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Schwieriger Kampf gegen die Steuerflucht

Im Kampf gegen Steuerhinterziehung kommt die EU zu keinem Ergebnis. Immer noch sperren sich einige Länder gegen verbindliche Regelungen. Die Banken zeigen sich kooperativer, da sie auf Marktzugang angewiesen sind. Doch der mangelnde politische Wille in der EU bremst eine schnelle Lösung aus.

Von Alois Berger | 21.05.2013
    Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist nicht einzige, der ein paar Millionen im Ausland angelegt hat, um sie vor dem Finanzamt zu verstecken. Doch während Hoeneß die Sache inzwischen bereut und sich selbst angezeigt hat, bauen andere EU-Bürger nach wie vor darauf, nicht erwischt zu werden. Die EU-Kommission in Brüssel schätzt, dass den 27 EU-Staaten dadurch rund eine Billion Euro an Steuereinnahmen entgeht. Die Kommission hält Steuerflucht nicht nur für unfair, sie warnt, Steuerflucht verschärfe die Krise in Europa. Staaten wie Griechenland oder Zypern hätten weit weniger Probleme, wenn die Reichen ihr Vermögen nicht so einfach im Ausland verstecken könnten. Beim EU-Gipfel morgen in Brüssel wollen die Regierungschefs deshalb das Netz gegen Steuerbetrüger ein gutes Stück enger ziehen.

    Der Zeitpunkt sei günstig, fand auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble letzte Woche in Brüssel, wo die 27 Finanzminister der EU die Steuerinitiative vorbereiteten:

    "Alle sind der Meinung, dass das jetzt eingetretene Momentum durch die internationale Entwicklung, insbesondere eben durch die amerikanische Initiative, genützt werden soll."

    Steuerflucht war für Finanzminister überall auf der Welt lange Zeit ein Problem, das irgendwie nicht zu packen war. Zu viele Steueroasen, zu viele Ausweichmöglichkeiten für Steuerbetrüger, zu wenig Zugriff auf die oft entfernten Fluchtorte. Und zu wenig Anerkennung und Ehre für den Kampf gegen Steuerbetrug. Doch die Finanzkrise hat die öffentliche Meinung zur Steuerhinterziehung deutlich verändert. Wenn bei Kindergärten und Krankenhäusern, an Renten und Sozialausgaben gespart wird, dann ist es eben kein Kavaliersdelikt mehr, wenn ausgerechnet die Wohlhabenderen ihre Steuern nicht bezahlen. Zugleich haben die Steuer-CDs und die an die Öffentlichkeit gelangten Insider-Informationen aus der Schweiz, aus Liechtenstein und anderen Steueroasen einer staunenden Öffentlichkeit das gewaltige Ausmaß von Steuerhinterziehung vor Augen geführt.

    Den größten Einfluss auf den Bewusstseinswandel von Europas Finanzministern aber hat das zunehmend harte Vorgehen der US-amerikanischen Regierung gegen Steueroasen - und der erstaunliche Erfolg dieser ruppigen Gangart.

    Zum Beispiel in der Schweiz. Seit die US-Behörden vor sechs Jahren überraschend eine Steuer-Untersuchung gegen die Schweizer Großbank UBS eingeleitet haben, hat Washington den Druck auf die eidgenössischen Banken kontinuierlich erhöht. Am Ende zahlte die UBS 780 Millionen Dollar Strafe und musste zudem die Namen von 4450 US-Bürgern herausrücken, die ihr Geld in der Schweiz angelegt hatten. Den Erfolg hatte ein Strategiewechsel gebracht: Statt wie bisher auf die Regierung einzuwirken, hatten die US-Fahnder die Banken direkt ins Visier genommen.

    Vergeblich pocht die Schweiz seither auf ihr Bankgeheimnis, auf ihre Souveränität und auf ihre Rechtschaffenheit. Anders als die europäischen Nachbarn zeigt sich Washington unbeeindruckt. Spätestens ab 2014 müssen Schweizer Banken praktisch alle ihre US-Kunden nach Washington melden. Wer nicht spurt, wird vom US-Markt ausgeschlossen. Vielen Schweizer Banken drohen zudem millionenschwere Bußgelder wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
    Für das Geschäft in Europa hofft die Regierung in Bern dagegen weiterhin auf die Uneinigkeit der EU-Länder bei ihrem Versuch, sich ähnlich harter Bandagen zu bedienen wie die USA. Viele Schweizer Bankvorstände sind da längst weiter. Es habe keinen Sinn, weiterhin zu mauern, meint etwa Eric Sarasin von der Privatbank Sarasin:

    "Die deutsche Politik will das ja schon lange, den Informationsaustausch, und jetzt sind wir wieder soweit, dass wir uns an den Tisch setzen müssen und eine Lösung finden müssen, sonst können wir in die Richtung gehen, dass wir in eine ähnliche Situation kommen zwischen Deutschland und der Schweiz wie mit den USA, und das wäre dann sehr belastend und bedauerlich."
    Die Steuer-CDs mit den derzeit noch geheimen Kundendaten haben das Schweizer Bankgeheimnis angeschlagen, das kompromisslose Vorgehen der US-Regierung die Schweizer Bastion geschleift. Foreign Account Tax Compliance Act heißt das Gesetz, mit dem die USA seit 2010 sämtliche Steueroasen dieser Erde unter Druck setzen. Dieses Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung sieht vor, dass alle ausländischen Geldinstitute Daten über ihre US-Kunden liefern müssen. Macht eine Bank nicht mit, zahlt sie 30 Prozent Quellensteuer auf alle Geldüberweisungen aus den USA. Von jedem Dollar, den jemand über diese Bank dann aus den USA in die Schweiz, nach Lichtenstein oder auf die Bahamas überweist, kommen am Ende nur noch 70 Cent an.

    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat sich mit einigen europäischen Kollegen nun an dieses US-Gesetz gehängt. Gemeinsam mit den Finanzministern aus Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien hat er im Februar eine Erklärung mit den USA unterzeichnet, die eine enge Zusammenarbeit der Steuerbehörden vorsieht. Fabian Zuleeg, Chefökonom des European Policy Center in Brüssel:

    "In vielen Ländern hat man das Gefühl, dass die Reicheren nicht genug an den Folgen der Krise gezahlt haben und dass sie zum Teil ihre Gelder im Ausland versteckt haben. Das heißt, da ist jetzt eine politisch-moralische Empfindung da, dass man was in diesem Bereich machen muss."
    Den fünf EU-Staaten geht es längst nicht nur um die Kooperation mit den USA. Die gemeinsame Erklärung der fünf größten EU-Länder soll vor allem den Steueroasen innerhalb der EU signalisieren, dass die Zeit der Hinhaltetaktik vorbei ist. Dass die Fünf, wenn es zu keiner Einigung der 27 EU-Staaten kommt, notfalls im Alleingang eine schärfere Gangart einschlagen wollen, um Steuerbetrug einzudämmen. Das Ziel des Bundesfinanzministers ist klar: Innerhalb der Europäischen Union sollen sich die Steuerbehörden künftig automatisch und lückenlos über Kapitalerträge von Bürgern der EU gegenseitig informieren:

    "Das ist ja das, was wir fünf, oder wir sechs - der polnische Kollege hat sich ja in Dublin spontan angeschlossen unserer Initiative - dort vorgeschlagen haben. Insofern glaube ich, hat das die ganze Geschichte gut vorangebracht."

    Das war am Dienstag letzter Woche. Stundenlang hatten die 27 Finanzminister im fünften Stock des EU-Ministerrates in Brüssel über eine gemeinsame Strategie gegen Steuerflucht gesprochen. Doch als Wolfgang Schäuble dann im Keller den wartenden Journalisten stolz vom historischen Durchbruch berichtete, hörte sich das Ergebnis auf einer anderen Pressekonferenz ein paar Türen weiter etwas anders an:

    "Wir sind Finanzminister, wir sind Bürger, wir glauben, dass Steuern bezahlt werden müssen. Aber das muss richtig gemacht werden. Wir müssen sicherstellen, dass das Geld auch wirklich in die nationalen Haushalte fließt, und das geht nur, wenn sich auch andere Länder an dieselben Standards halten müssen."

    Der Luxemburger Finanzminister Luc Frieden goss da ordentlich Wasser in den Wein: Im Prinzip sei Luxemburg einverstanden mit dem Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden. Im Prinzip. Aber erst müsse sichergestellt sein, dass auch die Schweiz und Liechtenstein und die Kanalinseln und andere mitmachten.

    Es ist das alte Lied. Im Grunde sind sich die EU-Länder seit vielen Jahren einig, dass es weder moralisch vertretbar noch vernünftig ist, sich gegenseitig die Steuerbasis zu untergraben. Seit gut zwanzig Jahren wird deshalb in Brüssel über gemeinsame Regeln für die Zinsbesteuerung diskutiert. Doch wenn es um die Details geht, dann versucht so mancher Mitgliedsstaat, doch ein paar Schlupflöcher einzubauen, um der eigenen Finanzindustrie das traditionelle Geschäft nicht zu verderben. Als die Europäische Union vor zehn Jahren nach langen, zähen Verhandlungen endlich die Zinsrichtlinie beschloss, war das nur mit einer Reihe von Ausnahmen möglich. Seitdem informieren sich die Finanzämter in der EU zwar gegenseitig über Zinseinnahmen von EU-Bürgern. In Luxemburg und Österreich aber bleiben Kontoinhaber weiterhin geheim. Die beiden Länder erheben lediglich eine Quellensteuer und führen diese pauschal an die Heimatländer ihrer Kundschaft ab. Wo das angelegte Geld im Einzelnen herkommt, das bleibt damit weiter im Dunkeln.

    Die britische Regierung setzte ihrerseits durch, dass nur Zinsen im engeren Sinne gemeldet werden müssen. Dividenden aus Wertpapieren und Gewinne aus Finanzgeschäften werden mit Rücksicht auf die Londoner City nicht erfasst. Für die Kanalinseln wie Jersey und Guernsey und für die Isle of Man erreichte die britische Regierung einen besonders lukrativen Zwitterstatus. Die Inseln gehören zwar der englischen Krone und dürfen deshalb am europäischen Binnenmarkt teilnehmen. Steuertechnisch aber sind sie aus Sicht Großbritanniens selbstständig und, so die Darstellung der Regierung in London, könnten deshalb nicht zur Kundenauskunft verpflichtet werden. Die Inseln bilden seither ein Steuer-Biotop, in dem lichtscheue Konten besonders gut gedeihen.
    Doch das soll sich nun tatsächlich ändern. Die britische Regierung, seit der Bankenkrise in schwerer Finanznot, hat offensichtlich die Seiten gewechselt und bläst nun zur gemeinsamen Jagd auf Steuerhinterzieher. London hat sogar eingewilligt, die Meldepflicht auf Trusts und fast alle Finanzgeschäfte auszuweiten. Finanzminister George Osborne hat sich persönlich die britischen Offshore-Inseln zur Brust genommen, und die erweisen sich als offensichtlich nicht ganz so unabhängig wie bislang behauptet. Nun sind die Kanalinseln und die Isle of Man jedenfalls bereit, künftig doch Informationen über Zinserträge von Ausländern zu liefern, wie der britische Europa-Abgeordnete Timothy Kirkhope von den Tories bestätigt:

    "Das ist jetzt durch ein Abkommen möglich geworden. Denn im Endeffekt haben diese Inseln zwar eine gewisse Unabhängigkeit in Steuerfragen. Aber es gibt Abhängigkeiten etwa in Fragen der Währung oder auch der Außenpolitik. Da haben wir einen gewissen Einfluss. Deshalb war es möglich und richtig, mit den Kanalinseln ein Abkommen auszuhandeln."

    Etwas anders sieht es in Luxemburg und Österreich aus. Zwar hat Premier Jean-Claude Juncker eine Lockerung des Luxemburger Bankgeheimnisses versprochen. "Wir müssen uns am Kampf gegen Geldwäsche und Steuerbetrug beteiligen", sagte Juncker Anfang April und versprach, sich spätestens 2015 dem europäischen Steuerinformationsaustausch anzuschließen. Doch vielen in seinem Land geht das zu schnell. 40 Prozent der Luxemburger Einnahmen kommen aus dem Finanzsektor, die Attraktivität des Luxemburger Bankgeheimnisses hat einen nicht unwesentlichen Anteil am Wohlstand des kleinen Landes. Einige Regierungspolitiker versuchen deshalb, die Offenlegung der Kundendaten noch etwas hinauszuzögern oder zu begrenzen.
    Die österreichische Regierung ist noch stärker hin- und hergerissen. Das Land ist zwar international nicht ganz so bekannt als Steueroase wie Luxemburg, doch in Österreich ist das Bankgeheimnis nicht nur gesetzlich verankert, die Mehrheit der Österreicher sieht im Bankgeheimnis ein fundamentales Bürgerrecht gegenüber dem Staat. Nur bei schweren Vergehen können Finanzämter Auskunft über Sparkonten bekommen, der Verdacht auf eine einfache Steuerhinterziehung reicht normalerweise nicht aus. Dementsprechend aufgewühlt ist nun die österreichische Volksseele. Viele befürchten, dass mit dem europäischen Informationsaustausch plötzlich auch die österreichischen Finanzbehörden Einblick in ihre Vermögensverhältnisse bekommen. Der österreichische Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger war darum bemüht, die Bürger zu beruhigen - es gehe nur um Ausländer:

    "Wenn es darum geht, dass man Steuerhinterziehern, die aus dem Ausland hier in Österreich ihr Geld verstecken wollen, auf die Schliche kommt, dann sind wir zu jeder Kooperation bereit."

    Nicht alle österreichischen Politiker sind so leicht zu überzeugen wie der österreichische Außenminister. Spindeleggers konservative Parteifreundin, Finanzministerin Maria Fekter, verspricht in Funk und Fernsehen, in Brüssel weiter gegen den automatischen Informationsaustausch zu kämpfen, nicht nur über österreichische Konten, sondern auch über solche in der Schweiz oder anderswo:

    "Wir wollen beibehalten die Abkommen mit der Schweiz und mit Liechtenstein, weil wir da ja Geld bekommen. Ich möchte hier Geld kriegen und nicht Daten. Das heißt, was im Hinblick auf das, was zum Nutzen Österreichs ist, kämpfen wir darum. Und auch was die Menschen in Österreich schätzen, nämlich, dass nicht geschnüffelt wird in ihren detaillierten Banküberweisungen, Bewegungen, Sparbüchern, auch das werde ich wirklich verteidigen."

    Letzte Woche beim Finanzministertreffen in Brüssel hat sich die österreichische Finanzministerin noch einmal quer gestellt und gemeinsam mit dem Luxemburger Luc Frieden den Informationsaustausch erneut abgelehnt. Doch morgen treffen sich nicht nur die Finanzminister, sondern auch die Regierungschefs in Brüssel, und die sind schon einen Schritt weiter. Sowohl der österreichische Kanzler Faymann wie auch der Luxemburger Premier Juncker haben im Grundsatz einer Verschärfung der Zinssteuerrichtlinie bereits zugestimmt.

    Doch ob sich die Staats- und Regierungschefs tatsächlich schon morgen auf eine neue Richtlinie einigen, ist offen. Fabian Zuleeg, Chefvolkswirt beim Forschungsinstitut European Policy Center in Brüssel:

    "Für die Länder, die jetzt das Bankgeheimnis aufgeben, kann das nicht über Nacht geschehen, das wird ein, zwei Jahre dauern, damit man den Sparern, die ihr Geld in diesen Ländern haben, die Möglichkeit gibt, ihr Geld abzuziehen, wohin auch immer. Oder sich im Zweifelsfall selbst anzuzeigen bei den Steuerbehörden im Heimatland."

    Der nächste Schritt der Europäischen Union wird daher darin bestehen, auch andere Steueroasen zum Informationsaustausch über Zinserträge zu verpflichten. Letzte Woche haben die Finanzminister bereits die EU-Kommission beauftragt, mit der Schweiz und anderen Ländern Verhandlungen aufzunehmen. Sven Giegold, Steuerexperte der Grünen im Europaparlament, ist davon überzeugt, dass die Europäische Union alle wichtigen Finanzplätze zur Kooperation zwingen kann:

    "Kein Finanzplatz auf der Welt kann existieren ohne den Marktzugang zu den Ländern, wo die Menschen mit dem Geld leben und wo die Banken Geschäfte machen wollen. Das haben die Amerikaner vorgemacht mit ihrem Vorgehen, wo sie angesetzt haben an den Banken und nicht an den Ländern. Die Länder können immer sagen, wir kooperieren nicht. Die Banken können es nicht. Die brauchen den Marktzugang."

    So spüren auch die Schweizer Banken die neue Entschlossenheit der EU offenbar deutlicher als Schweizer Politiker. Viele Finanzinstitute sind längst dabei, sich auf neue Geschäftsmodelle einzustellen. Der Verwaltungsratspräsident der UBS, Axel Weber, war früher Präsident der Deutschen Bundesbank. Weber drängt deutsche Kunden, sich wie Uli Hoeneß von sich aus beim Finanzamt anzuzeigen:

    "Wir reden mit unseren Kunden, wir versuchen die Kunden davon zu überzeugen, was in ihrem ureigensten Interesse für sie sinnvoll ist. Und es ist letztendlich im Interesse unserer Kunden, hier ihre Vergangenheitsthemen zu bereinigen."

    Bei Schweizer Politikern kommt das nicht immer gut an. Vor allem die Populisten von der Schweizer Volkspartei pochen darauf, dass die Schweiz nichts Unrechtes tue, wenn sie auswärtige Bankkunden schützt. Die Argumentation, dass die Gründe für die Steuerflucht reicher Deutscher vor allem im deutschen Steuerrecht lägen, ist in der Schweiz durchaus üblich. Der Europäischen Union stehen deshalb in den nächsten Monaten zähe Verhandlungen bevor. Dabei könnten am Ende ausgerechnet die Schweizer Banken ihre Regierung zum Einlenken drängen. Für die EU-Kommission in Brüssel ist die Verschärfung der EU-Zinssteuerrichtlinie ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Steuergerechtigkeit. Im nächsten Schritt soll endlich Transparenz bei den Eigentümern von Kapitalanlagen und Investitionen geschaffen werden. Gerade die ganz großen Geldanlagen werden oft von Treuhandgesellschaften, Trusts und Scheinfirmen verwaltet, von denen niemand weiß, wer wirklich dahinter steckt.

    Allein auf den Kanalinseln verstecken sich 95 Prozent der Anleger hinter solchen Trusts und Scheinfirmen. Die dortigen Behörden behaupten bislang, sie wüssten selbst nicht, wer hinter diesen Firmenkonstrukten stehe. Genau das sei das Problem, findet der Finanzexperte der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold:

    "Wenn die jeweiligen Kanalinseln oder die Caymaninseln gar nicht wissen, wer die wirklich wirtschaftlich Begünstigten sind, dann muss man sie verpflichten, das in Erfahrung zu bringen und transparent zu machen."

    Die EU-Kommission fordert deshalb neben der Verschärfung der Zinsrichtlinie eine Überarbeitung der Geldwäsche-Richtlinie. Geldwäscher und Steuerhinterzieher bedienten sich derselben Geldkanäle und Verschleierungstaktiken. Firmen, so sieht man es in Brüssel, müssten deshalb grundsätzlich verpflichtet sein, die Klarnamen ihrer Eigentümer zu veröffentlichen.

    Doch da ist die Europäische Kommission weiter als die Finanzminister und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten. Morgen wird die Problematik beim EU-Gipfel sicher angesprochen. Doch ein politischer Wille, das Thema Unternehmenstransparenz ernsthaft anzupacken, ist bislang nicht zu erkennen: Zu viele offene Fragen, zu wenig öffentlicher Druck.