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Sehsüchte lateinamerikanisch

Es war einmal ein Filmfest der FDJ, heute ist es Europas größtes Studentenfilmfestival, organisiert von Studierenden der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Potsdam. Der Name: "Sehsüchte". Bis zum Sonntag sind insgesamt 135 Produktionen aus 37 Ländern zu sehen. Der heutige Festivaltag zeigt Filme aus Lateinamerika.

Von Claudia van Laak |
    Ein Pärchen auf der Straße. Die beiden reden miteinander, streiten sich, doch nichts ist zu hören. Das Ganze sieht aus wie eine Reihe von Fotos, die achtlos mit Klebestreifen zusammengepappt sind. Die Kamera fährt daran vorbei.

    "Der größte Reichtum dieser Arbeit besteht in der Art, wie er geschnitten ist. Nicht klassisch mit Schnitt und Gegenschnitt. Es scheint, als ob es ein Entwurf wäre und noch kein richtiger Film. Die Klebestreifen sollen diese Vorläufigkeit andeuten. Ich wollte die Zuschauer mit diesem Resultat überraschen. "

    Raue Stimme, Augenringe, die Partynächte sind lang beim Filmfestival Sehsüchte in Potsdam. Federico Lamas ist aus Buenos Aires angereist, um seinen Experimentalfilm "Roger" zu zeigen. Eine 6-Minuten-Produktion mit kleinstem Budget - selbst geschrieben, - gedreht, geschnitten und vertont. Filme zu finanzieren ist schwer in Argentinien, sagt Federico Lamas.

    "Die Möglichkeiten sind, es offiziell zu machen und eine Subvention zu beantragen. Oder - wie es die meisten machen - eine unabhängige Produktion, bei der alle zusammenarbeiten, und später muss man versuchen, den Film zu vertreiben um bezahlen zu können, was niemand vorher bezahlt hat. "

    Der 28jährige Filmemacher verdient sein Geld in einer Werbeagentur, dreht nebenbei Kurzfilme und träumt von einem großen Spielfilm. Vielleicht treffe ich hier Leute, die mir dabei helfen können, sagt der Argentinier.

    "Das wichtigste bei so einem Festival aus der professionellen Perspektive gesehen, ist, sich auf einem globalen Niveau zu vernetzen, sich auszutauschen, was ist ein guter Kurzfilm, was ist gutes Kino, neue Ideen zu bekommen, sich nicht zu wiederholen, um später interessante Sachen produzieren zu können. "

    Die Organisatoren des Festivals sind allesamt Studierende der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf.". Sehsüchte ist offizieller Teil des Studiengangs Medienwissenschaften. Sponsoren wie die Stadt Potsdam, der Rundfunk Berlin-Brandenburg oder auch private Filmproduktionsfirmen haben in diesem Jahr 10 Preise im Wert von insgesamt 38.000 Euro gestiftet. Das Auswärtige Amt spendiert 1000 Euro für den besten lateinamerikanischen Film im Wettbewerb. Henrik Riedler hat den diesjährigen Länderschwerpunkt vorbereit.

    "Wir haben geguckt, aus welcher Region bekommen wir generell keine Filme, und dann haben wir die Andenregion ausgesucht. "

    So auch "Das Geheimnis des Blutes" - ein Kurzfilm über die verklemmte Moral in einem katholischen Mädcheninternat. Kameramann ist Pablo Parra. Für ihn war es der Abschlussfilm an der Nationalen Argentinischen Filmakademie in Buenos Aires.

    "Es ist schwer, dort einen Studienplatz zu bekommen, pro Fachbereich gibt es nur 10 Stipendien. Aber wenn du Glück hast, bekommst Du drei Jahre lang ein Stipendium. Der Staat zahlt dann das Material, das Du brauchst, alles. Ich hatte großes Glück, dort studieren zu können. "

    Pablo Parra hat im letzten Jahr sein Studium beendet. Seine erste Reise nach Europa will er nutzen, um berufliche Kontakte zu knüpfen, um sich über die hiesigen Arbeitsbedingungen für Kameraleute zu informieren.

    "Für mich ist es fantastisch. Nicht nur das erste Mal in Deutschland zu sein, nein, in Europa. Ich bin beeindruckt von dem Festival. Ich kann sehen, welche Filme Studenten aus anderen Ländern machen. Ich kann Ideen austauschen, Projekte, das scheint mir fantastisch. "

    An Argentiniens Nationaler Filmakademie gibt es bislang kein Festival. Ich werde die Potsdamer Idee nach Buenos Aires tragen, verspricht Pablo Parra.

    "Wenn ich das hier so sehe, was sie auf die Beine stellen, das ist wirklich sehr inspirierend, die Studenten machen eine gute Arbeit, es wäre fantastisch, wenn wir so etwas bei uns auch machen könnten. "

    Heute Abend sitzen Federico Lamas und Pablo Parra gemeinsam mit Filmexperten auf dem Podium. Ihr Thema: "Der neue Lateinamerikanische Film."