"Sie müssen sich vorstellen, die Seilbahn am Wetterstein rauf, die hat eine Länge von drei Kilometern und direkt parallel zu dieser Seilbahn würde halt ein weiteres Seil gespannt, ohne Stützen, wo sich die Gäste über eine Rolle einklinken können."
Harald Gmeiner ist schon ein wenig stolz. Wenn es nach ihm, dem Tourismusmanager der unter massivem Gästeschwund leidenden oberbayerischen Gemeinde Bayrischzell ginge, dann käme die größte Attraktion des Ortes spätestens kommendes Frühjahr, pünktlich zur schneefreien und damit unwägbaren Wandergästesaison: Auf dem Hausberg, dem Wetterstein, lüde der Flying Fox eine neue, dringend benötigte Gästeschar - vorzugsweise 30 Jahre alt und jünger - zum Fliegen ein.
"Da kriegen sie also eine Geschwindigkeit von über 100 km/h, das hat natürlich für den einen oder anderen den Kick, das einmal zu spüren, mehr ist das im Grunde nicht."
Früher standen sie auf den Kinderspielplätzen, diese Seilrutschen, wo auf Autoreifen oder Holzbrettchen zum gegenüberstehenden Gerüst hinübergerast wurde. Die Megaversion, der Flying Fox, treibt dieses Spielplatzvergnügen auf die Adrenal-Spitze. In Italien und der Schweiz gibt es die gigantischen Seilrutschen bis hin zum Dreierpack in sogenannten Foxparks. Kostenpunkt: gut 40 Euro pro Fahrt. Bis zu 160 Stundenkilometer können in den Seilen erreicht werden - ein Extremvergnügen mit kurzer Verfallszeit warnt Sepp Daxenberger, einst Bayerns erster Grüner Bürgermeister und heute Landtagsabgeordneter in München:
"Ich habe schon viele Dinge kommen und gehen sehen, und die Karawane, die irgendetwas Neues macht und ausprobiert, einen neuen Kick braucht, die macht das ein, zwei, drei Jahre, dann zieht die Karawane weiter und zurück bleiben Investitionsruinen - ob das nun hässlich ist oder nicht, sei dahingestellt - aber es sind Investitionsruinen, die das Geld noch nicht eingebracht haben, die das gekostet hat."
Noch ist der erste deutsche alpine Flying Fox nur eine Idee, aber die Diskussion in den Umweltverbänden und Gemeinden ist voll entbrannt - und komplex. Die Natur wird durch ein einfaches Seil direkt neben einer vorhandenen Seilbahn wenig gestört. Die Fragen lauten jedoch: Wieweit dürfen die Alpen noch vermarktet werden ohne ihnen den Stempel "lukrativer Rundum-Wohlfühl-Freizeitpark" aufzudrücken? Müssen örtliche Touristikmanager zur Rettung ihrer klammen Gemeinden jedem Outdoortrend hinterherhecheln? Wo liegen die Grenzen von sanftem zu hartem Tourismus? Und degradiert das alpine Extremfunwettrüsten die Bergwelt nicht zur bloßen Kulisse des neuen Selfnesstrends, einer Weiterentwicklung der ausgedienten Wellnessbewegung?
"Das Problem dabei ist, dass man jetzt anscheinend Anlagen braucht, um Natur erlebbar zu machen. Sprich: die Inszenierung der Natur. Das ist für uns das Problem. Das würde bedeuten, dass Personen, die sich heute schon Landschaftsdesigner nennen, und die ganz gern Gemeinden erzählen wollen, dass man Artefakte, Kunst und irgendwelche Inszenierung vom Tal bis zum Gipfel nach oben installieren muss, um den Menschen da hinaufzuführen, um die Natur erst wertvoll zu machen, dann ist das nicht unser Verständnis von Natur."
Betont Heinz Röhle, Präsident des Deutschen Alpenvereins. Dort wo die Berge bis zum Gipfelkreuz voll erschlossen sind, wie zum Beispiel auf der Zugspitze, sollte ein Flying Fox kein Problem sein, meint Peter Theimer, der Geschäftsführer der Zugspitzbahn. In Kürze will ein Anbieter von Extremfunveranstaltungen auch dort ein Fox-Seil ziehen, von der Münchner Hütte am Osterfelderkopf bis zur Bergstation der Kreuzeckbahn, knapp zwei Kilometer. Dazu sollen Wanderwege kinderwagengerecht ausgebaut werden. Ganz neue Safe-Klettersteige locken seit Kurzem auch den Ungeübten in den Fels. Selbst der umstrittene Skywalk am Osterfelderkopf erhielt kürzlich die Baugenehmigung, so Theimer:
"Die Aussichtsplattform wird bestehen aus zwei Metallstegen, die sich überkreuzen. Dreizehn Meter wird ein Steg lang sein, davon gehen acht Meter über den Abgrund hinaus. Das sind simple Gitterroste als Boden und Doppelträger als Wände."
Mehrere Hundert Meter nur Luft unter den Gitterrosten, spektakulärer geht's kaum. Auch wenn der Skywalk vom Tal aus nicht sichtbar sein soll, der Deutschen Alpenverein kritisiert auch hier nachdrücklich die Inszenierung der Natur. Heinz Röhle:
"Der Bau ist sicherlich nicht das Problem, denn daneben steht der viel größere Klotz der Liftstation. Also damit hätten wir nicht das Problem. Die Frage ist, was bezwecke ich damit. Und wenn so ein Skywalk der Einstieg sein sollte in die Ausstattung der Natur mit Artefakten, um sie interessanter zu machen, dann sind wir ganz klar dagegen."
Einzig eine klare Abgrenzung von Spaßregionen gegen Naturerlebnisregionen kann dem Tourismus in den Alpen eine tragfähige Zukunft geben, lautete der Lösungsvorschlag aus der Podiumsdiskussion. Für den Touristiker Harald Gmeiner aus Bayrischzell kein guter Kompromiss.
Harald Gmeiner ist schon ein wenig stolz. Wenn es nach ihm, dem Tourismusmanager der unter massivem Gästeschwund leidenden oberbayerischen Gemeinde Bayrischzell ginge, dann käme die größte Attraktion des Ortes spätestens kommendes Frühjahr, pünktlich zur schneefreien und damit unwägbaren Wandergästesaison: Auf dem Hausberg, dem Wetterstein, lüde der Flying Fox eine neue, dringend benötigte Gästeschar - vorzugsweise 30 Jahre alt und jünger - zum Fliegen ein.
"Da kriegen sie also eine Geschwindigkeit von über 100 km/h, das hat natürlich für den einen oder anderen den Kick, das einmal zu spüren, mehr ist das im Grunde nicht."
Früher standen sie auf den Kinderspielplätzen, diese Seilrutschen, wo auf Autoreifen oder Holzbrettchen zum gegenüberstehenden Gerüst hinübergerast wurde. Die Megaversion, der Flying Fox, treibt dieses Spielplatzvergnügen auf die Adrenal-Spitze. In Italien und der Schweiz gibt es die gigantischen Seilrutschen bis hin zum Dreierpack in sogenannten Foxparks. Kostenpunkt: gut 40 Euro pro Fahrt. Bis zu 160 Stundenkilometer können in den Seilen erreicht werden - ein Extremvergnügen mit kurzer Verfallszeit warnt Sepp Daxenberger, einst Bayerns erster Grüner Bürgermeister und heute Landtagsabgeordneter in München:
"Ich habe schon viele Dinge kommen und gehen sehen, und die Karawane, die irgendetwas Neues macht und ausprobiert, einen neuen Kick braucht, die macht das ein, zwei, drei Jahre, dann zieht die Karawane weiter und zurück bleiben Investitionsruinen - ob das nun hässlich ist oder nicht, sei dahingestellt - aber es sind Investitionsruinen, die das Geld noch nicht eingebracht haben, die das gekostet hat."
Noch ist der erste deutsche alpine Flying Fox nur eine Idee, aber die Diskussion in den Umweltverbänden und Gemeinden ist voll entbrannt - und komplex. Die Natur wird durch ein einfaches Seil direkt neben einer vorhandenen Seilbahn wenig gestört. Die Fragen lauten jedoch: Wieweit dürfen die Alpen noch vermarktet werden ohne ihnen den Stempel "lukrativer Rundum-Wohlfühl-Freizeitpark" aufzudrücken? Müssen örtliche Touristikmanager zur Rettung ihrer klammen Gemeinden jedem Outdoortrend hinterherhecheln? Wo liegen die Grenzen von sanftem zu hartem Tourismus? Und degradiert das alpine Extremfunwettrüsten die Bergwelt nicht zur bloßen Kulisse des neuen Selfnesstrends, einer Weiterentwicklung der ausgedienten Wellnessbewegung?
"Das Problem dabei ist, dass man jetzt anscheinend Anlagen braucht, um Natur erlebbar zu machen. Sprich: die Inszenierung der Natur. Das ist für uns das Problem. Das würde bedeuten, dass Personen, die sich heute schon Landschaftsdesigner nennen, und die ganz gern Gemeinden erzählen wollen, dass man Artefakte, Kunst und irgendwelche Inszenierung vom Tal bis zum Gipfel nach oben installieren muss, um den Menschen da hinaufzuführen, um die Natur erst wertvoll zu machen, dann ist das nicht unser Verständnis von Natur."
Betont Heinz Röhle, Präsident des Deutschen Alpenvereins. Dort wo die Berge bis zum Gipfelkreuz voll erschlossen sind, wie zum Beispiel auf der Zugspitze, sollte ein Flying Fox kein Problem sein, meint Peter Theimer, der Geschäftsführer der Zugspitzbahn. In Kürze will ein Anbieter von Extremfunveranstaltungen auch dort ein Fox-Seil ziehen, von der Münchner Hütte am Osterfelderkopf bis zur Bergstation der Kreuzeckbahn, knapp zwei Kilometer. Dazu sollen Wanderwege kinderwagengerecht ausgebaut werden. Ganz neue Safe-Klettersteige locken seit Kurzem auch den Ungeübten in den Fels. Selbst der umstrittene Skywalk am Osterfelderkopf erhielt kürzlich die Baugenehmigung, so Theimer:
"Die Aussichtsplattform wird bestehen aus zwei Metallstegen, die sich überkreuzen. Dreizehn Meter wird ein Steg lang sein, davon gehen acht Meter über den Abgrund hinaus. Das sind simple Gitterroste als Boden und Doppelträger als Wände."
Mehrere Hundert Meter nur Luft unter den Gitterrosten, spektakulärer geht's kaum. Auch wenn der Skywalk vom Tal aus nicht sichtbar sein soll, der Deutschen Alpenverein kritisiert auch hier nachdrücklich die Inszenierung der Natur. Heinz Röhle:
"Der Bau ist sicherlich nicht das Problem, denn daneben steht der viel größere Klotz der Liftstation. Also damit hätten wir nicht das Problem. Die Frage ist, was bezwecke ich damit. Und wenn so ein Skywalk der Einstieg sein sollte in die Ausstattung der Natur mit Artefakten, um sie interessanter zu machen, dann sind wir ganz klar dagegen."
Einzig eine klare Abgrenzung von Spaßregionen gegen Naturerlebnisregionen kann dem Tourismus in den Alpen eine tragfähige Zukunft geben, lautete der Lösungsvorschlag aus der Podiumsdiskussion. Für den Touristiker Harald Gmeiner aus Bayrischzell kein guter Kompromiss.