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Soziale Netzwerke
Die Nachfrage brummt, das Angebot schrumpft

Ein weiterer Facebook-Konkurrent gibt auf: Das soziale Netzwerk "Wer kennt wen?" war als Kontaktbörse einmal sehr populär, jetzt wird die Seite abgeschaltet. Während die Nachfrage nach sozialen Medien ungebremst wächst, dünnt sich das Angebot weiter aus.

Von Daniel Bouhs | 30.05.2014
    Auf einem Computermonitor sind die Logos der sozialen Internet-Netzwerke Xing, Wer-kennt-wen, Facebook, MySpace und Lokalisten zu sehen.
    Soziale Netzwerke boomen, aber dennoch verschwinden viele digitale Plattformen wieder vom Markt. (picture-alliance/ dpa / Julian Stratenschulte)
    Soziale Netzwerke sind digitale Magneten. Als der Branchenverband Bitkom Ende vergangenen Jahres Internetnutzer in Deutschland befragt hat, haben bereits acht von zehn gesagt: Sie sind mindestens bei einem Portal angemeldet, das Menschen vernetzt. Die Nachfrage also brummt - doch das Angebot schrumpft.
    Das Portal SchülerVZ etwa war einst bei Schulkindern schwer beliebt. Es ist längst verschwunden. Andere dümpeln noch vor sich hin. Und nun gehen auch bei der Plattform "Wer kennt wen" die Lichter aus. Für Experten wie Jona Hoelderle ist das allerdings nur konsequent:
    "Das Problem ist, wenn es ein Netzwerk gibt, in dem alle anderen sind, dann funktioniert das irgendwann nicht mehr," sagt Hoelderle. Er berät Vereine und Verbände bei der Präsenz im Netz. Und er fragt sich jeden Tag, welche sozialen Netzwerke noch eine Anziehungskraft auf Nutzer ausüben und welche ihren Reiz verloren haben - so wie "Wer kennt wen".
    "Das Gleiche war mit StudiVZ, MeinVZ, SchülerVZ, wie sie alle heißen, dass dort ein internationales Netzwerk war, wo auch die ‚Erasmus-Generation' ihre Freunde wiedergefunden hat und es immer einen Drang dazu gab, dorthin zu gehen, wo alle anderen auch sind."
    Internationale Netzwerke sind gefragt
    Wer etwa im Studium ein paar Semester im Ausland verbracht hat, der kann per Facebook auch problemlos mit seinen neuen Freunden in Frankreich, Amerika oder Australien in Kontakt bleiben. "Wer kennt wen" und die sogenannten VZ-Netzwerke haben dagegen nur auf Deutschland oder den deutschsprachigen Raum gesetzt.
    "Patriotismus hat sich bisher eigentlich nur in China durchgesetzt, wo es noch wirklich eigene Netzwerke gibt," sagt der Social-Media-Berater. Die Macher von "Wer kennt wen" und auch der VZ-Netzwerke wollen dagegen keine Interviews geben. Und auch bei den "Lokalisten", einem Portal, das vor allem in Süddeutschland Nutzer vernetzt, herrscht Funkstille.
    "Wer kennt wen" empfiehlt seinen letzten Mitgliedern unterdessen zu "Seniorbook" zu wechseln, einer noch recht jungen deutsche Plattform speziell für ältere Nutzer, sogenannte "Silver Surfer". Die Plattform wirbt mit einer einfachen Benutzeroberfläche und verspricht fernab junger Nutzer einen "respektvollen" Umgangston. Experte Hoelderle bleibt aber skeptisch:
    "Das kann kurzfristig funktionieren. Aber auch dort hat Facebook in der Altersgruppe der 65-plus mehr Nutzer. Es gibt allein 750.000 Deutsche im Rentenalter, die auf Facebook angemeldet sind und sich in den letzten 28 Tagen eingeloggt haben. Da ist wenig zu holen."
    Xing hat bereits 7 Millionen Mitglieder
    Immerhin: Bei den Angeboten für den Kontakt zu älteren Gleichgesinnten hat der Nutzer also noch eine Wahl. Und auch auf einem anderen Feld gibt es sie noch, die Alternative zu Facebook: bei den Netzwerken für berufliche Kontakte. Hier kämpfen vor allem das amerikanische Unternehmen LinkedIn und das Hamburger Portal Xing um die Gunst der Nutzer.
    "Als globaler Anbieter müssen sie den kleinsten gemeinsamen Nenner anbieten. Ihr Produkt muss funktionieren in Brasilien genauso wie in den USA genauso wie in Italien, Frankreich und auch Deutschland," erklärt Xing-Sprecher Marc-Sven Kopka. Was bei "Wer kennt wen" und Co. ein Problem war, die Begrenzung der Mitglieder auf den deutschsprachigen Raum - bei Xing soll ausgerechnet dieses Konzept langfristig funktionieren. Deutschland sei nun mal ein Land des Mittelstandes und die beruflichen Kontakte der Nutzer bei vielen eben auch auf die Heimat fokussiert.
    "Und insofern haben wir gesagt, wir konzentrieren uns darauf, was wir richtig gut können. Wir verstehen den Markt hier und machen viele Dinge komplett anders als andere Anbieter globaler Natur."
    Das letzte Wort hat immer der Nutzer
    Die Plattform wächst, auf zuletzt sieben Millionen Mitglieder. Für sie bietet der Dienst sehr spezielle Angebote wie die Möglichkeit, Arbeitgeber zu bewerten. Außerdem hat Xing ein Unternehmen übernommen, das Veranstaltungen organisiert - in der realen Welt. Allerdings haben sich inzwischen auch bereits fünf Millionen Nutzer aus Deutschland bei der internationalen Konkurrenz LinkedIn registriert. Hier hat der Wettlauf um das beste Angebot gerade erst begonnen. Und das letzte Wort hat wie immer: der Nutzer.