
In Australien dürfen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren auf vielen Social-Media-Plattformen ab sofort nicht mehr aktiv sein. Es geht um zehn Anbieter, darunter Instagram, TikTok, Snapchat und Youtube. Australien reagiert damit auf Gefahren, die im digitalen Raum für Kinder und Jugendliche lauern. Was hält man in Deutschland von diesem Schritt?
Das sagen die Kritiker
Skeptisch zeigt sich die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, Simone Fleischmann: „Ich glaube nicht, dass wir die Welt von heute und von morgen durch Verbote fernhalten.”
Die Digitalpolitikerin Anna Lührmann (Grüne) sieht in dem Schritt Australiens „massive Grundrechtseingriffe”. Sie setzt auf sozialere Medien und fordert die Bundesregierung auf, die europäischen Digitalgesetze umzusetzen.
Das Deutsche Kinderhilfswerk warnt sogar vor pauschalen Verboten Sozialer Medien. Sie entmündigten Kinder und Jugendliche und sprächen ihnen das Recht auf digitale Teilhabe ab. Und: Kinder könnten keine Medienkompetenz entwickeln.
Auch in der Bundesschülerkonferenz gibt es Vorbehalte gegen ein Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche nach dem Vorbild Australiens. Etwas schlicht zu verbieten, könne nicht die Lösung sein. Die Schüler argumentieren wie das Kinderhilfswerk: Entscheidend sei, Kindern und Jugendlichen beizubringen, wie sie sich in den Sozialen Medien verhalten sollten.
Das sagen die Befürworter
Daniel Wolf geht als Digitaltrainer seit zehn Jahren in Schulklassen. Er hält den Ansatz des Kinderhilfswerks für falsch: Die Kinder hätten natürlich ein Recht auf digitale Teilhabe. Das Recht auf Schutz stehe aber höher. Wolf ist überzeugt, es brauche ein Verbot: „Die Kinder sind den Algorithmen ausgeliefert. Sie können nicht aufhören.”
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina warnt vor den Gefahren Sozialer Medien für Kinder und Jugendliche: Depressions- und Angstsymptome sowie Aufmerksamkeits- und Schlafprobleme. Die Wissenschaftler verschiedener Forschungsgebiete schlagen deshalb vor, dass Kinder unter 13 Jahren keine Social-Media-Accounts einrichten dürfen, 13- bis 15-Jährige nur nach Erlaubnis der Eltern. Das wäre eine etwas weniger strenge Altersgrenze, als Australien sie nun hat.
Julian Schmitz, Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche und Professor für Klinische Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uni Leipzig, findet das Verbot nachvollziehbar, weil junge Social-Media-Nutzer auf den Plattformen bislang nicht ausreichend vor unangemessenen Inhalten geschützt seien. Gleichzeitig sollten sich die Eltern selbst in ihrem Smartphone-Konsum in die Pflicht nehmen. Die Kinder orientierten sich an ihnen.
Das plant die Politik
Das Europaparlament hat am 26. November mit großer Mehrheit die EU-Länder aufgefordert, Soziale Medien für Kinder und Jugendliche unter 13 Jahren zu verbieten. Die deutsche Familien- und Bildungsministerin Karin Prien (CDU) unterstützt die Idee.
In der deutschen Politik zeigten sich in den vergangenen Monaten Vertreter aus Union, SPD, den Grünen und dem BSW offen für ein Verbot. Unionsfraktionschef Jens Spahn verglich Social-Media-Apps mit harten Drogen. Auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) ist dafür: „Kinder und Jugendliche brauchen Schutz statt Selbstdarstellungsdruck”. Ebenso Grünen-Chefin Franziska Brantner: “Jede und jeder, der Kinder im Teenageralter oder auch jünger hat, weiß, da ist etwas außer Kontrolle geraten”.
Politisch wird nun abgewartet, was eine von Bundesfamilienministerin Karin Prien eingesetzte Expertenkommission vorschlagen wird. Das Gremium soll bis zum Sommer 2026 Empfehlungen erarbeiten.












