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Sichtbarkeit der eigentümlichen Vertrautheit von Albträumen

Es ist das Jahr 2093: Eine Forschergruppe macht sich auf die Suchen nach dem außerirdischen Schöpfer der Menschheit. Doch anstatt dem Ursprung des Menschen näher zu kommen, wird die Expedition an den Rand des Universums in Kämpfe verwickelt, die über ihren Untergang entscheiden.

Von Josef Schnelle | 09.08.2012
    "Da. Genau da. Gott erschafft keine geraden Linien."

    "Das Tal da unten, Captain können sie uns da runterbringen?"

    "Initiiere Landungssequenz. Auf manuell umschalten. Ja Baby , Ja. Aufsetzen in fünf, vier, drei, zwei, schön sachte. Prometheus ist gelandet."

    Regisseur Ridley Scott ist der Großmystiker unter den Hollywoodregisseuren. Er erschuf 1982 den "Blade Runner", den Kunstmenschen, der nicht weiß, dass er selbst einer ist und deshalb der beste Jäger auf die Replikanten ist, die sich höchst menschliche Fragen stellen. Er erfand auch mit "Gladiator" 2000 den Historienschinken neu, ließ Kolumbus Amerika erobern und die Kreuzritter in Jerusalem einmarschieren. Vor allem aber wurde der mystizistische Regieroutinier 1979 mit seinem bösen Außerirdischen "Alien" bekannt, der im menschlichen Wirtskörper nistet - bis er als gewalttätiges Horrorwesen die Bauchdecke zerreißt und fortan als unbesiegbares böses Überwesen mit seinen Reißzähnen die Menschen terrorisiert. Jetzt ist Scott zurück im dunklen Universum seines Anti-Übermenschen auf einem fernen Planeten. Alien ist kein freundlicher Außerirdischer, wie wir ihn von Stephan Spielberg kennen. Er kann alles und tut alles und würde auch bei seinem erneuten Erwachen ohne jeden Skrupel die Menschheit auslöschen, weswegen nur seine absolute Zerstörung den Menschen eine Atempause bescheren kann. Auch der Film "Prometheus" mündet wieder einmal in einen finalen Kampf Mensch gegen Alien.

    "Sie dürfen es nicht abfliegen lassen. Wir müssen es aufhalten."
    "Wir werden hier gar nichts aufhalten Shaw- Wir fliegen nach Hause.
    "Wenn Sie es nicht aufhalten, gibt's keine zu Hause mehr, zu dem Sie zurückkehren können."

    Ein Remake also - ein weiterer Serienfilm, der diesmal vor dem ursprünglichen "Alien" Film spielt? Ein Prequel also? Eine Vorgeschichte. Ganz so einfach macht es sich Ridley Scott jedoch nicht. Wieder zurück in der von dem surrealistischen Schweizer Maler und Bildhauer Hansrudi Giger entworfenen Albtraumurlandschaft geht er neuen Fragen nach. Wissenschaftler haben urzeitliche Höhlenmalereien und Skulpturen als Einladung der extraterrestrischen Schöpfer an die Menschen missverstanden. Ein dubioser Großindustrieller hat die Expedition zu den Wurzeln des menschlichen Seins finanziert. Doch was passiert, wenn man die Türen zu den Geheimnissen des Ursprungs der Arten überraschend aufstößt? Im Kino ist das immer ein gefährlicher Zeitpunkt. Die Monster auf der anderen Seite der Leinwand haben schließlich schon lange auf ihren Einsatz gewartet.
    "Was machen sie David?"
    "Ich versuche die Tür zu öffnen."
    "Warten Sie, wir wissen nicht, was auf der andere Seite ist."
    "Hoppla, Verzeihung."

    "Prometheus - Dunkle Zeichen" verweist auf den antiken Mythos des Halbgottes, der den Menschen das Feuer brachte und dafür bitter bestraft wurde. Ridley Scotts Film ist große Kinooper. Die Suche nach dem Schöpfer ist gefährlich und die Welt der Außerirdischen kein Zuckerschlecken. Auch düstere Profitinteressen verstellen wie schon im Original "Alien" den Weg zur Selbsterkenntnis. Eine besondere Rolle spielt dabei der Androide David, mit sichtlichem Vergnügen gespielt von Michael Fassbender. David weiß um seine Schöpfer. Er bewegt sich schließlich tagtäglich mitten unter ihnen auf dem Raumschiff. Die Sehnsucht nach der Begegnung mit ihrem Schöpfer, die die Menschen der Mission umtreibt, hält er für einen Witz:

    "Was wir hofften zu erreichen war, unseren Schöpfern zu begegnen. Antworten zu finden, warum sie uns überhaupt erschaffen haben."
    "Warum glauben Sie, haben die Menschen mich erschaffen."
    "Na, weil wir es konnten."
    "Können Sie sich ausmalen, wie enttäuschend es wäre, dasselbe von Ihrem Schöpfer zu hören?"

    "Prometheus - Dunkle Zeichen" von Ridley Scott ist eine Reise in die Symbolwelten des Kinos - zu jenen surrealen Wirklichkeiten, die nur das Leinwanderlebnis zu bieten hat. Heutzutage natürlich in 3-D, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre, um die eigentümliche Vertrautheit der Albträume sichtbar zu machen. Kino als Welt ohne Vorbild. Düster und unzugänglich. Wie unsere elementaren Ängste.