Bilder eines Wohnungseinzugs ... Möbel und Kisten werden getragen, Zimmer erstmals "in Besitz genommen". Man sieht ein großes Haus mit malerisch verwildertem Garten. Die Wohngegend ist gutbürgerlich in einer hübschen Schweizer Provinzstadt. Und doch bekommt die Idylle frühe Risse, ist bald klar, dass das Leben der aus Stuttgart hierherziehenden fünfköpfigen Familie eigentlich fast nur besser werden kann. Denn auch wenn draußen gerade Sommer ist, herrscht drinnen Spätherbst und in den Herzen Eiszeit.
Die 14-jährige Wanda (Maria Dragus aus "Das Weiße Band" mit einem atemberaubend intensiven Auftritt) ist die älteste Tochter. Sie ist auch die Hauptfigur dieses Films, die wir auf ihrer Erkundungstour durch ihre neue Welt begleiten. Die Familie ist gewissermaßen vor sich selbst geflohen, an einen neuen Ort. Nun soll sich alles lösen lassen. Doch der Neuanfang erstickt bald in alten Konflikten. Mutter Anna (traumwandlerisch gespielt von Nicolette Krebitz) kommt über einen Seitensprung ihres Mannes nicht hinweg; einen neuen Job findet sie auch nicht.
Wanda wiederum gelingt es nicht, an der Schule Fuß zu fassen. Sie findet keine Freundinnen und mit ihrer erwachenden Sexualität kommt sie gerade auch nicht gut zurecht. So gerät sie an seltsame Typen, wie den schrägen Nachbarsjungen, und findet sich ab und an sogar in bedrohlichen Situationen wieder.
Ihr kleiner Bruder spricht nicht mehr und irgendwann will er auch nicht mehr essen. Eines Tages wird es endgültig skurril: Anna zieht sich einfach die Decke über den Kopf und der Papa (Wolfram Koch) schläft irgendwann im Auto vor der Garage. Wanda entschließt sich, endlich etwas zu unternehmen, um aus ihrer Familie wieder ein normales, liebevolles Elternhaus mit rituellem, gemeinsamen Essen und anregenden Gesprächen zu machen. Und sei es mit Gewalt bei einem Abendessen:
"Joachim, würdest du Anna bitte fragen, wie es ihr geht!"
"Wie geht es dir, Anna?"
"Du musst jetzt wunderbar sagen!"
"Wunderbar."
"Wie war's in der Arbeit, Schatz?"
"Toll"
"Und jetzt müsst ihr euch küssen."
So wird aus diesem Familienfilm aus der Perspektive einer 14-Jährigen ein surrealer Trip voller Geheimnisse, bei dem man lange Zeit nicht genau weiß, ob es sich nun um eine Albtraumfahrt oder um heitere Kapriolen handelt - wer ist hier eigentlich verrückt? Man kann lachen und kann weinen bei dieser Kinoerzählung bei der die Vorstellung von Familie als Ort der Geborgenheit ins Wanken gerät, die Sehnsucht nach Stabilität, wie sie gerade Kinder oft empfinden, aber nie verraten wird. Zugleich geht es hier auch ums ewige Problem des Erwachsenwerdens, darum, sich selber zu finden.
Friederike Jehn, Jahrgang 1977, ist eine der interessanten Filmemacherinnen ihrer Generation. Jehns neuer Film überzeugt mit seiner sensiblen Gestaltungskraft und dem kraftvollen Spiel seiner Hauptdarsteller. Zugleich ist er reifer und schlägt noch einen größeren Bogen, als Jehns Spielfilmdebüt "Weitertanzen", mit dem sie bereits viele Preise gewann. In beiden Werken stand eine junge selbstbewusste Frauenfigur im Zentrum, die nicht so glatt wirkt, wie viele andere heutige Kinocharaktere. Was beide Figuren verbindet: Es sind innere Konflikte, aber die jungen Frauen reden nicht viel darüber.
Manchmal guckt Wanda vom Dach aus einer scheinbar glücklichen Nachbarsfamilie zu. Sie beobachtet sie genau und legt ihnen die passenden Worte in den Mund, eine Mischung aus Sarkasmus und Projektion:
Mitunter kann man in "Draußen ist Sommer" Spuren einer deutschen Variante von "American Beauty" entdecken, eines Gesellschaftsporträts im Kleinen. Jehn selbst hat sich nach eigenem Bekunden von "Züchte Raben" vom Spanier Carlos Saura inspirieren lassen. Wie dieser Film ist auch ihrer von der Melancholie einer Gruppe auf sich gestellter Kinder beherrscht, die die Sehnsucht nach der Mutter übermannt, und die zugleich das herrschaftsfreie Dasein genießen. Ähnliche Momente der Anarchie im Kleinen verbinden den Film auch mit Sofia Coppolas Debüt "The Virgin Suicides". Ein gelungener, origineller, so lustiger wie erwachsener Film - ein gutes Beispiel für die Kraft des jungen deutschen Kinos.
Die 14-jährige Wanda (Maria Dragus aus "Das Weiße Band" mit einem atemberaubend intensiven Auftritt) ist die älteste Tochter. Sie ist auch die Hauptfigur dieses Films, die wir auf ihrer Erkundungstour durch ihre neue Welt begleiten. Die Familie ist gewissermaßen vor sich selbst geflohen, an einen neuen Ort. Nun soll sich alles lösen lassen. Doch der Neuanfang erstickt bald in alten Konflikten. Mutter Anna (traumwandlerisch gespielt von Nicolette Krebitz) kommt über einen Seitensprung ihres Mannes nicht hinweg; einen neuen Job findet sie auch nicht.
Wanda wiederum gelingt es nicht, an der Schule Fuß zu fassen. Sie findet keine Freundinnen und mit ihrer erwachenden Sexualität kommt sie gerade auch nicht gut zurecht. So gerät sie an seltsame Typen, wie den schrägen Nachbarsjungen, und findet sich ab und an sogar in bedrohlichen Situationen wieder.
Ihr kleiner Bruder spricht nicht mehr und irgendwann will er auch nicht mehr essen. Eines Tages wird es endgültig skurril: Anna zieht sich einfach die Decke über den Kopf und der Papa (Wolfram Koch) schläft irgendwann im Auto vor der Garage. Wanda entschließt sich, endlich etwas zu unternehmen, um aus ihrer Familie wieder ein normales, liebevolles Elternhaus mit rituellem, gemeinsamen Essen und anregenden Gesprächen zu machen. Und sei es mit Gewalt bei einem Abendessen:
"Joachim, würdest du Anna bitte fragen, wie es ihr geht!"
"Wie geht es dir, Anna?"
"Du musst jetzt wunderbar sagen!"
"Wunderbar."
"Wie war's in der Arbeit, Schatz?"
"Toll"
"Und jetzt müsst ihr euch küssen."
So wird aus diesem Familienfilm aus der Perspektive einer 14-Jährigen ein surrealer Trip voller Geheimnisse, bei dem man lange Zeit nicht genau weiß, ob es sich nun um eine Albtraumfahrt oder um heitere Kapriolen handelt - wer ist hier eigentlich verrückt? Man kann lachen und kann weinen bei dieser Kinoerzählung bei der die Vorstellung von Familie als Ort der Geborgenheit ins Wanken gerät, die Sehnsucht nach Stabilität, wie sie gerade Kinder oft empfinden, aber nie verraten wird. Zugleich geht es hier auch ums ewige Problem des Erwachsenwerdens, darum, sich selber zu finden.
Friederike Jehn, Jahrgang 1977, ist eine der interessanten Filmemacherinnen ihrer Generation. Jehns neuer Film überzeugt mit seiner sensiblen Gestaltungskraft und dem kraftvollen Spiel seiner Hauptdarsteller. Zugleich ist er reifer und schlägt noch einen größeren Bogen, als Jehns Spielfilmdebüt "Weitertanzen", mit dem sie bereits viele Preise gewann. In beiden Werken stand eine junge selbstbewusste Frauenfigur im Zentrum, die nicht so glatt wirkt, wie viele andere heutige Kinocharaktere. Was beide Figuren verbindet: Es sind innere Konflikte, aber die jungen Frauen reden nicht viel darüber.
Manchmal guckt Wanda vom Dach aus einer scheinbar glücklichen Nachbarsfamilie zu. Sie beobachtet sie genau und legt ihnen die passenden Worte in den Mund, eine Mischung aus Sarkasmus und Projektion:
Mitunter kann man in "Draußen ist Sommer" Spuren einer deutschen Variante von "American Beauty" entdecken, eines Gesellschaftsporträts im Kleinen. Jehn selbst hat sich nach eigenem Bekunden von "Züchte Raben" vom Spanier Carlos Saura inspirieren lassen. Wie dieser Film ist auch ihrer von der Melancholie einer Gruppe auf sich gestellter Kinder beherrscht, die die Sehnsucht nach der Mutter übermannt, und die zugleich das herrschaftsfreie Dasein genießen. Ähnliche Momente der Anarchie im Kleinen verbinden den Film auch mit Sofia Coppolas Debüt "The Virgin Suicides". Ein gelungener, origineller, so lustiger wie erwachsener Film - ein gutes Beispiel für die Kraft des jungen deutschen Kinos.
