Freitag, 19. April 2024

Archiv

Smartphones
Hybride Netze für permanentes mobiles Internet

Laut einer Studie des Netzwerkausrüsters Cisco wird sich der Internet-Datenverkehr in deutschen Mobilfunknetzen bis zum Jahr 2018 verzehnfachen. Für eine weniger ansteigende Belastung könnte eine Umleitung des digitalen Aufkommens sorgen. Ein Ansatz ist der sogenannte Traffic Offload. Dabei wird Datenverkehr vom Mobilfunknetz in ein drahtloses LAN abgeleitet.

Von Jan Rähm | 18.10.2014
    Zwei Hände tippen auf einem Smartphone
    Nachteil des Traffic Offloads: Beim Wechsel von der einen zur anderen Technologie kann es zu Verbindungsabbrüchen kommen. (picture alliance / dpa)
    Berlin Hauptbahnhof, Rush Hour: Tausende Reisende drängeln sich auf vier Etagen. Wer wartet, schaut auf sein Smartphone. Doch viele Reisende warten nicht nur auf den Zug, sondern auch darauf, dass Webseiten, Bilder und Videos endlich laden. Die Mobilfunknetze sind überlastet.
    "Dort, wo die Reichweite des zellularen Netzes nicht ausreicht oder wo es Lastprobleme gibt, das heißt Lasten im zellularen Netzwerk, da ist es opportun, einen WLAN-Hotspot zu aktivieren oder einzurichten, um dort den WLAN-Verkehr oder den entsprechenden Datenverkehr von dem entsprechenden Kunden im WLAN oder über das WLAN abzuführen."
    Michael Lemke vom chinesischen Netzwerkausrüster Huawei beschreibt den sogenannten WLAN Traffic Offload. Dabei wird mobiler Datenverkehr vom Mobilfunknetz in ein drahtloses LAN umgeleitet. Im Idealfall vom Nutzer unbemerkt und nahtlos. Das Telefon entscheidet selbst, erklärt Thorsten Robrecht vom Netzwerkausrüster Nokia Networks.
    "Beim WLAN-Offload wird einfach dann im Telefon selber entschieden: Nehme ich jetzt das normale Mobilfunknetz, zum Beispiel die LTE-Technologie, oder nehme ich, wenn ich mich in einem WiFi befinde, kann ich das WiFi benutzen? Das kann sowohl ein geschütztes WiFi sein, also heißt eins, was kontrolliert ist, oder halt dann auch ein WiFi, das irgendwie einfach verfügbar ist, wo sich jeder frei einloggen kann."
    Der Offload ist unter Umständen aber nicht ohne Probleme. Beim Handover, also beim Wechsel von der einen zur anderen Technologie, kann beispielsweise die Verbindung abbrechen. Doch auch dafür existieren Lösungen, vorgeschlagen von der Internet Engineering Task Force, der ETF, erklärt Michael Lemke.
    "Technisch ist das Thema Handover seit langer Zeit geregelt über die IETF. Die IETF hat mit Mobile IP das Thema Handover für Daten zwischen verschiedenen WiFi-Netzzugangspunkten und kombiniert mit jedem anderen Kanal - also unter anderem auch über die zellularen Netze geregelt."
    Die flexible Nutzung der Funknetze ist auch in Sachen Telefonieren ein Thema. Zwei Ansätze werden dabei aktuell verfolgt. Voice over LTE und Voice over WiFi. Beiden gemein ist: Sprache in mobilen Netzen soll zukünftig nicht mehr leitungsvermittelt, sondern paketvermittelt weitergeleitet werden. Leitungsvermittelt heißt stark vereinfacht: Für das Telefonat gibt es einen exklusiven Übertragungsweg mit garantierter Qualität. Bei der paketvermittelten Übertragung hingegen werden die Datenpakete der Telefonverbindung zusammen mit anderen Daten im Netz transportiert. Das geschieht nach den Regeln des Internet-Protokolls - egal ob über LTE oder WiFi. Thorsten Robrecht von Nokia Networks:
    "Voice bietet im Thema LTE jetzt vor allem die Möglichkeit der höheren Qualität und des schnelleren Rufaufbaus. Und das Ganze noch zu einer wesentlich effizienteren Nutzung der Bandbreite. Für den Endverbraucher bedeutet das die Möglichkeit, dass es eine höhere Qualität bietet, man spricht da von HD-Voice. Also sie ist wesentlich klarer die Stimme, wesentlich schöner, und gleichzeitig auch der Rufaufbau ist sehr viel schneller. Wenn ich auf den Knopf drücke und will die Verbindung haben, ist in Sekunkenbruchteilen die Verbindung schon aufgebaut."
    "Voice over WiFi ist ein ähnlicher Dienst. Benutzt eben als Luftschnittstelle die WiFi-Schnittstelle und ist dementsprechend ein Paket-, ein IP-vermittelter Sprachdienst. Hat oder könnte eigentlich fast die gleichen Fähigkeiten haben wie VoLTE, allerdings ist die Verzahnung von Sprachverkehr und WiFi wesentlich weniger eng als bei den VoLTE. [...] Voice over WiFi leidet natürlich darunter, dass die entsprechende Qualitätssicherung für die Luftschnittstelle, wie sie bei den LTE vorliegt, nicht existiert",
    erklärt Huawei-Manager Michael Lemke. Voice over WiFi bietet für den Kunden den Vorteil, auch in den eigenen vier Wänden immer auf dem Handy erreichbar zu sein - auch wenn dort kein oder nur sehr schlechter Mobilfunk-Empfang ist. Dann könnte das Smartphone des Kunden automatisch auf das drahtlose Heimnetzwerk umschalten.
    "Das muss natürlich für den Endverbraucher so dargestellt sein, dass es halt, wir sprechen da vom Seamless, funktioniert. Das heißt, er muss unter seiner normalen Rufnummer erreichbar sein, er muss, wenn er sich von dem einen Bereich rein oder rausbewegt, während des Telefonats, müssen die Handover entsprechend stattfinden zwischen diesem WiFi-Netzwerk und diesem Mobilfunknetzwerk außerhalb der Tür im Prinzip.