Die Amerikanerin Dara Torres ist ein Phänomen. Die Freistilsprinterin gehört auch noch im Alter von 41 Jahren zur Weltspitze. Doch ihr deutscher Trainer Michael Lohberg hat kaum die Energie, um sich darüber zu freuen. Er leidet an Blutarmut und lebt von einer Transfusion zur nächsten.
Der Plan für den letzten Juli war eigentlich ziemlich simpel. Zuerst wollte Michael Lohberg nach Singapur fliegen, wo die amerikanische Schwimmmannschaft vor den Olympischen Wettbewerben in Peking Station machte. Und dann wollte er am Beckenrand im Wasserwürfel sitzen und eines der größten Comebacks in der Geschichte der Spiele aus nächster Nähe erleben: den Versuch von Dara Torres, nach acht Jahren Pause mit 41 Jahren noch einmal Gold zu gewinnen und jene Uhr anzuhalten, die im Sport unerbittlich tickt und dafür sorgt, dass Schwimmerinnen meistens spätestens mit Mitte 20 nicht mehr mit den nachwachsenden Teenagern mithalten können.
Doch einen Tag, nachdem die Mannschaft nach Asien abgereist war, saß der Mann, der seine ersten sportlichen Erfolge beim SSF Bonn errungen hatte, in einem völlig anderen Flugzeug. In einem Privatjet, der ihn von seinem Wohnort in Florida nach Washington brachte. Dort hatte er in der Forschungsklinik des National Institutes of Health mit Glück einen Termin bei einem der besten Spezialisten des Landes erhalten. Die Zeit drängte, sagt Michael Lohberg:
"Zu dem Zeitpunkt war ich also schon so kaputt. Ich nahm überhaupt nichts mehr wahr, weil wir auch in 40.000 Fuß Höhe flogen. Da war überhaupt kein Sauerstoff mehr. Na, ja. Ich hab's dann bis dahin geschafft. Und dann haben die mich aufgenommen, und die Behandlung hat dann gestartet."
Michael Lohberg konnte von Glück sagen. Nicht nur weil die lebensbedrohliche Krankheit - die sogenannte aplastische Anämie - bei einer Untersuchung eher zufällig entdeckt worden war. Sondern weil gleich mehrere Umstände zeigten, wie ein Netzwerk aus guten Beziehungen in Amerika manchmal auch jenen hilft, die sich die Segnungen des teuren und ziemlich unsozialen Gesundheitswesens nicht leisten können. So hatte der Lebensgefährte von Dara Torres, ein Arzt, den Kontakt zum Institute of Health hergestellt. Der Freund eines Freundes lieh kostenlos den Jet. Und während Lohberg in der Klinik lag, lief an seinem Heimatort Coral Springs außerhalb von Miami eine spontane Spendenaktion an, die tausende von Dollar zusammenbrachte.
"Es ist alles okay, solange du gesund bist. Krank werden ist keine gute Geschichte hier. Da muss man sich einen anderen Platz für aussuchen. Also in dem Augenblick, in dem du durch die Tür ins Krankenhaus gehst, wird's kritisch."
Lohbergs Immunerkrankung ist ein Fall für die Forschung. Denn nicht nur hat sein Knochenmark fast komplett die Produktion von lebensnotwendigen neuen Blutzellen eingestellt. Sein Körper attackierte anfänglich auch noch jene Zellen, die ihm die Ärzte spritzten. Eine Woche später, sagte er vom Krankenbett aus dem amerikanischen Fernsehen, wäre er einfach umgekippt und tot gewesen. Dabei hatten sich die Symptome erst kurz zuvor gezeigt: bei den Qualifikationswettbewerben der US-Mannschaft in Omaha:
"Als ich bei den Trials war, da musste ich mich alle zehn Meter hinsetzen. Aber ich habe das einfach auf Überarbeitung zurückgeführt. Wir hatten jede Menge Leute, die Olympia schaffen wollten. Und dann treibt man schon mal ein bisschen Raubbau mit seinem Körper."
Für Dara Torres war die Situation im fernen Asien auch nicht einfach, auch wenn die beiden so oft wie möglich miteinander telefonierten:
"Ohne Michael ist das wirklich schwer. Wir haben fast zwei Jahre lang über nichts anderes geredet. Es kommt mir so vor, als ob ein Teil von mir nicht da ist."
Auch wenn Torres am Ende nur zweimal Silber gewann - im Einzelrennen über 50 Meter und in der Vier-mal-100-Meter-Staffel - war sie neben Michael Phelps eine der Vorzeigeathleten von Peking. Und während sie sich im Wasserwürfel bei einem harten Anschlag einen Daumen brach und nach Olympia deswegen und wegen weiterer Wehwehchen unters Messer musste, ging ihre Karriere damit nicht zu Ende. Das nächste Ziel ist die italienische Hauptstadt, wo von Mitte Juli bis Anfang August die WM stattfindet. Michael Lohberg:
"Wenn ich fit bin, dann fahren wir alle nach Rom im Sommer und gucken uns das an und können an meiner Lieblingsstelle Pizza essen. In Rom das war mein erster großer Wettkampf. Wann war der? Vor hundert Jahren. 1991. Europameisterschaften. Da war ich in Bonn. Da habe ich diesen Platz gefunden."
Ob Michael Lohberg allerdings tatsächlich nach Italien reisen und einen Abstecher in das kleine Restaurant unweit der Fontana di Trevi machen kann, steht in den Sternen. Sollte er im Sommer immer noch auf Transfusionen angewiesen sein, wird er die Wettkämpfe aus der Ferne verfolgen müssen. Immerhin kann der Schwimmtrainer schon wieder fünfmal pro Woche vom Beckenrand aus das Übungsprogramm für den Schwimmnachwuchs leiten. Wenn auch vom Rollstuhl aus, damit er keine unnötige Energie verschwendet.
Dara Torres allerdings ist auf einem guten Weg. Sie gewann vor einigen Wochen in Texas ihren ersten Wettkampf und hat ihre Zeiten seitdem weiter verbessert. Die Vorentscheidung steht für die zweite Juli-Woche an, wenn die Amerikaner in Indianapolis die Teilnehmer für die WM-Mannschaft ermitteln. Lohberg war schon vor Monaten zuversichtlich, dass die Freistilspezialistin keine Schwierigkeiten haben wird, sich zu qualifizieren.
"Ich wette, die wird schwimmen. Die anderen sind ja so furchtbar langsam hier. Die kann eine halbe Sekunde langsamer schwimmen, ist sie immer noch vorne."
Der Plan für den letzten Juli war eigentlich ziemlich simpel. Zuerst wollte Michael Lohberg nach Singapur fliegen, wo die amerikanische Schwimmmannschaft vor den Olympischen Wettbewerben in Peking Station machte. Und dann wollte er am Beckenrand im Wasserwürfel sitzen und eines der größten Comebacks in der Geschichte der Spiele aus nächster Nähe erleben: den Versuch von Dara Torres, nach acht Jahren Pause mit 41 Jahren noch einmal Gold zu gewinnen und jene Uhr anzuhalten, die im Sport unerbittlich tickt und dafür sorgt, dass Schwimmerinnen meistens spätestens mit Mitte 20 nicht mehr mit den nachwachsenden Teenagern mithalten können.
Doch einen Tag, nachdem die Mannschaft nach Asien abgereist war, saß der Mann, der seine ersten sportlichen Erfolge beim SSF Bonn errungen hatte, in einem völlig anderen Flugzeug. In einem Privatjet, der ihn von seinem Wohnort in Florida nach Washington brachte. Dort hatte er in der Forschungsklinik des National Institutes of Health mit Glück einen Termin bei einem der besten Spezialisten des Landes erhalten. Die Zeit drängte, sagt Michael Lohberg:
"Zu dem Zeitpunkt war ich also schon so kaputt. Ich nahm überhaupt nichts mehr wahr, weil wir auch in 40.000 Fuß Höhe flogen. Da war überhaupt kein Sauerstoff mehr. Na, ja. Ich hab's dann bis dahin geschafft. Und dann haben die mich aufgenommen, und die Behandlung hat dann gestartet."
Michael Lohberg konnte von Glück sagen. Nicht nur weil die lebensbedrohliche Krankheit - die sogenannte aplastische Anämie - bei einer Untersuchung eher zufällig entdeckt worden war. Sondern weil gleich mehrere Umstände zeigten, wie ein Netzwerk aus guten Beziehungen in Amerika manchmal auch jenen hilft, die sich die Segnungen des teuren und ziemlich unsozialen Gesundheitswesens nicht leisten können. So hatte der Lebensgefährte von Dara Torres, ein Arzt, den Kontakt zum Institute of Health hergestellt. Der Freund eines Freundes lieh kostenlos den Jet. Und während Lohberg in der Klinik lag, lief an seinem Heimatort Coral Springs außerhalb von Miami eine spontane Spendenaktion an, die tausende von Dollar zusammenbrachte.
"Es ist alles okay, solange du gesund bist. Krank werden ist keine gute Geschichte hier. Da muss man sich einen anderen Platz für aussuchen. Also in dem Augenblick, in dem du durch die Tür ins Krankenhaus gehst, wird's kritisch."
Lohbergs Immunerkrankung ist ein Fall für die Forschung. Denn nicht nur hat sein Knochenmark fast komplett die Produktion von lebensnotwendigen neuen Blutzellen eingestellt. Sein Körper attackierte anfänglich auch noch jene Zellen, die ihm die Ärzte spritzten. Eine Woche später, sagte er vom Krankenbett aus dem amerikanischen Fernsehen, wäre er einfach umgekippt und tot gewesen. Dabei hatten sich die Symptome erst kurz zuvor gezeigt: bei den Qualifikationswettbewerben der US-Mannschaft in Omaha:
"Als ich bei den Trials war, da musste ich mich alle zehn Meter hinsetzen. Aber ich habe das einfach auf Überarbeitung zurückgeführt. Wir hatten jede Menge Leute, die Olympia schaffen wollten. Und dann treibt man schon mal ein bisschen Raubbau mit seinem Körper."
Für Dara Torres war die Situation im fernen Asien auch nicht einfach, auch wenn die beiden so oft wie möglich miteinander telefonierten:
"Ohne Michael ist das wirklich schwer. Wir haben fast zwei Jahre lang über nichts anderes geredet. Es kommt mir so vor, als ob ein Teil von mir nicht da ist."
Auch wenn Torres am Ende nur zweimal Silber gewann - im Einzelrennen über 50 Meter und in der Vier-mal-100-Meter-Staffel - war sie neben Michael Phelps eine der Vorzeigeathleten von Peking. Und während sie sich im Wasserwürfel bei einem harten Anschlag einen Daumen brach und nach Olympia deswegen und wegen weiterer Wehwehchen unters Messer musste, ging ihre Karriere damit nicht zu Ende. Das nächste Ziel ist die italienische Hauptstadt, wo von Mitte Juli bis Anfang August die WM stattfindet. Michael Lohberg:
"Wenn ich fit bin, dann fahren wir alle nach Rom im Sommer und gucken uns das an und können an meiner Lieblingsstelle Pizza essen. In Rom das war mein erster großer Wettkampf. Wann war der? Vor hundert Jahren. 1991. Europameisterschaften. Da war ich in Bonn. Da habe ich diesen Platz gefunden."
Ob Michael Lohberg allerdings tatsächlich nach Italien reisen und einen Abstecher in das kleine Restaurant unweit der Fontana di Trevi machen kann, steht in den Sternen. Sollte er im Sommer immer noch auf Transfusionen angewiesen sein, wird er die Wettkämpfe aus der Ferne verfolgen müssen. Immerhin kann der Schwimmtrainer schon wieder fünfmal pro Woche vom Beckenrand aus das Übungsprogramm für den Schwimmnachwuchs leiten. Wenn auch vom Rollstuhl aus, damit er keine unnötige Energie verschwendet.
Dara Torres allerdings ist auf einem guten Weg. Sie gewann vor einigen Wochen in Texas ihren ersten Wettkampf und hat ihre Zeiten seitdem weiter verbessert. Die Vorentscheidung steht für die zweite Juli-Woche an, wenn die Amerikaner in Indianapolis die Teilnehmer für die WM-Mannschaft ermitteln. Lohberg war schon vor Monaten zuversichtlich, dass die Freistilspezialistin keine Schwierigkeiten haben wird, sich zu qualifizieren.
"Ich wette, die wird schwimmen. Die anderen sind ja so furchtbar langsam hier. Die kann eine halbe Sekunde langsamer schwimmen, ist sie immer noch vorne."