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Sonnenuntergang bei Oracle

Das einstige Elite-Unternehmen SUN war schon lange auf Brautschau. Und erste Wahl sollte eigentlich IBM sein – doch das klappte nicht. Nun hat der Datenbankriese Oracle diese Woche überraschend SUN Microsystems übernommen – und damit die Open Source Gemeinde in Aufregung versetzt.

Von Achim Killer |
    Wenn es ums große Geld geht, dann gehen auch die großen Worte leicht über die Lippen, über jene von Scott McNealy beispielsweise, einem der Gründer von Sun Microsystems. Er sagt zu der Übernahme seines Unternehmens durch Oracle:

    "Das ist ein wirklich bedeutender Tag für die Industrie. Zwei Technologie-Titanen vereinen ihre Kräfte, um die einzigen, vollständig integrierten und offenen Systeme anbieten zu können. Unsere Kunden können den Beginn einer neuen Ära der Innovation feiern, die ihr Geschäft beflügeln wird."

    Und tatsächlich der neue Konzern kann alles aus einer Hand anbieten, was Anwender benötigen: Rechner, Speicher, Systemsoftware, Datenbanken und Anwendungsprogramme. Selbst der stets etwas skeptische Vice-President des Analystenhauses Gartner Andrew Butler räumt das ein. Er sieht vier Konzerne, um die künftig die EDV-Abteilung keines Unternehmens mehr herumkommen wird:

    "Womit wir uns jetzt konfrontiert sehen, sind vier Rechenzentrums-Riesen: Oracle, IBM, HP und Cisco. Jeder von ihnen hat andere Stärken. Aber niemand wird mehr ein Rechenzentrum bauen oder eine Strategie dafür entwickeln können, ohne Komponenten von allen diesen Anbietern in seine Pläne einzubeziehen.#"

    Allerdings ist es dem Oracle-Chef Larry Ellison bei der Unternehmensübernahme wohl weniger um die Workstations gegangen, für die Sun berühmt geworden ist, oder um die Server, mit denen das Unternehmen während des Internet-Booms viel Geld verdient hat. Ausschlaggebend war eher Suns Software:

    "Sun Microsystems verfügt über viele aufregende Produkte. Aber zwei davon waren für Oracles Entscheidung, Sun zu übernehmen, wesentlich: das Betriebssystem Solaris und die Programmiersprache Java."

    Und deshalb ist denn auch die Zukunft von Suns Sparc-Chips nach wie vor fraglich. Zwei lebensfähige Prozessorarchitekturen existieren ja, Intels und AMDs x86-Prozessoren sowie IBMs Power-Chips. Sun ist in dem Geschäft seit geraumer Zeit bloß noch der schwächelnde Dritte. Andrew Butler:

    "Es bleibt abzuwarten, ob Oracle im vollen Umfang weiter in alle Sparc-Prozessortechnologien investiert. Dazu gehören der kommende Rock-Prozessor und die multithreading-fähigen Server. Ich glaube, der Vertrauensverlust, den Sun in jüngster Zeit erlitten hat, wird durch die Übernahme verstärkt."

    Und ungewiss ist auch die Zukunft auf einem anderen Gebiet.

    "Durch die Transaktion wird Oracle auch der größte Anbieter quelloffener Software von Java über Open-Solaris bis zu MySQL und Open Office. Marken, die Studenten, junge Unternehmen und Entwickler in aller Welt kennen."

    So der Sun-Chef Jonathan Schwartz. Nicht bekannt ist, was der neue Eigentümer, mit dieser Software vorhat. Andrew Butler zu den Möglichkeiten, die Anwender und Programmierer beunruhigen:

    "Klar, das ist eine der größten Sorgen, vor allem von vielen die, die die Open-Source-Datenbank MySQL oder Open-Solaris nutzen. Wenn Oracle die Rechte an diesen Produkten bekommt, dann kann der Konzern damit machen, was er will. Er kann diese Dinge aus dem Open-Source-Bereich nehmen oder er kann die Nutzungsbedingungen ändern."

    Und dann sagt er noch etwas, das beängstigend klingt, aber eigentlich beruhigend ist:

    "Oracle ist wie Microsoft. Man sieht in ihnen nicht gerade die größten Freunde von Open-Source-Software. Aber wie Microsoft hat Oracle gelernt, damit zu leben."

    Die vielen Open-Source-Programme dürften der Gemeinde also erhalten bleiben. Allerdings werden mit Sicherheit andere Technologien des aufgekauften Unternehmens vom Markt verschwinden, entweder weil Oracle bereits über Vergleichbares verfügt oder weil die kalifornische Geldmaschine glaubt, damit nicht genügend Gewinn erzielen zu können.