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SPD-Wahlkampf in Hessen
Bloß nicht an Berlin denken

Plötzlich nur noch fünftstärkste Kraft, ein einstelliges Wahlergebnis: Die Landtagswahl in Bayern hat die SPD durchgeschüttelt. Trotzdem versucht die Partei mit Blick auf die Wahl in Hessen Optimismus auszustrahlen und einfach weiterzumachen. Doch auch hier verliert die SPD in den Umfragen.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 23.10.2018
    Ein Wahlplakat der SPD mit Thorsten Schäfer-Gümbel zu den Landtagswahlen in Hessen an einer Straße in Hessen.
    Wahlkampf in Hessen: Thorsten Schäfer-Gümbel, Spitzenkandidat der SPD, will dabei vor allem über hessische Inhalte reden (picture alliance / Revierfoto)
    Dicht gedrängt sitzen die Schülerinnen und Schüler der Ricarda-Huch Schule in Dreieich auf hölzernen Turnhallenbänken und Kantinenstühlen. Auf dem Podium vor ihnen sitzen führende Köpfe der Parteien, die bei der Landtagswahl antreten und versuchen zu überzeugen. Es ist Wahlkampfendspurt.
    "Also ich muss gestehen, dass die Nacht sehr kurz war und die hab ich heute Morgen in der ersten Runde gemerkt, aber sie werden merken, dass das Tempo jetzt zunimmt."
    Hessische Inhalte: Bildung
    Tempo machen. Am Morgen nach dem TV-Duell mit Volker Bouffier will Thorsten Schäfer-Gümbel möglichst wenig über Berliner Politik reden. Und die Umfragen? Ja, man merke, Bayern schlage durch. Er meint das schlechte Ergebnis der SPD dort. Umso wichtiger ist es für ihn jetzt über hessische Inhalte zu reden. Zum Beispiel eben über Bildung - neben Wohnen eines der Hauptthemen, mit denen die SPD punkten will. Er hat sichtlich Lust auf die Diskussion, legt das Jackett ab, krempelt die Ärmel hoch. In der Pause kommen Schüler, wollen Autogramme.
    Thorsten Schäfer-Gümbel, Spitzenkandidat der SPD (re.), bei einer Wahlkampfveranstaltung der Ricarda-Huch Schule in Dreieich.
    Thorsten Schäfer-Gümbel, Spitzenkandidat der SPD (re.), bei einer Wahlkampfveranstaltung der Ricarda-Huch Schule in Dreieich. (Deutschlandradio / Ann-Kathrin Büüsker)
    "Sagst du mir deinen Namen?"
    "Romeo."
    "Romeo? Das ist ja mal ein cooler Name."
    Und stellen Fragen:
    "Sie haben ja kritisiert, dass es zu wenig Lehrer gibt und zu wenig Geld für die Fortbildungen. Die Frage ist ja, was würden Sie denn jetzt dagegen tun, also ..."
    "Na, ich würde Geld für andere Sachen ausgeben."
    Wenn es darum geht, Inhalte zu vermitteln, fühlt Schäfer-Gümbel sich sichtlich wohl. Wann immer ihm eine Frage gestellt wird, hat er eine sehr detaillierte Antwort parat. Der SPD-Mann ist inhaltlich gut aufgestellt, manchmal jedoch sehr technisch in seinen Antworten. Er ist kein Kumpeltyp, keiner, der sich besonders gut verkauft. Er wirkt wie einer, der überzeugen will. Und muss sich hier in der Schule auch nicht mit Fragen zu Berliner oder bayrischen Verhältnissen auseinandersetzen.
    Schäfer-Gümbel in blauer Schürze
    "Erbse oder Gulasch?"
    Straßenwahlkampf in Offenbach. Schäfer-Gümbel und seine Frau Annette stehen mit blauen Schürzen bekleidet hinter großen Töpfen, in denen es blubbert. Sie verteilen Suppe und suchen das Gespräch.
    "Mit oder ohne Grünzeug?"
    "Mit bitte."
    "So wie bei Ihnen. Ohne Grün geht wahrscheinlich nicht."
    "Eins zu null für Sie."
    Thorsten Schäfer-Gümbel, Spitzenkandidat der SPD in Hessen, verteilt im Wahlkampf Suppe
    Thorsten Schäfer-Gümbel, Spitzenkandidat der SPD in Hessen, verteilt im Wahlkampf Suppe (Deutschlandradio / Ann-Kathrin Büüsker)
    Der Mann möchte nicht nur Petersilie auf seine Suppe, er wählt auch eher grün oder links. Um ihn zu überzeugen bräuchte die SPD …
    "Eine klarere Haltung. Kann mir den Herrn Schäfer-Gümbel zwar gut vorstellen und halte ihn auch für sehr sympathisch. Allerdings muss ich sagen, dass der Kurs der SPD, der Schlingerkurs der letzten Jahre, also wirklich bei mir viel Sympathie gekostet hat."
    Hessen als Schicksalswahl?
    Er meint die großen Fragen. Die, die in Berlin entschieden werden. Die Bundespolitik als politische Bürde taucht an diesem Tag in vielen Diskussionen auf. Warum SPD wählen statt Grün, fragt ein Bürger? Schäfer-Gümbel sagt, was er im Wahlkampf immer wieder betont:
    "Weil den Wechsel, den Wechsel gibt es nur mit uns"
    Er meint den Wechsel in Hessen.
    Für die Bürger nimmt er sich Zeit, da müssen die angereisten Fernsehteams warten. Die interessiert ohnehin nur eins - die aktuellen Umfragen. Wie er sich die erkläre, wird Schäfer-Gümbel wieder und wieder gefragt. Und er antwortet wieder und wieder das Gleiche.
    "Wir stellen fest bei den Umfragen, dass Bayern durchschlägt."
    "Also offensichtlich schlägt Bayern durch."
    "Wir erleben in dieser Umfrage, dass offensichtlich die bayrische Situation durchschlägt."
    Über Bayern nachdenken - lieber nicht. Über Berlin nachdenken? Lieber auch nicht. Hessen als Schicksalswahl für die GroKo? Davon will Schäfer-Gümbel nichts wissen. Er muss weiter, zum nächsten Termin. Vorher muss er allerdings noch telefonieren. Mit Andrea. Es gibt Abstimmungsbedarf in Sachen Diesel. Berlin hinter sich zu lassen - es bleibt schwierig.