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Sichere Weichen auch auf Nebenstrecken

Ingenieurwissenschaften. - Die Deutsche Bahn installiert seit einigen Jahren aufwändige elektronische Stellwerke, um die Signale und Weichen zu steuern. Diese computerüberwachten Geräte sind jedoch so teuer, dass sie sich für Nebenstrecken oft nicht lohnen. Deshalb suchen Betreiber von Regionalbahnen nach einfacheren Lösungen, um trotz sinkender Subventionen durch den Staat auch in Zukunft Fahrgäste und Güter in der Fläche fahren zu können.

Von Sönke Gäthke |
    Steffen Henning, Entwickler der Firma Scheidt und Bachmann geht zum Testraum der Firma. In diesem Raum wird ein einfaches elektronisches Stellwerk für Nebenstrecken getestet. Virtuell, im Computer, ohne richtige Züge. Trotzdem sind verkleinerte Signale, Weichen und Achszähler genau so aufgestellt und mit der Elektronik verbunden wie in Wirklichkeit.

    " So, wir sind jetzt im Prinzip konkret auf einer Strecke, also unserer Pilotstrecke, wo dieses Stellwerk jetzt seit fast einem Jahr in Betrieb ist. Es gibt dort keine andere Sicherheitstechnik mehr, sondern nur noch dieses Stellwerk auf der Strecke von Korbach nach Brilon Wald - so genannte Kurhessenbahn. "

    Und auf diesem Modell will Steffen Henning zeigen, wie leicht sich mit dem System Störungen sicher überwinden lassen:

    " Dazu gehe ich zunächst erst einmal hin und platziere mal in den Bahnhof einen Zug."

    Einen virtuellen Zug. Steffen Henning drückt auf eine Taste an einem Pult.

    " Wir brauchen jetzt die Möglichkeit, hier mal eine Störung zu simulieren. "

    Der Eisenbahningenieur wendet sich um. Er geht zu einem Metall-Kasten mit Display. Auf diesem sind zwei gelbe Linien zu sehen, die zusammen laufen: Eine Weiche. Daneben liegt ein Schalter mit vier Tasten. Henning drückt auf eine, blickt auf den Monitor. Plötzlich wird die Stelle, an der die Linien zusammenführen, rot.

    " Aha, also es war die Weiche 1, das heißt - wir sehen das jetzt hier in der Anzeige -, es gibt eine Störung. So und wir gehen jetzt einfach mal hier an dieses Bedienplatzsystem. "

    Eine Weichenstörung ist ein schwerer Fehler. Züge können sich nicht mehr ausweichen oder sogar entgleisen. Daher darf normalerweise kein Zug über eine gestörte Weiche fahren, bis ein Techniker die Weiche geprüft hat. Das kann zu langen Verspätungen führen, besonders auf Nebenstrecken. Dort brauchen Techniker einfach länger, bis sie an der Weiche sind.

    Das kann auch dieses Signalsystem nicht ändern. Aber es erlaubt den Eisenbahnern, mit einem Kniff sicher weiterzufahren, bevor ein Techniker kommt.

    " Dazu schalte ich mir eine entsprechende Anzeige auf, und über diese Anzeige werde ich jetzt also gezwungen, gewisse Handlungsabläufe hier durchzuführen. "

    Damit Henning das Signal auf grün stellen kann, muss er zunächst bestätigen, dass er den Fehler bemerkt hat.

    " So, ich werde jetzt also hier gezwungen, ich gebe den Freigabecode hier ein."

    Der Code wird mit einem zweiten verglichen. Den hat die Steuerung der Weiche erzeugt. Nur wenn beide gleich sind, kann Henning das Signal auf grün stellen.

    " Ich bestätige das noch mal mit einem zweiten Code, übergebe den und sehe jetzt im Ergebnis, dass mein Signal auf Fahrt geht."

    Auf diese Weise stellt das System sicher, dass die Fehlermeldung stimmt - ohne aufwändige Technik wie bei den großen elektronischen Stellwerken der DB. Daher ist dieses System deutlich billiger und für Nebenstrecken geeignet.

    Allerdings muss parallel noch der Lokführer gewarnt werden.

    " Ich hätte also als Zugleiter dem Lokführer sagen müssen: Pass auf, du darfst dann nachher später bis zu dieser Weiche fahren. Ich erteile ihm also einen so genannten schriftlichen Befehl und du bist dafür verantwortlich, dass diese Weiche in die richtige Lage kommt und auch in dieser richtigen Lage dann festgelegt wird."

    Auf freier Strecke führe der Lokführer jetzt vorsichtig über das Signal, hielte an der kaputten Weiche an und würde sie von Hand umstellen und danach zuschließen. Der ganze Vorgang dauert knapp fünf Minuten - statt unter Umständen zwei Stunden.