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Schutz für Edelkrebse

Starke Tiere in leuchtenden Farben, die Lasten schleppen und klettern können – Kaliko- und Marmorkrebs sind beliebt unter Aquarianern. Doch wenn sich die nordamerikanischen Exoten das Aquarium zu rabiat umbauen, möchte so mancher sie wieder los werden und setzt sie im nächsten Bach aus – ohne zu wissen, dass er damit möglicherweise das Todesurteil für einen weiteren Bestand der vom Aussterben bedrohten einheimischen Flusskrebsarten fällt. Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg hat den Kalikokrebs in den letzten beiden Jahrzehnten in den Seitenflüssen des Rheins bei Bühl und dann auch flussabwärts bis Karlsruhe und Speyer nachgewiesen. Peter Dehus:

Von Anke Petermann |
    "Die Gefahr, die von beiden Krebsen ausgeht, ist einfach, dass sie die Krebspest übertragen und der Krebspesterreger in Bestände einheimischer Flusskrebsarten eingeschleppt wird, und das hat eben dann ein riesiges Krebssterben in der Regel zur Folge, denn die europäischen Krebsarten, die einheimischen Krebsarten können sich nicht gegen diesen Erreger wehren."

    Selbst sind die amerikanischen Krebsarten resistent gegen die Pilzsporen. Als erste außereuropäische Art wurde Ende des 19. Jahrhunderts der nordamerikanische Kamberkrebs in deutschen Gewässern ausgesetzt. Das war der Auftakt zum großen Sterben einheimischer Edel- und Steinkrebse. Wo Kamber- und Signalkrebs oder der Rote Amerikanische Sumpfkrebs auftreten, erlöschen die heimischen Krebspopulationen. Verbreitet werden die Pilzsporen durch infiziertes Wasser, zum Beispiel, wenn Züchter Fische aussetzen, oder durch Gummistiefel, Sport- oder Fischereigeräte. Desinfizieren oder gründliches Trocknen hilft. Harald Groß ist froh, dass er für das "Pilotprojekt Edelkrebs Nordrhein-Westfalen" die Verbände von Naturschützern, Fischzüchtern, Teichwirten und Tauchern gewinnen konnte – eine effiziente Zusammenarbeit bei Bestandserfassung und Aufklärung:

    "Die ist einerseits wichtig, weil die Taucher potentiell Krebspest-Überträger sind - mit ihren Ausrüstungen können sie das, wenn sie mit ihren Ausrüstungen an einem Tag mehrere Gewässer betauchen. Das ist eine Sache, derer Taucher sich in der Regel gar nicht bewusst sind und die sie vermeiden, wenn sie das wissen. Und andererseits haben Taucher doch eine ganze Menge Kenntnisse gerade in stehenden Gewässern, ob Flusskrebse vorkommen oder nicht, weil man bei Tuchgängen die Tiere ganz gut beobachten kann. Wir müssten eigentlich noch viel mehr Wassersportler in dieses Boot mit reinziehen, weil auch Kanufahrer und Surfer potentielle Überträger sind."

    ... wie auch der wohlmeinende Naturfreund, der überzeugt war, Gutes zu tun, indem er einen Amerikanischen Sumpfkrebs aus einem verdreckten Tümpel in einen schönen sauberen Bach umsiedelte. Was den Pest-Tod der wenigen verbliebenen Edelkrebse bewirkte. Die Biologen Claudia Klos vom internationalen Verein "Forum Flusskrebse" und Harald Groß als Leiter des Edelkrebsprojekts im Regierungsbezirk Köln haben miterlebt, wie im Saarland und in Nordrhein-Westfalen Versuche scheiterten, einheimische Edel- und Steinkrebse wieder anzusiedeln – und zwar vor allem an den Pestüberträgern aus Übersee. Was man daraus gelernt hat:

    "Erst mal muss man genau Bescheid wissen über das Gewässer, wo man die Krebse ansiedelt. Es muss also überprüft werden, ob amerikanische Flusskrebse vorhanden sind. Aber man darf sich nicht nur auf das Gewässer selbst beschränken, sondern muss das ganze Einzugsgebiet absuchen, wenn man zum Beispiel einen Teich hat, der von einem Fließgewässer gespeist wird, in dem weiter oben noch andere Stillgewässer liegen, muss man sich auch wirklich die Mühe machen und die absuchen, ob dort irgendwelche Krebse vorhanden sind. –

    Also was wir gelernt haben, ist, dass es trotz intensiver Voruntersuchungen nicht garantiert ist, dass es funktioniert – gerade in Fließgewässern ist es problematisch, weil uns nur noch die Oberläufe zur Verfügung stehen und das eigentlich immer Grenzlebensraum war für die Krebse. Der Hauptlebensraum liegt viel weiter unten, Flachlandbäche oder Flachlandflüsse sind besser geeignet, aber da ist halt keine Möglichkeit mehr."

    Der Hauptlebensraum von Edel- und Steinkrebs gehört inzwischen den importierten Exoten, mit Artenschutz und Wiederansiedlung lassen sich die mosaikartig verteilten und isolierten Restbestände einheimischer Krebsarten bestenfalls erhalten. Ob die genetische Vielfalt innerhalb der kleinen Populationen fürs Überleben auf Dauer ausreicht, ist noch ungewiss.