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Sieben Linden
Nachhaltig leben im Ökodorf

Seit 18 Jahren gibt es das altmärkische Modell- und Ökodorf Sieben Linden. Man will ein Experiment sein, der Öffentlichkeit zeigen, dass es möglich ist, nachhaltig und im Einklang mit der Natur zu leben.

Von Christoph Richter | 09.07.2015
    Gabi Bott steht vor ihrem 17 Quadratmeter großen Bauwagen im Ökodorf "Sieben Linden" in Poppau bei Beetzendorf in der Altmark, aufgenommen am 11.08.2010.
    Gabi Bott im Ökodorf Sieben Linden vor fünf Jahren. Sie lebt seit 2001 in dem altmärkischen Musterdorf (picture alliance / dpa / Jens Wolf )
    "Das zum Beispiel ist jetzt hier der Deckenbalkenplan, das ist gerade das, was wir machen."
    Harry Meyer: ein Bewohner des Ökodorfs Sieben Linden. Guru-ähnlich - lange schwarze Haare, zotteliger Bart - sitzt er in einer Schubkarre. Um ihn rum hocken Frauen und Männer zwischen 40 und 50. Und lauschen andächtig, während er von seinen Erfahrungen vom Bau von Strohballenhäusern erzählt.
    "Mensch produziert Körperwärme. Kochen, Duschen, all diese Dinge produzieren Wärme. Und das ist in solchen Häusern schon mit eingerechnet. Das funktioniert tatsächlich, da stellen sich erträgliche Raumtemperaturen ein."
    Im Winter werde es nicht kälter als 16 Grad, sodass man ohne Heizung auskommt, sagt Bewohner Harry Meyer. Nirgendwo sonst soll es so viele Strohballenhäuser geben, wie im Ökodorf Sieben Linden. Das liegt in der nordwestlichen Altmark zwischen Salzwedel und Wolfsburg. 97 Erwachsene und 33 Kinder leben hier. Es gibt kein Privateigentum, die Bewohner verzichten weitgehend auf Fleisch, keiner trägt Uhren. Besucher müssen das Handy ausschalten.
    Sieben Linden ist keine Insel
    "Unsere Vision ist ja, wir wollen hier ein Modelldorf sein. Wir wollen erforschen, was für ein Lebensstil nachhaltig und zukunftsfähig ist."
    Gabi Bott ist so was wie die Pressesprecherin. Die Landschaftsökologin - schulterlanges Haar, strahlend blau lackierte Fußnägel, strahlend blaue Augen - führt durchs Dorf. Man wolle nicht auf Kosten Dritter leben, sagt sie: "Seien es Menschen, Tiere oder Pflanzen und auch der Erde."
    Konkret bedeutet das, "dass wir immer wieder gucken, wie bei dem Hausbau beispielsweise, wo kommen da die Materialien her. Wir gucken, dass das Holz möglichst kurze Wege hat, dass die Strohballen aus der Gegend kommen oder möglichst nah transportiert wird und, und, und."
    Der Strom kommt aus Solarenergie-Anlagen, das Wasser aus dem Brunnen, das über eine Pflanzenkläranlage gereinigt wird. Es gibt Komposttoiletten. Die Bewohner wollen ein nachhaltiges, Ressourcen schonendes Lebensmodell vorleben.
    "Uns war es von Anfang an wichtig, dass wir keine Insel sind, sondern dass wir in die Region wirken, die Region einladen. Wir sind auch im Gemeinderat, wir sind im Kreisrat."
    Von Landflucht keine Spur
    1997 kamen die ersten Siedler nach Sieben Linden. Das Ökodorf unterscheidet sich von den leeren Dörfern der Umgebung darin, dass hier viele Menschen leben. Zwar ist kein Kirchturm zu sehen, dafür gibt es ein Meditationszentrum. Auch einen Waldkindergarten gibt es und dreimal warmes Essen, kostet die Bewohner sieben Euro pro Tag. Vollpension sozusagen.
    "Es ist jedenfalls so, dass wir kein schöner Leben auf dem Land möchten, sondern wir möchten unser erforschtes, erlerntes weitergeben in die Welt."
    Zu 70 Prozent versorgt man sich selbst. Den Rest kauft man aber nicht beim Biobauern um die Ecke, sondern es kommt - einmal pro Woche - ein Laster mit Biowaren. Aus dem etwa 200 Kilometer entfernten Göttingen. Ginge nicht anders, heißt es.
    Für Gabi Bott aber kein Problem, schließlich geht es um das große Ganze, um ein anderes Leben.
    "Es ist genug mit dem alten Weltbild. Und es braucht was Neues. Und es braucht nicht nur, ich bin dagegen, sondern eher die Energie, um was Neues aufzubauen. Und das machen wir hier. Also wir leben etwas vor, wie man gut und luxuriös leben kann. Nicht auf Kosten von Dritten."