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Schweizer Bundesanwalt
Wird Lauber trotz FIFA-Verwicklungen wiedergewählt?

Am Mittwoch (25.9.19) entscheidet das Schweizer Parlament, ob Michael Lauber als Bundesanwalt wiedergewählt werden kann. Für viele ist Lauber durch seinen Umgang mit Fußball-Ermittlungen nicht tragbar. Für diesen Bereich hat ein Gericht ihn bereits in den Ausstand geschickt.

Von Thomas Kistner | 24.09.2019
Foto vom oberste Strafermittler der Schweiz, Michael Lauber, bei einer Pressekonferenz durch zwei Journalisten hindurch
Wie nah steht der oberste Strafermittler der Schweiz, Michael Lauber, FIFA-Chef Gianni Infantino? (picture alliance / dpa / Marcel Bier)
Der Chef der Bundesanwaltschaft hielt 2016 und 2017 mindestens drei Treffen mit FIFA-Präsident Gianni Infantino ab, die er alle nicht protokollieren ließ. Noch absurder: Das bestens belegte dritte Meeting im Juni 2017 in einem Berner Hotel fand direkt neben der Botschaft Katars statt und weder Lauber noch Infantino können oder wollen sich daran erinnern. Gegenüber der Justizaufsichtsbehörde konnten Lauber, Infantino und zwei weitere Teilnehmer diesen kollektiven Gedächtnisverlust nicht plausibel begründen.
Weil Lauber die Gesprächsinhalte nicht protokollierte und ein Treffen sogar vergessen haben will, liegen fragwürdige Motive auf der Hand. Denn zwei der Treffen fanden in Infantinos ersten Amtswochen in der Fifa statt. Damals war der Schweizer nur als Platzhalter für seinen früheren Chef bei der UEFA, Michel Platini, angetreten. Der Franzose hätte den FIFA-Thron übernehmen sollen, jedoch hing er als Auskunftsperson in einem eher banalen Verfahren der Bundesanwaltschaft fest und war deshalb im Fußball suspendiert. Merkwürdigerweise blieb diese Ermittlung nun seit 2015 unbehandelt und einfach auf Eis liegen – wäre sie beendet worden, hätte Platini sofort seine Ansprüche auf die Fifa-Spitze geltend gemacht.
FIFA-Präsident Gianni Infantino guckt nachdenklich bei einer Pressekonferenz bei einem FIFA-Treffen in Miami
FIFA-Präsident Gianni Infantino (picture alliance / newscom / Gary I Rothstein )
Im Eiltempo handelte die Bundesanwaltschaft hingegen eine andere Ermittlung ab. Eine, die Infantino ganz direkt betraf. Als früherer Direktor der europäischen Fußballverbandes UEFA hatte er einen dubiosen TV-Rechtevertrag mit südamerikanischen Rechtehändlern abgesegnet, der letzteren einen hohen Profit bescherte. Nach einer Razzia an Infantinos altem Arbeitsplatz UEFA wurde das Verfahren nur Tage vor Laubers zweitem Treff mit dem neuen FIFA-Boss eröffnet, geführt wurde es aber nur gegen Unbekannt.
Infantino, der diesen für die UEFA so miserablen Vertrag mit zwei im FIFA-Komplex verurteilten Rechtehändlern abgezeichnet hatte, wurde darin nicht einmal als Auskunftsperson behandelt. Wäre dies passiert, hätte er als FIFA-Präsident suspendiert werden müssen. Bizarrerweise aber hat die Bundesanwaltschaft den Vertragsunterzeichner Infantino nicht einmal einvernommen. Stattdessen beendete sie das Verfahren 2017 geräuschlos – und mit origineller Begründung: Die UEFA habe nicht wissen können, dass die Südamerikaner beim Weiterverkauf ihrer Rechte fast das Vierfache erlösten. Als gäbe es keine Treue-Verpflichtung, für solche Rechtegeschäfte Märkte zu sondieren und Profite über Beteiligungsklauseln mitzunehmen. Wird Lauber wiedergewählt, dürften in der FIFA also die Korken knallen.