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Schützende Hand über europäischen Vogelarten

Umwelt. - Vor gut 25 Jahren hat die Europäische Union die Vogelschutzrichtlinie in Kraft gesetzt. Wissenschaftler der britischen Vogelschutzgesellschaft RSPB haben die Auswirkungen jetzt untersucht. Sie stellen ihre Ergebnisse in einem Bericht für das Wissenschaftsmagazin "Science" vor.

Von Joachim Budde | 13.08.2007
    Ein Problem, die Wirkung der EU-Vogelschutzrichtlinie zu beurteilen, sei, dass sie keinerlei Ziele bestimme, sagt Paul Donald, Biologe der britischen Vogelschutzgesellschaft RSPB. Zwar enthalte die Richtlinie eine Liste mit Vogelarten, die besonderen Schutz benötigen, und sie regele, dass die Mitgliedsstaaten der Union Vogelschutzgebiete ausweisen. Konkrete Ziele – etwa dass der Bestand bestimmter Arten um ein bestimmtes Maß wachsen soll – fehlen, schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Science". Auch die Daten, die der Studie zu Grunde liegen, verdanken sie einem anderen Umstand.

    "Dank Tausender freiwilliger Vogelbeobachter haben wir Daten über die Bestände aller Vogelarten in allen europäischen Ländern, sowohl vor als auch nach Einführung der Vogelschutzrichtlinie. Wir hatten viel Glück, denn so verfügen wir über Daten für jede Art, auf die die Vogelschutzrichtlinie Anwendung findet. Wir kennen kein anderes internationales Artenschutzabkommen, für das so etwas möglich wäre."

    Donald und seine Kollegen stellten fest, dass die besonders geschützten Arten sich nach Einführung der Richtlinie besser erholten als nicht geschützte oder ihre Verwandten in Ländern, in denen die Richtlinie nicht galt. Zudem fanden sie heraus, dass es Beständen in Ländern mit großen Vogelschutzgebieten besser geht. Für Heiko Haupt, der als Biologe beim Bundesamt für Naturschutz zuständig für Artenschutz ist, zeigt die Studie, dass sich solche Maßnahmen lohnen. Er kennt keine vergleichbare Untersuchung.

    "Das ist in der Breite sicherlich die erste Untersuchung, die es in der Art und Weise gibt, und sie hat ganz gut dargelegt, dass insbesondere die Arten, die in dem Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt sind, für die also besondere Erhaltungsmaßnahmen getroffen werden müssen, auch durch die Vogelschutzrichtlinie profitiert haben."

    Allerdings empfiehlt Haupt eine vorsichtige Lesart:

    "Das muss auch klar werden, dass diese Studie, die die Briten hier erstellt haben, keine Entwarnung gibt. Es heißt ja nicht: Jetzt geht es allen Arten besser, man kann es vielleicht anders ausdrücken, dass es den Arten, um die sich die Vogelschutzrichtlinie besonders gekümmert hat, dass es denen weniger schlecht geht als anderen, denn es gibt nach wie vor eine ganze Reihe von Arten, deren Bestände abnehmen, und hier ist nach wie vor natürlich noch eine ganze Menge Einsatz gefordert."

    Paul Donald verwundert, dass in Artenschutzabkommen wie der Vogelschutzrichtlinie Mechanismen zur Qualitätskontrolle fehlen – das sei bei jedem Projekt in der Betriebswirtschaft eine Selbstverständlichkeit.

    "Das verwundert um so mehr, weil Vogelbeobachtung hauptsächlich von Freiwilligen übernommen wird und darum extrem billig ist – vor allem im Vergleich zu dem, was die Umsetzung der Abkommen kosten."

    Allerdings sind die Methoden der britischen Forscher nicht ohne weiteres auf andere Gegenden der Welt übertragbar.

    "Natürlich wissen wir, dass die Mehrzahl aller Arten in den Tropen vorkommt und dort die Mittel, sie zu beobachten, am kleinsten sind. Die Herausforderung besteht darin, das, was wir herausgefunden haben, in diese Gegenden weiterzugeben. Außerdem versuchen wir, Satellitenbilder und Fernerkundung in Teilen der Welt einzusetzen, wo keine Menschen die Arten auf dem Boden beobachten können oder wo die Sicherheitslage die Leute daran hindert, dorthin zu gehen, wo die Tiere sind."

    Es geht eben nicht nur darum, möglichst viele Daten zu sammeln. Sondern nur wer weiß, wie gut seine Projekte funktionieren, ist in der Lage, sie zu verbessern.