Es ist nur ein kleines buntes Diagramm, das in einer Ecke der großen Eingangshalle des Haus der Kulturen auf einer Vitrine liegt. Der ganze Raum darum herum ist ausgelegt mit Filzteppichen, auf denen in Rot und Weiß abstrakte Begriffe zum Thema "Schulden" stehen: "Regulation, Money, social law, moral debts" und vieles mehr dergleichen. Auch das bunte Diagramm ist in englischer Sprache gehalten. Aber es dokumentiert etwas Wichtiges: die Geschichten einer Reihe von afrikanischen Diktatoren, die sich über Landesschulden persönlich bereichern, während die Bevölkerung zahlen soll. "Odious Debts", "Sittenwidrige Schulden" nennt man das, sagt der Künstler Xavier Fourre, der mit seinem "Bureau d'etudes" den Raum des Haus der Kulturen gestaltet hat. Er fordert für diesen Missbrauch politischer Macht eine angemessene Haftung ein:
"'Sittenwidrige Schulden' sind Schulden, die beispielsweise ein Diktator in einem Land aufnehmen lässt, um damit Sachen zu kaufen, die die Bevölkerung unterdrücken helfen oder die ihn persönlich bereichern. Das Geld liegt dann auf seinem Konto in der Schweiz, während das ganze Land dafür jahre- oder jahrzehntelang zu zahlen hat. Der politische Ansatz der 'sittenwidrigen Schulden' besagt, dass eine Bevölkerung diese nicht übernehmen muss, eben weil sie sittenwidrig sind."
Durchgesetzt wurde ein Schuldenerlass unter Berufung auf das Konzept des "odius debts" schon in Ländern wie Ecuador oder Mexiko, die von einer Diktatur zur Demokratie wechselten. Doch betroffen sind sehr viel mehr Staaten und Personen, beschreibt Peter Eigen, der Leiter der Nichtregierungsorganisation "Transparency International", in einem der Eingangsvorträge der "Bonds" - Konferenz im Haus der Kulturen der Welt.
"Wir gehen davon aus, dass fast ein Drittel der Verschuldung der Entwicklungsländer auf Korruption zurückzuführen ist, dass falsche Projekte finanziert werden, die sonst kein Mensch vorschlagen würde."
Der Verdacht, dass das Konzept der "sittenwidrigen Schulden" nicht nur auf irre Diktatoren in Afrika passen könnte, sondern dem Raubzug zugrunde liegt, den wir heute als "Finanzkrise" bezeichnen, beschleicht einen spätestens, nachdem man den Dokumentarfilm "Inside Job" von Charles Ferguson auf der Konferenz gesehen hat. Der Film war zwar nur auf einem Computermonitor mit zwei Kopfhörern zu sehen. Er zeigte aber anhand von Hunderten Zeugenaussagen, wie die größte Immobilienblase der Geschichte in betrügerischer Weise konstruiert wurde und wer davon profitierte.
"Erst wollten sie einen Wohnsitz verdienen, dann wollten sie fünf Wohnsitze und dazu ein teures Penthouse an der Park Avenue. Dann wollten sie ihren Privatjet. Innerhalb von fünf Jahren bereicherten sich allein die fünf Chefs der fünf Investmentbanken um drei Milliarden Dollar, die sie bis heute besitzen, während Millionen von Rentnern ihre Ansprüche verloren haben."
Die mehr als breit aufgestellte Konferenz "Bonds: Schuld, Schulden und andere Verbindlichkeiten" bot in drei Tagen neun Vorträge, eine Reihe von Filmen, Buchauslagen, Spielen, systemischen Aufstellungen, Diskussionen und die erwähnte Ausstellung des "Bureau d'etudes". Die Künstlerin Irini Athanasakis, gemeinsam mit dem Kulturwissenschaftler Thomas Macho Kuratorin der Konferenz, hoffte mit dem interdisziplinären Ansatz Licht in den Dschungel der Krise zu bekommen.
"Es geht um die Zukunft von Generationen, um Beträge, die sich keiner mehr vorstellen kann, und die sich ständig ändern. Sehr starke Emotionen verbinden sich mit Fakten, die sehr schwer zu fassen sind und unser Ziel war, Experten aus anderen Gebieten einzuladen, des Wissens und Fühlens, um ihre Meinung zur Debatte zu stellen und eben auch die Sprache zu erweitern."
Diese Hoffnung ging leider nicht wirklich auf. Zu verschieden, selbstverliebt und wenig fokussiert, agierten die meisten der Gäste. Eine gemeinsame Denkrichtung entwickelte sich nicht. Zu verstreut waren die wirklich relevanten Informationen – obwohl diese auch zu finden waren.
"'Sittenwidrige Schulden' sind Schulden, die beispielsweise ein Diktator in einem Land aufnehmen lässt, um damit Sachen zu kaufen, die die Bevölkerung unterdrücken helfen oder die ihn persönlich bereichern. Das Geld liegt dann auf seinem Konto in der Schweiz, während das ganze Land dafür jahre- oder jahrzehntelang zu zahlen hat. Der politische Ansatz der 'sittenwidrigen Schulden' besagt, dass eine Bevölkerung diese nicht übernehmen muss, eben weil sie sittenwidrig sind."
Durchgesetzt wurde ein Schuldenerlass unter Berufung auf das Konzept des "odius debts" schon in Ländern wie Ecuador oder Mexiko, die von einer Diktatur zur Demokratie wechselten. Doch betroffen sind sehr viel mehr Staaten und Personen, beschreibt Peter Eigen, der Leiter der Nichtregierungsorganisation "Transparency International", in einem der Eingangsvorträge der "Bonds" - Konferenz im Haus der Kulturen der Welt.
"Wir gehen davon aus, dass fast ein Drittel der Verschuldung der Entwicklungsländer auf Korruption zurückzuführen ist, dass falsche Projekte finanziert werden, die sonst kein Mensch vorschlagen würde."
Der Verdacht, dass das Konzept der "sittenwidrigen Schulden" nicht nur auf irre Diktatoren in Afrika passen könnte, sondern dem Raubzug zugrunde liegt, den wir heute als "Finanzkrise" bezeichnen, beschleicht einen spätestens, nachdem man den Dokumentarfilm "Inside Job" von Charles Ferguson auf der Konferenz gesehen hat. Der Film war zwar nur auf einem Computermonitor mit zwei Kopfhörern zu sehen. Er zeigte aber anhand von Hunderten Zeugenaussagen, wie die größte Immobilienblase der Geschichte in betrügerischer Weise konstruiert wurde und wer davon profitierte.
"Erst wollten sie einen Wohnsitz verdienen, dann wollten sie fünf Wohnsitze und dazu ein teures Penthouse an der Park Avenue. Dann wollten sie ihren Privatjet. Innerhalb von fünf Jahren bereicherten sich allein die fünf Chefs der fünf Investmentbanken um drei Milliarden Dollar, die sie bis heute besitzen, während Millionen von Rentnern ihre Ansprüche verloren haben."
Die mehr als breit aufgestellte Konferenz "Bonds: Schuld, Schulden und andere Verbindlichkeiten" bot in drei Tagen neun Vorträge, eine Reihe von Filmen, Buchauslagen, Spielen, systemischen Aufstellungen, Diskussionen und die erwähnte Ausstellung des "Bureau d'etudes". Die Künstlerin Irini Athanasakis, gemeinsam mit dem Kulturwissenschaftler Thomas Macho Kuratorin der Konferenz, hoffte mit dem interdisziplinären Ansatz Licht in den Dschungel der Krise zu bekommen.
"Es geht um die Zukunft von Generationen, um Beträge, die sich keiner mehr vorstellen kann, und die sich ständig ändern. Sehr starke Emotionen verbinden sich mit Fakten, die sehr schwer zu fassen sind und unser Ziel war, Experten aus anderen Gebieten einzuladen, des Wissens und Fühlens, um ihre Meinung zur Debatte zu stellen und eben auch die Sprache zu erweitern."
Diese Hoffnung ging leider nicht wirklich auf. Zu verschieden, selbstverliebt und wenig fokussiert, agierten die meisten der Gäste. Eine gemeinsame Denkrichtung entwickelte sich nicht. Zu verstreut waren die wirklich relevanten Informationen – obwohl diese auch zu finden waren.