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Schweizer Bundesanwalt
Umstrittener FIFA-Ermittler Michael Lauber bietet Rücktritt an

Bundesanwalt Michael Lauber hat ein vernichtendes Urteil des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts zu seiner Amtsführung kassiert und den Rücktritt angeboten. Damit zieht sich die Schlinge auch um FIFA-Präsident Gianni Infantino zu.

Von Thomas Kistner | 24.07.2020
Foto vom oberste Strafermittler der Schweiz, Michael Lauber, bei einer Pressekonferenz durch zwei Journalisten hindurch
Dem Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber wird vorgeworfen, seine Amtspflichten verletzt und die Unwahrheit gesagt zu haben. Hintergrund waren Geheimtreffen Laubers mit FIFA-Boss Gianni Infantino. (picture alliance / dpa / Marcel Bier)
Denn der Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA war Laubers Gesprächspartner bei mindestens drei geheimen Treffen, die der Chefankläger nicht protokolliert hatte, und deren letztes, im Juni 2017, alle vier Teilnehmer sogar kollektiv vergessen haben wollen.
Das Gericht urteilte nun, dass Lauber seine Amts- und Treuepflicht schwer verletzt habe, indem er "vorsätzlich die Unwahrheit" gesagt und eines der Treffen mit Infantino sogar "bewusst verschwiegen" habe. Lauber wies bei seinem Rückzug zwar "die Unterstellung der Lüge" zurück, räumte aber ein, dass es der Strafbehörde schade, wenn man ihm als Bundesanwalt nicht mehr glaube.
FIFA-President Gianni Infantino hätl beim 44. UEFA-Kongress in Amsterdam eine Rede
Sonderermittler soll Strafanzeigen gegen Infantino prüfen
Die Schweizer Kantonsjustiz Bern hat beantragt, einen außerordentlichen Bundesanwalt einzusetzen, um Strafanzeigen gegen FIFA-Chef Gianni Infantino zu prüfen. Es könnte eng werden für den FIFA-Chef, sagte SZ-Sportredakteur Thomas Kistner im Dlf.
Für Infantino wird es prekär
Das klare Lügen-Urteil des Bundesgerichts ist gleichzeitig auch eine gefährliche Entwicklung für FIFA-Boss Infantino, denn dieser Umstand allein würde nach den Statuten schon ein Ermittlungsverfahren des FIFA-Ethikkomitees gegen ihn rechtfertigen.
Aber Infantinos Lage ist noch prekärer: In der Schweiz wurde gerade einen Sonderstaatsanwalt eingesetzt, um über die Eröffnung einer Strafermittlung gegen ihn und Lauber wegen Verletzung von Amtsgeheimnissen und der Anstiftung dazu zu entscheiden.
FIFA-Präsident Gianni Infantino bei einer Pressekonferenz in San Jose, Costa Rica, am 19. November 2019.
FIFA-Präsident Gianni Infantino droht Suspendierung
Die Schweizer Justiz hat einen Sonderstaatsanwalt eingesetzt: Er soll Strafanzeigen gegen Fifa-Präsident Gianni Infantino und den Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber prüfen.
Der FIFA-Präsident könnte suspendiert werden
Dieser Sonderermittler, Stefan Frei aus Obwalden, kann auf Mails zurückgreifen, in denen Infantino bekundet, dass er bei einem der Treffen mit Lauber seine ganz persönlichen Interessen vertreten wolle – damals hatte die Bundesanwaltschaft gerade in Infantinos engstem Berufsumfeld ermittelt.
Neben den belastenden Mails liegt dem Verfahrensprüfer nun also ein höchstrichterliches Urteil zu Lauber vor, das im Kontext auch Infantino der vorsätzlichen Unwahrheit und der Absprache dazu bezichtigt. Sollte Frei ein Verfahren eröffnen, müsste dies zu einer Suspendierung Infantinos durch die Fifa-Ethiker führen. Dann bräuchte der Weltverband einen neuen Präsidenten.