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Sexuelle Gewalt im US-Militär angestiegen

Das amerikanische Militär hat einen relativ hohen Frauenanteil - 14,6 Prozent sind weiblich. Einer guten Bilanz bei den weiblichen Karrierechancen steht allerdings ein alarmierender Bericht über Vorfälle sexueller Übergriffe gegenüber.

Von Marcus Pindur | 14.05.2013
    Amber Koriyathi ist Fluglotsin an Bord des Flugzeugträgers USS Truman. Die junge Frau ist 28 Jahre alt, Unteroffizierin, und hat sich wie viele andere für eine Karriere bei der amerikanischen Marine entschieden, weil sie hier während ihrer Dienstzeit einen Studienabschluss erlangen kann.

    Die Marine sei außerdem ein fairer Arbeitgeber, Frauen hätten die gleichen Karrierechancen wie Männer, sagt Amber Koriyathi.

    "Ich habe während meiner Dienstzeit eher noch größere Anstrengungen der Navy gesehen, gleiche Chance für alle zu verwirklichen, basierend auf unseren Talenten. Es gibt eine ganze Reihe von Programmen, die sicherstellen sollen, dass man aufgrund seiner Leistung bewertet wird und nicht aufgrund seines Geschlechtes oder der Rasse. Chancengleichheit ist definitiv etwas, was wir bei der Navy versuchen, durchzusetzen."

    Der guten Bilanz bei den weiblichen Karrierechancen steht allerdings ein alarmierender Bericht über Vorfälle sexueller Übergriffe gegenüber. Im Jahr 2012 gab es laut US-Verteidigungsministerium 3374 Fälle, von sexueller Belästigung bis hin zur Vergewaltigung – ein Anstieg von sechs Prozent innerhalb von zwei Jahren. Für Präsident Obama völlig unakzeptabel.

    "Sexuelle Gewalt ist empörend, sie ist ein Verbrechen. Das gilt für unsere Gesellschaft und das gilt für unser Militär. Wer sich dieses Verbrechens schuldig macht, verrät die Uniform, die er trägt."

    Eine anonyme Umfrage des Pentagon ergab, dass die Dunkelziffer erheblich höher liegt. 90 Prozent der sexuellen Übergriffe werden demzufolge gar nicht gemeldet. Das liege daran, dass das Militär eine überaus schlechte Bilanz bei der Verfolgung und Verurteilung von Sexualstraftätern habe. Frauen, die sich zur Wehr setzten, müssten dagegen mit Karrierenachteilen und Stigmatisierung rechnen, sagt die Rechtsanwältin Susan Burke, die einige der Opfer vertritt.

    "Die Rache an den Opfern endet oft damit, dass sie aus dem Militär gedrängt werden. Die Opfer werden geächtet, ihre Leistungsbewertungen fallen schlechter aus, es heißt von ihnen, sie seien nicht teamfähig. Es braucht also eine Menge Mut, eine Anzeige zu stellen. Weniger als ein Prozent der Beklagten werden verurteilt, aber die Wahrscheinlichkeit von Karrierenachteilen für die Opfer ist sehr groß."

    Überaus peinlich für das Pentagon: Vergangene Woche wurde ein Offizier der Luftwaffe festgenommen, der eine Frau auf einem Parkplatz begrapscht haben soll. Der Offizier war seit mehreren Monaten ausgerechnet in einer Einheit, die Sexualattacken verhindern soll.

    Opfer sexueller Gewalt müssen sich zunächst an ihren militärischen Vorgesetzten wenden. Das sei jedoch falsch, so die republikanische Abgeordnete Tulsi Gabbard, die selbst im Irak gedient hat.

    "Das muss außerhalb der Entscheidungsgewalt eines Kommandeurs liegen. Wir brauchen eine unabhängige Ermittlungsinstanz und jemanden außerhalb der Militärhierarchie, der in solchen Fällen entscheidet."

    Mehrere Gesetzesentwürfe liegen derzeit vor, die die Bekämpfung sexueller Gewalt zum Thema haben. Da das amerikanische Militär es in zwei Jahrzehnten nicht geschafft hat, des Problems Herr zu werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Verfolgung von Sexualdelikten in Zukunft aus der Militärhierarchie herausgelöst wird. Dafür zeichnet sich ein in Washington sonst so seltener überparteilicher politischer Konsens ab.