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Sicherheit im Dunkeln

Der ausgelagerte Campus der Ruhr-Universität in Bochum und die dahinter gelegenen Wohnheimkomplexe sind verwinkelt und unübersichtlich. Viel verbauter Beton, Anonymität und eine spärliche Beleuchtung führen zusätzlich dazu, dass sich manche Studentinnen und Mitarbeiterinnen besonders nach Einbruch der Dunkelheit nicht so richtig sicher fühlen und ein latentes Bedrohungsgefühl verspüren. Zur Zeit besteht dazu auch ein konkreter Grund: Ein Serienvergewaltiger, dem neunzehn Taten in den vergangenen Jahren zur Last gelegt werden, hat im Oktober erneut eine Studentin in der Nahe ihres Wohnheims überfallen. Die Frau konnte sich wehren und so die Tat verhindern. Gestern Abend gab die Polizei auf einer Sonderveranstaltung Tipps, wie die Frauen an der Uni sich gegen Gewalttaten schützen können und gab Auskunft über den Stand der Ermittlungen.

    Mit den Speichelproben verdächtiger Männergruppen aus Sprockhövel, wo die Vergewaltigungsserie begonnen hat, hofft die Polizei über DNA Proben dem Täter auf die Spur zu kommen. In der Zwischenzelt, so Ute Leimantzlk vom Kommissariat Vorbeugung, gelten erhöhte Sicherheitshinweise. Sie empfiehlt sogar, sich einen Schrillalarm aus dem Waffengeschäft anzuschaffen und bei Wegen in der Dunkelheit mit einem Bekannten übers Handy zu telefonieren. Im Ernstfall sei das Wichtigste aber;

    Zunächst mal Ruhe bewahren, durch die Körpersprache dem Täter signalisieren. Ich bin keine wehrlose Frau., wenn du mich angreifst wehrt ich mich. Und diese Signale, die man aussendet als Frau, die werden von Täter sehr fein wahrgenommen.

    Wichtige Tipps, von denen sich manche Frauen aber nicht angesprochen fühlten.

    So richtige Tipps haben sie ja auch nicht gegeben, also nichts, was ich nicht schon gewusst hatte. Nicht alleine über dunkle Wege gehen und auch solche einsameren Gebiete eher melden.

    Die Angst bleibt, ich würde sagen, sie ist vielleicht noch ein bisschen größer geworden, durch diese neuen Informationen, die sie gegeben haben. Also ich wusste immer nur, der kommt von hinten mit dem Messer, aber ich wusste nicht, dass der die Frauen immer noch in so abgelegen Stücke mitnimmt.

    Gut jetzt hab ich halt ein bisschen mehr Informationen, aber ehrlich gesagt mach ich mir jetzt noch mehr Sorgen weil jetzt angesprochen wurde, dass der oft an U-Bahn Haltestellen und Bushaltestellen steht - Ich muss jetzt auch gleich mit dem Bus fahren.

    Das Interesse der Frauen, ihren Bewegungsspielraum zu erhalten ist groß. Dle E-Mail-Listen mit den Angeboten für Selbstverteidigungs- und Behauptungskurse waren sofort voll. Und noch eine andere Überlegung wurde diskutiert;

    Ich möchte gerne einen Vorschlag machen, oder eine Anregung. Vielleicht Ist es möglich, einen Begleitservice zu arrangieren, das heißt, ein Mann oder eine Frau, die vielleicht an der Haltestelle Markstraße stehen um möglicherweise Frauen, die an der Haltestelle aussteigen zum Wohnheim begleiten.

    Angebot wie diese, gibt es bereits In manchen Wohnhelmen. Allerdings Ist die Nachfrage nach männlichem Begleitschutz nicht so groß wie erwartet:

    Also Ich persönlich würde niemand Fremdes nachts anrufen und sagen, kannst du mich bitte abholen und nach Hause bringen. Denn nachher hol ich mir meinen eigenen Vergewaltiger, auch wenn's nicht der Serienvergewaltiger ist.

    Dass die Resonanz der Frauen auf die Veranstaltung gemischt Ist, manche sogar durch die zusätzlichen Informationen noch mehr Befürchten haben als vorher beunruhigt Ulrike Leimantzlk von der Bochumer Polizei nicht. Sie betrachtet dies als Teil Ihrer Aufklärungsarbeit:

    Ich kann eben auch verstehen, je mehr man darüber spricht und je mehr man auch offen legt, aufklärt, da kommen bei vielen Frauen die Ängste hoch. Aber ich sehe das nicht negativ. Manche Frauen sind vielleicht noch zu offenherzig und zu leichtfertig. Wenn man sich der Gefahr bewusst ist, dann hat man auch die Möglichkeit, sich darauf einzustellen.

    (Autorin: Nora Hertel)