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Sparen wie die Weltmeister

In Belgien sind Milch, Nudeln und andere Grundnahrungsmittel immer schon teurer als in Deutschland. Die Antwort der Belgier auf hohe Supermarktrechnungen: Sparen wie die Weltmeister. Und das funktioniert am besten mit Rabattcoupons. Schon seit etwa zwanzig Jahren können die Belgier mit Hilfe der kleinen Zettel, die in den Supermärkten hängen, spürbar günstiger einkaufen.

Von Mirjam Stöckel | 18.07.2008
    Brigitte Hachez schiebt einen großen Einkaufswagen durch die Supermarkt-Gänge. Vorbei an Nudeln, Kaffee, Müsli - und alle paar Meter hängt auf Augenhöhe ein kleiner Abreißblock mit Papierzettelchen. Rabattgutscheine sind das - mal 50 Cent, mal 75, mal 1,50 Euro:

    "Ich suche Reinigungsmittel, weil ich dafür Gutscheine habe. Damit fangen wir jetzt mal an."

    Die dreifache Mutter zupft ihr rot-beige-gemustertes Halstuch zurecht und steuert die nächste Regalreihe an. Am Griff ihres Einkaufswagens hängt ein Extra-Klemmbrett mit Rabattcoupons - die hat sie schon feinsäuberlich zu Hause aus Werbeprospekten ausgeschnitten:

    "Das gibt uns eine Kaufkraft, die wir sonst nicht hätten. Für mich ist das ein bisschen wie ein Sport. Und man spart ganz gut Geld, wenn man das so macht."

    Brigitte Hachez legt ein Flüssigwaschmittel in ihren Einkaufswagen: Das wird mit ihrem Gutschein schon mal 1,75 Euro billiger.

    Im Nachbargang bei den Joghurts inspiziert gerade Christophe Janssens die Couponblöcke. Der dunkelhaarige junge Mann ist beruflich hier. Er arbeitet bei Promocontrol - dem Unternehmen, das die eingelösten Gutscheine für ganz Belgien abrechnet. Er sorgt dafür, dass der Supermarkt, der dem Kunden den Rabatt gegeben hat, das Geld beispielsweise vom Waschmittelhersteller zurück bekommt. Bei ihm und seinen Kollegen landeten letztes Jahr 142 Millionen eingelöste Coupons auf dem Tisch. Pro Kopf betrachtet sind die Belgier Weltmeister im Rabattgutscheine-Verwenden. Weil das System so einfach sei, sagt der Mann von Promocontrol:

    "Der zweite Grund ist wahrscheinlich, dass es einfach fest in den Gewohnheiten der Belgier verankert ist, diese Coupons zu verwenden. Und ich glaube auch, dass die steigenden Lebenshaltungskosten bewirken, dass die Verbraucher noch mehr auf Rabattgutscheine achten."

    Schon heute nutzten drei Viertel aller Belgier Rabattcoupons, sagt Christophe Janssens, der Mitarbeiter von Promocontrol - und schmunzelt bei diesem Gedanken - mindestens drei Viertel:

    "Wir sammeln jeden Monat mehr als acht Tonnen Rabattgutscheine ein. Das ist ziemlich viel. All diese Coupons werden recycelt - und in Toilettenpapier verwandelt. Und so betrachtet benutzen in gewisser Weise alle Belgier die Rabattgutscheine."

    Und auch in Deutschland sind die Zettelchen im Kommen: Im vergangenen Jahr hätten die Hersteller rund acht Milliarden davon unter das Volk gebracht, sagt Christoph Thye, Vorstand des Dortmunder Couponabrechnungs-Unternehmens Acado. Rabattgutscheine funktionierten hierzulande bisher vor allem bei Edeka, Real, Kaufland und den Drogeriemärkten Müller, Rossmann und DM - und vor allem bei Kosmetik und Molkereiprodukten:

    "Dort, in diesem Bereich, werden schon sehr, sehr viele Coupons verteilt und auch eingelöst. Dort haben die Konsumenten das Ganze schon gelernt. Coupons setzen sich in Deutschland immer mehr durch. Man muss wissen, dass Couponing erst seit 2001 erlaubt ist in Deutschland. Vorher gab es das Rabattgesetz und Coupons waren da sozusagen unmöglich."
    Im Supermarkt in Brüssel steht Brigitte Hachez mittlerweile in der Schlange an der Kasse. Hier fragen die Mitarbeiter schon seit rund 20 Jahren nach Zettelchen:

    "Bonjour. Vous avez des bons ou des cartes de réduction?"

    Brigitte Hachez reicht dem Kassierer völlig selbstverständlich ihre Rabattgutscheine.
    Er scannt den Code darauf ein - und sofort wird es billiger:

    "Ce sera 57,53 Euro, s'il vous plait."

    Flüssigwaschmittel, Fruchtgummi und Spinat, Bratfett, Shampoo, Scheuermilch und Putzlappen: Brigitte Hachez strahlt. Mal wieder einiges gespart - dank der Zettelchenwirtschaft:

    "3,85 Euro - das ist schon was bei einer Summe von 57,53 Euro. Das sind nicht ganz zehn, aber immerhin über fünf Prozent Rabatt. Das ist nicht zu vernachlässigen - zumal die Preise hier eh schon günstig sind. "