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Software-Entwicklung
Neuer VW-Standort in München?

Volkswagen will eine neue Konzern-Einheit für Software-Entwicklung schaffen. 5.000 IT-Experten werden gesucht - und ein neuer Standort. Dafür kommt auch München in Frage. Das erfreut die Lokalpolitik, die Konkurrenz vor Ort hingegen weniger.

Von Michael Watzke | 04.07.2019
ILLUSTRATION - Ein weiß-blaues Rautenmuster spiegelt sich am 02.08.2016 in München (Bayern) im Logo eines VW-Emblems an einem PKW. Bayern wird Volkswagen wegen der Folgen des Diesel-Skandals auf Schadenersatz verklagen. Foto: Peter Kneffel/dpa (zu dpa "Bayern verklagt Volkswagen wegen Folgen des Diesel-Skandals" vom 02.08.2016) | Verwendung weltweit
Die Bayerische Politik jubelt, aber der Fachkräftemangel in München könnte sich verschärfen. (dpa)
Auf seiner Homepage "Volkswagen-Karriere" wirbt der VW-Konzern händeringend um Informatiker. "Kreativität braucht das passende Umfeld", schreiben die Niedersachsen, "das finden Sie bei uns!" Dazu ein Bild von Tischtennis-spielenden Software-Entwicklern. Als IT-Hauptstandort listet VW an erster Stelle Wolfsburg auf, dann Berlin, dann München. Dort betreibt der Konzern ein sogenanntes "Data Lab" für künstliche Intelligenz und forscht am autonomen Fahren.
Doch die Reihenfolge der Standorte könnte sich bald ändern. In Automobil-Branchenkreisen heißt es, für das neue "Volkswagen-Zentrum für Software-Entwicklung" suche der Konzern nach Räumlichkeiten in der bayerischen Landeshauptstadt. In München könnten einige Hundert IT-Experten angesiedelt werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ist begeistert:
"Wenn diese Entscheidung kommt, begrüßen wir die sehr. Wir legen auch mit der Digitalisierung drauf. Wir wollen mit dem Ausbau der Digitalisierung im internationalen Maßstab bleiben, nicht nur im deutschen. Wir werden auch nochmal kräftig investieren und alles, was in Bayern stattfindet, begleiten und unterstützen."
BMW offenbar entnervt
Nicht ganz so begeistert ist man bei BMW. Der Münchner Autobauer äußert sich zwar öffentlich nicht zu den möglichen Plänen der Wolfsburger Konkurrenz. Eine offizielle Anfrage des Deutschlandfunks ließ die BMW-Pressestelle bis zum Mittag unbeantwortet. Inoffiziell hört man, schon jetzt seien IT-Experten im Süden knapp. So knapp, dass aggressive IT-Headhunter viele Informatik-Studenten noch während des Studiums an den Münchner Hochschulen abwerben.
Sollte Volkswagen seine Präsenz in München verstärken, dürfte sich der Fachkräftemangel noch verschärfen und die Gehälter in der IT-Branche weiter steigen. Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" will erfahren haben, dass man in BMW-Kreisen darüber lästere, der VW-Hauptsitz Wolfsburg sei für Entwickler offenbar nicht attraktiv genug. Bayerns Ministerpräsident Söder will dagegen den Standort München noch attraktiver machen:
"Wissen Sie, ich möchte offen sein für alle klugen Köpfe, die bei uns sind. Die zusammen mit uns Bayern neu denken und neue Wege beschreiten."
"Suchen in mehreren Städten"
Bei Volkswagen heißt es, es sei noch keine Entscheidung in der Standortsuche gefallen. VW-Sprecher Christoph Ludewig sagte dem Deutschlandfunk: "Wir suchen in mehreren deutschen Städten, darunter auch in München, das aufgrund seiner Hochschullandschaft besonders attraktiv ist." Falsch sei dagegen die Meldung des "Spiegel", wonach der VW-Konzern ein Software-Zentrum bauen wolle.
VW-Chef Herbert Diess hatte vor kurzem angekündigt, eine Einheit für Autosoftware mit gut 5.000 IT-Experten zu schaffen. Der Anteil der eigenen Software-Entwicklung solle von knapp zehn Prozent auf mindestens 60 Prozent steigen. Und in Sachen Elektro-Mobilität will Volkswagen laut Handelsblatt zukünftig stärker mit dem US-Autobauer Ford kooperieren. Der hat seinen deutschen Hauptsitz übrigens in Köln.