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Schwarzes Gold in tiefer See

Wenn Fachleute aus der Ölindustrie über die Küstenstaaten am Golf von Guinea reden, geraten sie fast ein bisschen ins Schwärmen. Das geht auch Karl-Heinz Schult-Bornemann so, dem Pressesprecher von ExxonMobil Deutschland.

Jule Reimer |
    Wenn Fachleute aus der Ölindustrie über die Küstenstaaten am Golf von Guinea reden, geraten sie fast ein bisschen ins Schwärmen. Das geht auch Karl-Heinz Schult-Bornemann so, dem Pressesprecher von ExxonMobil Deutschland.

    "Es ist eine der Regionen, wo am meisten aktuell gesucht und schon produziert wird. Es ist mit Sicherheit einer der heißen Flecken, was die Ölförderung und -suche angeht. Auch die Investitionen, wenn Sie das vergleichen, gehen zu einem großen Teil dorthin."

    Von der Elfenbeinküste über Nigeria und Äquatorialguinea bis Angola: Die Staaten entlang der Küste Westafrikas gelten zwar nicht als superpotente, aber als wichtige Erdöllieferanten. Das bestätigt auch Jean-Pierre Favennec, Direktor am staatlichen französischen Erdölinstitut Institut Francais du Pétrole in Paris:

    "Die Erdölreserven im Golf von Guinea sind begrenzt. Sie machen ungefähr 3 bis 4 Prozent der Weltreserven aus; betrachtet man die aktuelle Produktion, ist es etwas mehr. Zwar handelt es sich nicht um einen entscheidenden Faktor wie im Mittleren Osten, wo 65 Prozent der Weltreserven liegen. Aber das westafrikanische Erdöl ist trotzdem interessant, denn es ist von sehr guter Qualität, einfach zugänglich und die geographische Lage zum US-amerikanischen wie auch zum europäischen Markt ist günstig."

    Die USA beziehen schon heute 17 Prozent ihrer Ölimporte aus Afrika, davon einen beträchtlichen Teil aus der Region am Golf von Guinea. Der Nationale Energieplan - in 2001 unter der Federführung von US-Vizepräsident Dick Cheney erstellt - erklärt das afrikanische Öl für die Vereinigten Staaten zu einem strategischen Interesse: In der nächsten Dekade sei eine Steigerung auf ein Viertel der Importe anzustreben. Die Anschläge auf das World Trade Center haben diese Bemühungen verstärkt. Aus gutem Grund, meint Wolf-Christian Paes vom Internationalen Konversionszentrum Bonn - BICC:

    "Es ist ja bekannt, dass gerade Nordamerika - ein wichtiger Abnehmer für afrikanisches Öl - daran interessiert ist, seine Quellen zu diversifizieren und vom arabischen Öl wegzukommen als dem Hauptlieferanten. Das macht Afrika auch attraktiv, weil in Washington wahrscheinlich zu Recht die Meinung vorherrscht, man habe es in Westafrika mit freundlicher gesonnenen Regierungen zu tun, es gibt weniger Probleme mit terroristischen Angriffen und dergleichen mehr."

    Auch einen weiteren Vorteil schätzen die Abnehmer westafrikanischen Öls. Bis auf Nigeria gehört keiner der Förderstaaten der OPEC an, der Organisation Erdölexportierender Staaten. Denn sie versucht mit ihrer kartellähnlichen Struktur den Weltmarktpreis für Erdöl zu kontrollieren.

    Nigeria und Gabun: Schon seit über drei Jahrzehnten wird dort Öl gefördert, allerdings meist auf dem Festland oder in direkter Küstennähe. Aber mit dem technischen Fortschritt konnte sich die Erdölförderung vor allem in den letzten zehn Jahren immer weiter ins Meer hinein wagen. Vorkommen in 2000 Metern Tiefe stellen heutzutage keine technische Hürde mehr dar. Entsprechend hat sich die Zahl der Ölförderstaaten erhöht: Kamerun, Tschad, Äquatorialguinea, Kongo-Brazzaville, Demokratische Republik Kongo, Angola - alle sind sie dabei. Jüngster Stern am Öl-Firmament: Die bitterarme Inselgruppe Sao Tomé e Principe, die vermutlich von 4 Milliarden Barrel Öl umgeben ist.

    In fast allen Küstenstaaten liegen die interessantesten Ölfelder off-shore, also im Meer. Zwar sind die Kosten der Tiefseeförderung mit sieben bis acht US-Dollar pro Barrel ungefähr doppelt so hoch wie in Saudi-Arabien. Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied zur Erdölförderung im Mittleren Osten, erklärt der französische Energieexperte Jean-Pierre Favennec:

    "In Saudi-Arabien beutet allein die SAUDI ARAMCO, also ein saudisches Unternehmen, die Vorkommen aus. Die anderen Firmen haben lediglich das Recht, Erdöl zu kaufen. Im Golf von Guinea sind es die großen Erdölkonzerne selbst, - ExxonMobil, ChevronTexaco, BP, Shell, Total - die das Öl herausholen. Und wenn man zum Beispiel von einem Preis um die 25 Dollar pro Barrel ausgeht und die Förderkosten betragen 7 bis 8 Dollar, dann bleibt immer noch ein Gewinn von 18 Dollar, der geteilt wird."

    Die westafrikanischen Staaten stehen vor einem wahren Investitionsboom. In den nächsten Jahren soll sich die Ölförderung von derzeit knapp vier Millionen Barrel pro Tag fast verdoppeln. Die US-amerikanische Hilfsorganisation Catholic Relief Services hat recherchiert und addiert: Bis zum Jahr 2010 wollen ausländische Energiekonzerne - vor allem US-amerikanische Unternehmen - in der Subsahara-Region 50 Mrd. Dollar investieren. Konservativ berechnet bedeute das für die afrikanischen Staaten Öleinnahmen in Höhe von 200 Mrd. Dollar in der nächsten Dekade.

    Für Deutschland spielt West-Afrika als Energielieferant keine Rolle. Hiesige Unternehmen sind nicht in der Ölförderung aktiv und Deutschland importiert Erdöl vor allem aus Norwegen, Großbritannien und Russland. Auch Libyen ist ein nicht unbedeutender Lieferant. Nach Ansicht von Bianca Buchmann, Vorsitzende des Afrika-Vereins und selbst als Unternehmerin in der Region tätig, könnten deutsche Unternehmen aber sehr wohl am Boom am Golf von Guinea teilhaben:

    "Davon können - je nachdem, welche Bereiche man betrachtet - zum einen die Konsumgüterindustrie profitieren, weil man nicht davon ausgehen kann, dass Erdölreichtum gleich verteilt ist, aber es sind natürlich auch echte Investitionsgüter im Zuliefer-Bereich. Oder - ich bin im Gesundheitswesen tätig - eine Regierung gerät auch unter Zugzwang, wenn sie reicher wird, beispielsweise etwas im sozialen Bereich zu tun."

    Das wäre in der Tat bitter nötig. Der Ölreichtum hat nur wenigen Menschen am Golf von Guinea Sicherheit und Wohlstand verschafft. Nigeria gilt als durch und durch korrupt. Diejenigen, die dort in den letzten 25 Jahren an der Macht waren - meist Militärdiktatoren - haben über das Ölgeschäft rund 300 Milliarden Dollar eingenommen. Die Mehrheit der Nigerianer hat jedoch weniger als einen Dollar am Tag zum Überleben. Immer wieder kommt es in den Ölregionen zu Aufständen und ethnischen Auseinandersetzungen im Streit darum, wer nun vom Ölreichtum profitiere und unter den Umweltschäden gelitten habe. Die Elite von Gabun habe es vorübergehend zum weltweit höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Champagner gebracht, berichtete die Wochenzeitung "DIE ZEIT". Auf dem Barometer für Lebensqualität, dem Human Development Index der Vereinten Nationen, bringt es das Land jedoch nur auf Platz 109.

    In Angola nährten die Öleinnahmen bis 2002 einen über 27jährigen Bürgerkrieg. In der Hauptstadt Luanda drängeln sich seit der Abschaffung des Sozialismus Anfang der 90er Jahre nagelneue, teure Geländewagen auf den Straßen, aber in den öffentlichen Krankenhäusern sterben Kinder an banalen Krankheiten. Vier Millionen Angolaner - ein Drittel der Bevölkerung - sind heute noch auf internationale Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

    Und dem Staatschef der bislang bitterarmen Inselgruppe Sao Tomé e Principe verschafften die prognostizierten Ölvorkommen zwar die seltene Ehre einer persönlichen Audienz bei US-Präsident George W. Bush, der vorausgesagte Reichtum war aber vermutlich auch mit ein Grund für einen Putschversuch im Juli, der glücklicherweise unblutig endete.

    Das Problem: Die Erdölwirtschaft arbeitet häufig isoliert von der Gesamtwirtschaft, und die off-shore-Förderung erlaubt den ungestörten Betrieb der Anlagen, selbst wenn Aufständische protestieren oder Bürgerkrieg herrscht. Der Ölkonzern Chevron wirbt zwar auf seiner Internet-Seite mit dem hohen Anteil an Arbeitsplätzen, die er in Angola für Einheimische geschaffen hat. Aber Nichtregierungsorganisationen wie Christian Aid beklagen, dass es sich beispielsweise in der Öl-Provinz Cabinda vorwiegend um Jobs als Fahrer handelt, Köche oder Gärtner. Den Afrika-Experten Wolf-Christian Paes wundert dies nicht:

    "Im Zusammenhang mit der Ölförderung spricht man von einer sogenannten Inselwirtschaft. D.h. der Ölsektor ist relativ isoliert vom Rest der Volkswirtschaft. Das hat einerseits damit zu tun, dass es sich um eine Förderung handelt, die off-shore passiert, also auf Bohrinseln im Meer, aber auch damit, dass diese Industrien mehr oder weniger autark sind: Also selbst die Cola-Dosen, die auf den Ölinseln von den Ölarbeitern getrunken werden, kommen häufig aus dem Ausland - es gibt direkte Versorgungsflüge; wenn die Ölarbeiter ein freies Wochenende nehmen, dann fliegen sie nach Hause oder nach Europa oder woanders hin, bleiben aber in der Regel nicht im Land selbst. Dazu kommt noch, dass ein relativ kleiner Anteil der Beschäftigten auf den Plattformen tatsächlich Einheimische sind. Das hängt einerseits damit zusammen, dass es sich um sehr spezialisierte Fähigkeiten handelt, die es häufig in dem Land selbst nicht gibt, auf der anderen Seite aber auch damit, dass die Unternehmen sehr stark internationalisiert sind."

    Auch schlichtes Desinteresse der heimischen Eliten, den Ölreichtum produktiv für die Volkswirtschaft zu nutzen, ist ein Grund für die desolaten Zustände. In Nigeria gebe es zwar ausreichend Kapazitäten, beobachtet Jean-Pierre Favennec, aber:

    "Im Sonderfall Nigeria existieren zwar große Raffinerien, die das ganze Land mit verarbeiteten Erdölprodukten versorgen könnten, aber die Nigerianer ziehen es vor, alles Rohöl zu exportieren, um es dann verarbeitet zu reimportieren. Aber da es ihnen nicht gelingt, ausreichend Treibstoff einzuführen, kommt es immer wieder zu Benzinknappheit."

    Petrodollars finanzieren in den westafrikanischen Staaten fast den gesamten Staatshaushalt und sie stehen für den Löwenanteil der Deviseneinnahmen. Der Ölboom bescherte dem kleinen Land Äquatorialguinea im Jahr 2001 ein Wachstum des Bruttosozialprodukts von 70 Prozent. Das Ölgeschäft selbst spielt sich unter größter Vertraulichkeit ab. Fatal wird es, wenn dabei Ölreichtum, schwache Regierungen und korrupte Eliten zusammentreffen. Zum Beispiel in Angola: Nach Berechnungen des IWF verschwanden in den letzten Jahren aus den öffentlichen Kassen 4,5 Mrd. US-Dollar an Öleinnahmen. Die Verantwortlichen versuchten den Verlust mit Fehlberechnungen und Wechselkursschwankungen zu begründen. Tatsächlich mag ein Mangel an versierten Finanzpolitikern eine Rolle gespielt haben, aber dennoch trifft diese Erklärung weder bei Angolas Bevölkerung noch im Ausland auf großen Glauben. Der Verdacht auf illegale Transaktionen führte bereits zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Angola und der Schweiz, berichtet Arvind Ganesan von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch:

    "Es verschwindet einfach viel Geld. Und vieles spricht klar dafür, dass ein Teil des Geldes illegal oder unethisch verwendet wird. So haben beispielsweise Schweizer Behörden vergangenes Jahr 700 Millionen US-Dollar eingefroren. Dabei ging es um einen Deal in Verbindung mit Russland, Waffen und Schulden. In Angola wurde der Fall heftig diskutiert. Die Schweizer Behörden rechtfertigten ihr Handeln u.a. damit, dass in diesen Deal angolanische Regierungsmitglieder verwickelt seien, aber sie nannten keine Namen."

    Dass der Geldsegen aus dem Ölgeschäft bisher nichts an den elenden Lebensbedingungen der eigenen Bevölkerung geändert hat, rechtfertigen Angolas Eliten mit dem Bürgerkrieg gegen die Rebellenorganisation UNITA, die viele Jahre lang die Unterstützung des rassistischen Südafrika und des antikommunistischen Westens genoss. Teresa Cohen, Ärztin und prominente Vertreterin der ehemals sozialistischen Regierungspartei MPLA:

    "Wir mussten in unsere Verteidigung, in unser Überleben investieren. Und vergessen Sie bei allen Vorwürfen nicht, dass wir gar nicht in Bildung investieren konnten. Wir wurden unabhängig, hatten keine Lehrer und befanden uns im Krieg. 1975 gab es sieben schwarze Ärzte in Angola, heute sind wir über 300. Die Regierung hat im Ausland Stipendien finanziert, weil eine Ausbildung bei uns nicht möglich war. Ja, wir haben unser Geld in Waffen gesteckt, in unsere Verteidigung - aber hätten wir das nicht getan, säßen wir hier nicht."

    Doch mit dem Tod von Rebellenführer Jonas Savimbi vergangenes Jahr ist der Bürgerkrieg nun endgültig zu Ende. Damit fallen auch alle Sicherheitsargumente weg, mit denen sich Angolas Regierung allzu oft einer parlamentarischen und zivilgesellschaftlichen Kontrolle entzog. Angolanische Menschenrechtsorganisationen haben sich mit dem IWF und dem Parlament verbündet und die Verabschiedung des Staatshaushaltes auf gesetzlicher Basis durchgesetzt. Die Regierung und die staatliche Ölfirma Sonangol sollen demnächst Rechenschaft über Einnahmen und Ausgaben ablegen müssen, fordert Kinsukulu Landu Kama, Sprecher des NGO-Zusammenschlusses Jubileu 2000.

    "Weder Sonangol noch die angolanische Regierung können noch dürfen so weitermachen wie bisher. Ich sage: Können und dürfen nicht, weil sie in Wirklichkeit falsche Probleme vorschieben. Nehmen wir den Fall der norwegischen Ölfirma Norsk Hydro. Wenn Sie wissen wollen, was die ausgegeben haben, dann fahren Sie nach Norwegen und da liegt alles veröffentlicht vor. Abgesehen davon fordert keiner die Veröffentlichung von strategischen Details der Verträge und Geschäfte. Man bittet lediglich darum, zu sagen: da, soviel haben wir für diesen Vorgang gezahlt, für diese Ölmenge, produziert wurde soviel und im Gegenzug haben wir soviel gezahlt."

    Angesichts der krassen Armut in den westafrikanischen Ölstaaten wächst auch von außen der Druck, Licht in das Dunkel der Ölgeschäfte zu bringen. Bislang schlüsseln nur wenige multinationale Unternehmen ihre öffentlichen Angaben nach Ländern auf. Im Juni 2002 brachten deshalb der Multimilliardär George Soros und 130 Nichtregierungsorganisationen die Initiative "Publish what you pay" auf den Weg: Sie würden am liebsten alle Bergbau- und Ölfirmen dazu verpflichten, ihre Zahlungen öffentlich zu machen. Ein Jahr später, im Juni 2003, lud Großbritanniens Regierungschef Tony Blair zahlreiche Konzerne zu seiner "Extractive Industries Transparency Initiative" (EITI) ein - mit einem wichtigen Unterschied: Blair will es den Unternehmen freiwillig überlassen, ob sie Länderberichte verfassen.

    Es ist allerdings fraglich, ob Freiwilligkeit bei der Offenlegung der Konten tatsächlich weiterführt: Wer wird sich schon als einziger zu mehr Transparenz bekennen, wenn er damit seinen Konkurrenten Marktvorteile einräumt? Zudem befürchtet mancher Ölkonzern, anhand der Zahlen könnten Verhandlungsdetails und Wettbewerbsposition abgeleitet werden.

    Bianca Buchmann, Unternehmerin und Vorsitzende des deutschen Afrika-Vereins plädiert wie Tony Blair für eine freiwillige Offenlegung der Geschäftsinhalte. Grundsätzlich gelte jedoch:

    "Da, wo Sie durchschaubare Politik haben, da wo Sie eine Bewegung in Richtung Demokratie haben, wo Sie Kontrolle haben, sind letztendlich mittel- und langfristig die Chancen für Wirtschaft und Investitionen gegeben. Es mag immer einzelne Firmen geben, die vielleicht geradezu von chaotischen Verhältnissen mehr profitieren, aber insgesamt ist es nicht die Basis für Entwicklung und nicht die Basis für Investitionen."

    Allerdings versuchte bislang nur ein einziger Multi, seine Transaktionen offenzulegen - was sich als Bumerang erwies, berichtet Muzong Kodi, Geschäftsführer der Antikorruptionsorganisation Transparency International.

    "Das Beispiel, was wir kennen, ist der Fall British Petroleum. BP kündigte 2001 die Absicht an, seine Zahlungen an die angolanische Regierung zu veröffentlichen. Darauf hat die staatliche Erdölfirma Sonangol sehr harsch reagiert und BP und seine Interessen in der Region bedroht. BP bekam kalte Füße, veröffentlichte nichts mehr und seither hat es nicht ein einziger Ölkonzern gewagt, eine ähnliche Initiative auch nur anzukündigen. Jetzt herrscht viel Widerstand und viel Furcht."

    Die Drohung der angolanischen Regierung muss an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig gelassen haben: Ein Radio-Interview zur Ölförderung am Golf von Guinea und der Offenlegungskampagne war von BP nicht zu erhalten.

    Der Konzern ExxonMobil unterstützt nach eigenem Bekenntnis die Blair-Initiative, sagt aber, dass ihm aufgrund der Verträge mit den westafrikanischen Staaten die Hände gebunden seien. Pressesprecher Karl-Heinz Schult-Bornemann:

    "Es ist ein typisches Merkmal dieser Vereinbarungen, dass die Staaten verlangen, dass diese Zahlungen nicht offengelegt werden. Es gibt wesentlich mehr Vereinbarungen dieser Art, die ausdrücklich Vertraulichkeit vorschreiben und wenn wir das unterzeichnet haben, dann halten wir uns auch daran."

    Schult-Bornemann glaubt, dass es auch andere Wege gäbe als die Offenlegung von Zahlungen. Als ExxonMobil den Einstieg in die Ölförderung im Tschad und den Bau einer 1200 Kilometer langen Pipeline vom Förderort bis an die kamerunische Küste bekannt gab, bekam der Multi heftige Kritik zu hören von Entwicklungs- wie auch Umweltorganisationen. Diese befürchteten, dass die Öleinnahmen es der herrschenden Elite nur leichter machen würden, Oppositionelle und Aufständische zu unterdrücken. Darüber hinaus führt die Pipeline durch schützenswerte Wälder. Da beschloss der Konzern gemeinsam mit den Mitbetreibern Petronas und ChevronTexaco, die Weltbank einzuschalten:

    "An der ganzen Erschließungsaktion im Tschad ist die Weltbank mit einem Kredit von rund 3 Prozent der Gesamtinvestitionssumme, den sie dem Tschad gegeben hat, beteiligt. Diese drei Prozent hätten wir selbstverständlich auch selbst aufbringen können, nur war es sehr wichtig, dass sich die Weltbank hier engagiert hat, weil in diesem Fall eine - wie ich meine - zukunftsweisende Regelung gefunden wurde: Man hat nämlich ein von der Regierung unabhängiges Komitee eingesetzt, dass den Rückfluss der gezahlten Gelder überwachen soll. Die stellen einmal fest: Ist gezahlt worden? An wen ist gezahlt worden und ist es wirklich so, dass das Geld, was jetzt an Gebühren für die Förderung bezahlt wird, wirklich der Bevölkerung zugute kommt? Das ist im Grunde genommen ein Eingriff in die Hoheitsrechte dieses Staates, den wir als Privatunternehmen niemals hingekriegt haben."

    Entwicklungsexperten weisen allerdings darauf hin, dass dieses Pilotprojekt sich erst noch in der Praxis bewähren muss. Muzong Kodi von Transparency International setzt dagegen weiter auf sanften Druck, auch um möglicher Korruption im Ölgeschäft den Boden zu entziehen:

    "Eine Überlegung lautet, den Gesetzgeber in den Heimatländern der Ölfirmen dazu zu bringen, dass die Veröffentlichung solcher Zahlungen verpflichtend sind. Auch könnte die Vergabe von Exportkrediten an Öl- und Bergbaufirmen an eine Veröffentlichungspflicht gebunden werden. Das würde entsprechenden Druck auf die Firmen ausüben, solche Informationen zugänglich zu machen."

    Nicht auszuschließen ist, dass bei einer Offenlegung der Zahlungen mancher Vertrag zwischen Regierung und ausländischen Konzern hinterfragt werden könnte, nämlich ob er nicht zum Schaden des betroffenen Staatshaushaltes formuliert wurde - wie geschehen im Inselstaat Sao Tomé e Principe. Wolf-Christian Paes vom Internationalen Konversionszentrum Bonn - BICC:

    "Die Frage ist ja, wie gestalten Sie diese Verträge zwischen Unternehmen und Regierungen. In vielen Ländern ist es so, dass eine staatliche Erdölfirma - das gilt für fast alle Staaten am Golf von Guinea - für die Produktion zuständig ist, diese Firmen aber häufig nur leere Hüllen sind, so dass sie gar nicht die technische Expertise haben, um off-shore zu fördern und auch nicht das Geld, um die Exploration zu bezahlen. Und dann lässt man sich auf Profit-Sharing-Agreements ein - wo so eine Art Joint Venture gegründet wird, wo pro forma die nationale Ölgesellschaft 10 Prozent hält und 90 Prozent die internationalen Firmen, und dass man halt einen Teil der Erlöse mit dieser nationalen Firma teilt."

    It takes two to tango, sagt ein englisches Sprichwort. Und ein angolanisches Sprichwort lautet: Ein Huhn, das Eier legt, bringt keiner um.

    "Die Angolaner wissen um den Reichtum und das Entwicklungspotential, das das Land hätte, aber sie haben nie etwas davon gehabt, die Mehrheit lebt im Elend und deshalb glauben sie nicht mehr daran, dass dieser Ölreichtum etwas an ihrem Elend ändern wird. Das ist das Gefühl der Angolaner."

    Unter den Ölfirmen gebe es sicher solche und solche, fügt der Angolaner Kinsukulu Landu Kama hinzu. Aber alle - Ölförderer wie auch seine Regierung hätten ungeachtet der Armut und des Krieges im Lande lange von der instabilen Situation profitiert.