Abstrakte Formen, runde Formen, an allen Wänden und auch an der Decke. Amorphe Körper: gelb und rot, blau und grün. Farben, die sicherlich einmal intensiv waren, mit den Jahrzehnten aber nachgedunkelt sind. Vor allem deshalb, weil sich niemand um eine Restaurierung gekümmert hat. Auch die Möbel, die Stühle und Hocker, die Regalwände und sogar die Bilderahmen sind mit den gleichen farbigen und rundförmigen Figuren bemalt. An den Wänden befinden sich Skizzen und Malereien, Fotografien von antiken Büsten und immer wieder Notizzettel. Zettel aus einer anderen Zeit. In der Wohnung in der eleganten Via Oslavia 39 b im römischen Stadtteil Prati, nicht weit vom Vatikan entfernt, lebte und arbeitete der Künstler Giacomo Balla von 1928 bis 1958, bis zu seinem Tod. Den künstlerischen Wert von Ballas letzter Wohnung kennt der römische Kunsthistoriker Oscar Chiarini:
"In dieser Wohnung ist alles ungewöhnlich. Sogar die Gläser, die von Balla bemalt wurden. Eine Wohnung, in der der Altmeister des italienischen Futurismus seine private Umgebung nach seinen eigenen futuristischen Ideen bemalte. Dabei handelt es sich um das einzige erhaltene Beispiel einer Wohnung im Stil dieser Kunstrichtung. All das ging Ende 50er-Jahren in die Hände der Erben über."
Und die haben sich nicht weiter um die Wohnung gekümmert. Unbegreiflicherweise, denn immerhin handelt es sich um die komplett erhaltene Privatwohnung nebst Atelier des vielleicht bekanntesten italienischen Futuristen; alles wurde so belassen, wie es im Moment des Todes des Meisters war.
1910 verfasste Balla gemeinsam seit seinen Malerkollegen Boccioni, Carrà und Severini das "Futuristische Malermanifest". Sie wollten eine ganz neue Kultur begründen, setzten auf Energie, Bewegung, Moderne und Fortschritt - nannten aber auch den Krieg "die einzige Hygiene der Welt". Balla versuchte, in seinen Bildern die Geschwindigkeit darzustellen - durch Überlagerung einzelner abstrahierter Formen , die einzelne Bewegungsphasen gleichzeitig zeigten. Mit der chromatischen Zerlegung des Lichtes und der Aufgliederung bewegter Gegenstände in geometrische Formen führte er seine Malerei bis an die Grenzen der Abstraktion. Die römische Wohnung bringt seine Ideen der Malerei auf einen sehr persönlichen Punkt, denn sämtliche Räume sind von Balla gestaltet worden. Doch die Wohnung ist geschlossen, seit Jahrzehnten.
In den letzten Monaten war in den Medien immer wieder vom, so beispielsweise die Tageszeitung "La Repubblica", "Skandal der Balla-Wohnung" die Rede. In jedem anderen Land, so auch der "Corriere della sera", wäre so eine Wohnung seit Jahren ein Museum. Wasserinfiltrationen beschädigen inzwischen die Malereien an Wänden und Decken. Die Erben unternahmen nichts dagegen. Kunsthistoriker und Kulturminister fragten erfolglos bei den Erben an, ob sie bei den dringend gewordenen Renovierungsarbeiten behilflich sein könnten.
Kunstexperten und Kulturpolitiker fordern seit langem, dass die Erben die Räumlichkeiten der Öffentlichkeit zugänglich machen. Von dem Projekt eines privaten Balla-Museums in Rom ist seit langem die Rede. So ein Museum hat auch Roms Kulturassessor Umberto Croppi im Sinn, ein Mann des rechten Bürgermeister Gianni Alemanno. Croppi hat sich in der jüngsten Vergangenheit als entschiedener Gegner zeitgenössischer Kunst und als Freund jener Kunstrichtung geoutet, die während des italienischen Faschismus "in" war, des Futurismus . Zahlreiche Futuristen standen verehrten Mussolini:
"Jeder von uns hat ja seine kulturpolitischen Vorlieben, und der Futurismus hat es mir angetan. Deshalb setze ich mich als Kulturassessor dafür ein, dass die Balla-Wohnung ein Museum wird. Noch in diesem Jahr, in dem der 100. Geburtstag des futuristischen Manifests des avantgardistischen Schriftsteller Filippo Tommasi Marinetti gefeiert wird, öffnet die Wohnung ihre Pforten. Dieses Museum wird für Rom wichtig werden. "
Croppi - der Gelder für zeitgenössisches Theater streicht und in der städtischen Kunsthalle mehr Ausstellungen mit klassischer Kunst fordert - will aus Rom die italienische Hauptstadt des Futurismus machen. Mit einem eigenen Museum, in dem auch die Architektur des Faschismus gewürdigt werden soll. Dem Politiker ist bereits gelungen, worin linke Assessoren und Kulturminister versagten: Er fand eine Einigung mit den Balla-Erben. So wird wahrscheinlich die Stadtverwaltung die Kosten für die komplette Renovierung der Wohnung und Restaurierung der Malereien übernehmen. Assessor Croppi spricht bereits von einer, so seine Worte, "rechten kulturpolitischen Revolution in Rom".
Dazu die linke Kulturpolitikerin Wanda Mancini, die in der vorherigen Stadtregierung im Kulturassessorat arbeitete:
"Wir haben eine ganze Reihe von Indizien, wie Croppi seine kulturpolitischen Träume zu realisieren versucht. Futuristische Träume: Das Balla-Museum, gut, das ist eine prima Idee. Aber er will auch Autorennen im faschistischen Stadtteil EUR veranstalten, eine Idee Mussolinis, und er will einen ebenfalls vom Duce entworfenen Triumphbogen verwirklichen. Das waren früher einmal, unter dem Duce, recht innovative Idee, heute wirken sie arg rückwärtsgewandt."
"In dieser Wohnung ist alles ungewöhnlich. Sogar die Gläser, die von Balla bemalt wurden. Eine Wohnung, in der der Altmeister des italienischen Futurismus seine private Umgebung nach seinen eigenen futuristischen Ideen bemalte. Dabei handelt es sich um das einzige erhaltene Beispiel einer Wohnung im Stil dieser Kunstrichtung. All das ging Ende 50er-Jahren in die Hände der Erben über."
Und die haben sich nicht weiter um die Wohnung gekümmert. Unbegreiflicherweise, denn immerhin handelt es sich um die komplett erhaltene Privatwohnung nebst Atelier des vielleicht bekanntesten italienischen Futuristen; alles wurde so belassen, wie es im Moment des Todes des Meisters war.
1910 verfasste Balla gemeinsam seit seinen Malerkollegen Boccioni, Carrà und Severini das "Futuristische Malermanifest". Sie wollten eine ganz neue Kultur begründen, setzten auf Energie, Bewegung, Moderne und Fortschritt - nannten aber auch den Krieg "die einzige Hygiene der Welt". Balla versuchte, in seinen Bildern die Geschwindigkeit darzustellen - durch Überlagerung einzelner abstrahierter Formen , die einzelne Bewegungsphasen gleichzeitig zeigten. Mit der chromatischen Zerlegung des Lichtes und der Aufgliederung bewegter Gegenstände in geometrische Formen führte er seine Malerei bis an die Grenzen der Abstraktion. Die römische Wohnung bringt seine Ideen der Malerei auf einen sehr persönlichen Punkt, denn sämtliche Räume sind von Balla gestaltet worden. Doch die Wohnung ist geschlossen, seit Jahrzehnten.
In den letzten Monaten war in den Medien immer wieder vom, so beispielsweise die Tageszeitung "La Repubblica", "Skandal der Balla-Wohnung" die Rede. In jedem anderen Land, so auch der "Corriere della sera", wäre so eine Wohnung seit Jahren ein Museum. Wasserinfiltrationen beschädigen inzwischen die Malereien an Wänden und Decken. Die Erben unternahmen nichts dagegen. Kunsthistoriker und Kulturminister fragten erfolglos bei den Erben an, ob sie bei den dringend gewordenen Renovierungsarbeiten behilflich sein könnten.
Kunstexperten und Kulturpolitiker fordern seit langem, dass die Erben die Räumlichkeiten der Öffentlichkeit zugänglich machen. Von dem Projekt eines privaten Balla-Museums in Rom ist seit langem die Rede. So ein Museum hat auch Roms Kulturassessor Umberto Croppi im Sinn, ein Mann des rechten Bürgermeister Gianni Alemanno. Croppi hat sich in der jüngsten Vergangenheit als entschiedener Gegner zeitgenössischer Kunst und als Freund jener Kunstrichtung geoutet, die während des italienischen Faschismus "in" war, des Futurismus . Zahlreiche Futuristen standen verehrten Mussolini:
"Jeder von uns hat ja seine kulturpolitischen Vorlieben, und der Futurismus hat es mir angetan. Deshalb setze ich mich als Kulturassessor dafür ein, dass die Balla-Wohnung ein Museum wird. Noch in diesem Jahr, in dem der 100. Geburtstag des futuristischen Manifests des avantgardistischen Schriftsteller Filippo Tommasi Marinetti gefeiert wird, öffnet die Wohnung ihre Pforten. Dieses Museum wird für Rom wichtig werden. "
Croppi - der Gelder für zeitgenössisches Theater streicht und in der städtischen Kunsthalle mehr Ausstellungen mit klassischer Kunst fordert - will aus Rom die italienische Hauptstadt des Futurismus machen. Mit einem eigenen Museum, in dem auch die Architektur des Faschismus gewürdigt werden soll. Dem Politiker ist bereits gelungen, worin linke Assessoren und Kulturminister versagten: Er fand eine Einigung mit den Balla-Erben. So wird wahrscheinlich die Stadtverwaltung die Kosten für die komplette Renovierung der Wohnung und Restaurierung der Malereien übernehmen. Assessor Croppi spricht bereits von einer, so seine Worte, "rechten kulturpolitischen Revolution in Rom".
Dazu die linke Kulturpolitikerin Wanda Mancini, die in der vorherigen Stadtregierung im Kulturassessorat arbeitete:
"Wir haben eine ganze Reihe von Indizien, wie Croppi seine kulturpolitischen Träume zu realisieren versucht. Futuristische Träume: Das Balla-Museum, gut, das ist eine prima Idee. Aber er will auch Autorennen im faschistischen Stadtteil EUR veranstalten, eine Idee Mussolinis, und er will einen ebenfalls vom Duce entworfenen Triumphbogen verwirklichen. Das waren früher einmal, unter dem Duce, recht innovative Idee, heute wirken sie arg rückwärtsgewandt."