
Die Schüler lachen. Man scherzt, flirtet, neckt sich, ist aufgeregt. Noch ist alles lustig. Denn heute hat die 9. Klasse der Magdeburger Sekundarschule LebenLernen das Klassenzimmer mit dem Kinosaal getauscht.
"Ich würde sagen, man lernt auf alle Fälle mehr …"
Schon kurz nach dem Filmstart halten viele der 14-jährigen Teenager ihre Hände vors Gesicht. Sie können es kaum aushalten, als auf der Leinwand afrikanische Flüchtlinge zu sehen sind, die am Strand liegen. Mit einem kleinen Boot haben sie mit letzter Kraft den spanischen Mittelmeerstrand erreicht. Ein Flüchtlings-Kind liegt im Sterben.
Eine Tragödie über Flucht, Asyl und Mitgefühl
"Die Farbe des Ozeans" - eine deutsch-spanische Koproduktion aus dem Jahr 2011 - ist eine Tragödie über Flucht, Asyl und Mitgefühl, in der das Mittelmeer nicht die Rolle eines azurblauen Urlaubsparadieses spielt. Einer von etwa 60 Filmen, die auf der Schulkinowoche gezeigt werden.
Das Thema der diesjährigen Schulkinowoche in Sachsen-Anhalt heißt: "Nichts wie weg! - Geschichte(n) von der Flucht". Hintergrund sind das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren und die starke Zuwanderung von Flüchtlingen damals. Daran will man erinnern, wenn heute wieder Menschen in unserer direkten Nachbarschaft Zuflucht suchen, sagt SPD-Kultusminister Stephan Dorgerloh.
"Bin mir gar nicht sicher, ob die Macher wussten wie aktuell sie mit dem Thema sind. Und ja jetzt sind sie mittendrin im aktuellen Geschehen."
Es gehe nicht um Popcorn und Action, sondern darum, Einzelschicksale näherzubringen, um Vorurteile und Ängste aufzulösen.
"Das ist gut so. Weil wir wollen natürlich, dass in unseren Schulen, in unseren Klassenzimmern das Weltgeschehen, das Tagesgeschehen auch verhandelt wird."
Die Magdeburger Schüler finden es cool. Auch das Thema sei super, ergänzt die 14-jährige Evelyn Käferstein, dunkelblondes Haar, Zahnspange, zerrissene Röhren-Jeans.
"Weil wir das jetzt auch schon sehr oft in der Schule hatten und es sehr viele unterschiedliche Meinungen gibt von den Schülern. Viele sehr rassistisch sind, viele aber auch dafür sind. Und wir uns auch als Freundinnen privat sehr viel darüber unterhalten. Finde ich gut, dass die das Thema ausgewählt haben."
Für die Schüler ist die Schulkinowoche ein voller Erfolg
Begleitet werden die Filme durch Diskussionen und Gesprächsrunden zur aktuellen Flüchtlingssituation. Im Moritzhof, einem kleinen Off-Kino in einem Hinterhof am Rande der Magdeburger Innenstadt wird die Veranstaltung von zwei jungen Sprechern des Antirassistischen Netzwerks moderiert.
Ilka Hoffmann ist Mathematik- und Physik-Lehrerin an der Magdeburger Sekundarschule LebenLernen. Dort beteiligt man sich schon seit Jahren an der Schulkinowoche.
"Weil es eine andere Art und Weise ist, etwas zu lernen."
Die Schulkinowoche ist eine Initiative der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und gibt es in allen Bundesländern.
Zumindest in Sachsen-Anhalt hat man es dieses Jahr aber versäumt, lebendige Diskussionen zu organisieren. Das liegt aber nicht an den Filmen, schon gar nicht an den Schülern und Lehrern, sondern an der Auswahl der Referenten. Es sind größtenteils Mitarbeiter aus der Flüchtlingshilfe. Und die sind sich in der Sache ziemlich einig, sodass kaum kontroverse Debatten zustande kommen, eher Frage-Antwort-Runden.
Dennoch: Für die Schüler ist die Schulkinowoche ein voller Erfolg. Weil sie einfach mal nicht in die Schule müssen und dennoch viel lernen, wie sie sagen.
"Im Unterricht ist das immer alles so steif und muss wirklich drauf achten, dass man nichts Falsches sagt. Und hier ist das alles viel lockerer. Hier kann man das sagen, was man will und kriegt keine schlechte Note dafür. Jeder hat ja seine eigene Meinung."


