wortwitz und auch stilistische Experimentierfreude kennzeichnen ja auch seinen Stil. Aber er war, wenn man zum Beispiel "Das griechische Feuer" nimmt, kein ganz unpolitischer Erzähler, oder?
Wagenbach: Nein. "Das griechische Feuer", das war wirklich ein sehr seltsames, verrücktes Buch über die Macht, wie funktioniert Macht. Einerseits mit einem Kriegsspielzeug, eben diesem griechischen Feuer, andererseits mit Frauen. Frauen und Kriegsspielzeug, das scheint die Geschichte nach der These dieses Buches zu befeuern.
Fischer: Welchen seiner Romane würden Sie hervorheben? Vor zwei Jahren hat er ja mit den "Römischen Gespenstern" noch mal eine ebenso tief- wie abgründige und auch komische Geschichte vorgelegt.
Wagenbach: Sehr schönes Buch, ja. Den Unterschied zwischen Mann und Frau, ja, sie hat einen Geliebten, er hat eine Geliebte und schreibt gleichzeitig einen Roman, und man weiß bis zum Ende nicht, ist das ein Roman nun oder schreibt er das nur, um seine Frau zu ärgern oder passiert es wirklich. Das ist so eines dieser vielen Kunststücke, dessen er fähig war. Auch in "Die nackten Masken". "Die nackten Masken", das ist ja sein erfolgreichstes Buch gewesen, wo ganz Rom in Aufregung gerät, weil der Medici-Papst plötzlich gestorben ist. Und dann wählen diese Idioten von Kardinälen, die wählen einen Flamen, der keine Ahnung von Kunst hat. Und ganz Rom ist aufgeregt, weil alles wird sofort gestoppt, weil der so ein Eremit ist. Gott sei Dank stirbt er schnell, und alles ist wieder wie früher.
Fischer: Wir haben über seine Bücher gesprochen. Wie würden Sie seinen Stil denn als Erzähler kennzeichnen?
Wagenbach: Ich würde mal sagen wechselhaft. Er ist ein großer Experimentierer. Er hat einen wunderbaren Roman geschrieben in einem mittelalterlichen Italienisch, der heißt "Pataffio". Da geht es nur um Hunger und Erotik als Movens. Auf der anderen Seite erzählt er so, wie man seit den Novellisten, seit Sacchetti, seit Grazzini in Italien eben erzählt - in kurzen, ganz konzisen Geschichten, die sich ineinander verhaken und entwickeln. Das ist sein Talent.
Fischer: Lassen Sie uns noch ein bisschen bei der Kunst bleiben, Klaus Wagenbach. Wenn Sie das Panorama der italienischen Erzähler vor sich aufschreiten lassen, wo würden Sie ihn einordnen?
Wagenbach: Ich würde ihn einordnen als einen Erzähler der Emilia, wo sehr viele Erzähler herkommen. Umberto Eco kommt daher, Stefano Benni kommt daher, Cavazzoni kommt daher, Celati kommt daher. Das ist eine Gegend von Erzählern, und da gehört er rein, in diese erzählfreudige Gegend.
Klaus Wagenbach: Ich hatte sie im Regal 1983, da war so ein kleines Buch, das hieß "Galline pensierose", und da habe ich mir gedacht, schön, da guckst du mal rein. Und dann war die erste Geschichte gleich, die handelte davon, dass ein paar Hühner sich darüber entsetzlich erschrecken, dass die Erde sich dreht. Also mussten sie sich mit drehen. Und am Ende haben sie sich in ein Quadrat gerettet. Das war eine sehr merkwürdige Geschichte, und so haben wir das Buch gemacht. Ich kannte aber den Autor schon durch den "gruppo 63". Es war so eine avantgardistische Schriftstellervereinigung ...
Fischer: Das wollte ich gerade fragen, zu deren Mitbegründern er gehörte? Was war deren Credo?
Wagenbach: Also deren Credo war: Wir wollen keine langweiligen Romane mehr lesen. Es war also eine Bewegung gegen diese entsetzlich langweiligen - ich sage jetzt keinen Namen, weil sonst gibt es Ärger - Romane, die geschrieben wurden. Das war sozusagen der Durchbruch der neuen, jungen Literatur in Italien. Da war Umberto Eco dabei, da war Malerba dabei, waren viele junge Autoren dabei.
Fischer: Opulenz, Wortwitz und auch stilistische Experimentierfreude kennzeichnen ja auch seinen Stil. Aber er war, wenn man zum Beispiel "Das griechische Feuer" nimmt, kein ganz unpolitischer Erzähler, oder?
Wagenbach: Nein. "Das griechische Feuer", das war wirklich ein sehr seltsames, verrücktes Buch über die Macht, wie funktioniert Macht. Einerseits mit einem Kriegsspielzeug, eben diesem griechischen Feuer, andererseits mit Frauen. Frauen und Kriegsspielzeug, das scheint die Geschichte nach der These dieses Buches zu befeuern.
Fischer: Welchen seiner Romane würden Sie hervorheben? Vor zwei Jahren hat er ja mit den "Römischen Gespenstern" noch mal eine ebenso tief- wie abgründige und auch komische Geschichte vorgelegt.
Wagenbach: Sehr schönes Buch, ja. Den Unterschied zwischen Mann und Frau, ja, sie hat einen Geliebten, er hat eine Geliebte und schreibt gleichzeitig einen Roman, und man weiß bis zum Ende nicht, ist das ein Roman nun oder schreibt er das nur, um seine Frau zu ärgern oder passiert es wirklich. Das ist so eines dieser vielen Kunststücke, dessen er fähig war. Auch in "Die nackten Masken". "Die nackten Masken", das ist ja sein erfolgreichstes Buch gewesen, wo ganz Rom in Aufregung gerät, weil der Medici-Papst plötzlich gestorben ist. Und dann wählen diese Idioten von Kardinälen, die wählen einen Flamen, der keine Ahnung von Kunst hat. Und ganz Rom ist aufgeregt, weil alles wird sofort gestoppt, weil der so ein Eremit ist. Gott sei Dank stirbt er schnell, und alles ist wieder wie früher.
Fischer: Wir haben über seine Bücher gesprochen. Wie würden Sie seinen Stil denn als Erzähler kennzeichnen?
Wagenbach: Ich würde mal sagen wechselhaft. Er ist ein großer Experimentierer. Er hat einen wunderbaren Roman geschrieben in einem mittelalterlichen Italienisch, der heißt "Pataffio". Da geht es nur um Hunger und Erotik als Movens. Auf der anderen Seite erzählt er so, wie man seit den Novellisten, seit Sacchetti, seit Grazzini in Italien eben erzählt - in kurzen, ganz konzisen Geschichten, die sich ineinander verhaken und entwickeln. Das ist sein Talent.
Fischer: Lassen Sie uns noch ein bisschen bei der Kunst bleiben, Klaus Wagenbach. Wenn Sie das Panorama der italienischen Erzähler vor sich aufschreiten lassen, wo würden Sie ihn einordnen?
Wagenbach: Ich würde ihn einordnen als einen Erzähler der Emilia, wo sehr viele Erzähler herkommen. Umberto Eco kommt daher, Stefano Benni kommt daher, Cavazzoni kommt daher, Celati kommt daher. Das ist eine Gegend von Erzählern, und da gehört er rein, in diese erzählfreudige Gegend.