Klar, irgendwann muss Peter Parker sich outen:
"Ich muss dir was erzählen. - Oh!"
Und wie? Spiderman wirft einen Spinnenfaden aus. Wickelt die Angebetete im wahrsten Sinne des Wortes ein, und die weiß: Ja, Peter, du bist Spiderman! Diesmal allerdings in "The Amazing Spiderman" nicht in persona von Tobey Maguire, sondern gespielt vom US-amerikanisch-britischen Schauspieler Andrew Garfield. Tobey Maguire wurde langsam zu alt für die Rolle des spätpubertierenden Spinnen-Superhelden mit Identitätsproblemen. Doch dass der vierte "Spiderman"-Film mit der Spinnen- und Superheldenwerdung von Peter Parker genau die gleiche Geschichte wie Sam Raimi 2002 erzählt - das ist schon sehr öde. Deswegen ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass dieses "Spiderman"-Huhn wie kalkuliert goldene Eier legen wird. Außerdem ist es schon erstaunlich: Wenn wir damals - 2002, eingesagt - bei Spidermans ersten, grandios inszenierten Sprüngen und Schwüngen durch New-Yorker-Häuserschluchten wie von einem visuellen Rausch erfasst wurden - ein großartiges Kinoerlebnis in 2D -, wirkt die Nachinszenierung in 3D jetzt in "The Amazing Spiderman" verblüffend fade. Sind wir so schnell gelangweilt? Oder ist 3D einfach doch nur aufgeblasener technischer Mumpitz? Beide Fragen dürfen mit angemessener Gnadenlosigkeit mit "Ja" beantwortet werden.
"The Amazing Spiderman" von Marc Webb - enttäuschend und überflüssig.
"Spiderman"-Darsteller Andrew Garfield spielt allerdings eindrucksvoll gegen eine ausgeleierte Story an. Was hier die Gelegenheit bietet, auf die grandiose "Red Riding Trilogy" verweisen: In diesem grandiosen wie düsteren britischen Krimi-Dreiteiler, der von der jahrzehntelangen Jagd auf einen mysteriösen Mörder erzählt, gab Andrew Garfield als Polizeireporter in Yorkshire eine grandiose Vorstellung in einer grandiosen Geschichte.
"Red Riding Trilogy" - erschienen in einer 3er DVD-Box: herausragend.
Jedes Genreklischee auf den ersten Blick zu bedienen, dies aber spannend zu variieren, das gelingt dem kanadischen Film "Small Town Murder Songs" von Ed-Gass-Donelly ganz großartig. - Ich mag mich nicht, wie ich war, sagt Walter, der Polizist:
"I ain´t like what I was. - Walter, you ain´t gonna change who you are. But you can choose to act against your impulses."
Aber du kannst nicht ändern, wer du bist, sondern - meint der Pastor zu Walter -, nur eine Entscheidung treffen, gegen deine aggressiven Impulse zu handeln. "Small Town Murder Songs" spielt in der tiefsten Provinz von Ontario. Es geht um den Mord an einer Frau, aber die Aufklärung des Verbrechens wird wie nebenbei erledigt. Im Mittelpunkt rückt vielmehr die Frage, ob der Ortspolizist Walter - eindrucksvoll gespielt von Peter Stormare, der als gemeiner Killer in "Fargo" von den Coen-Brüdern bekannt wurde -, ob Walter sich wieder wird von seinen Aggressionen überschwemmen lassen, die ihn die Liebe seines Lebens kosteten? Oder kann die Seele des Gequälten Erlösung finden? Wie nebenbei zeichnet Ed Gass-Donnelly ein dichtes Porträt der Einöde einer kanadischen Mennonitengemeinde. Hier wird das Leben von Bibelfestigkeit und Moral bestimmt. Nach außen hin. Doch in anderer Richtung, nach innen, lauern Abgründe. Peter Stormares Darstellung des Provinzpolizisten fügt sich wunderbar zusammen mit dem Soundtrack der kanadischen Indie-Band Bruce Peninsula, die diesen Film über die Sehnsucht nach Erlösung mit ihrem flirrenden Mix aus Gospel, Rock und Percussion verdichtet.
"Small Town Murder Songs" von Ed Gass-Donnelly - herausragend.
1939. Schweden. Simon ist anders; sein Vater ist sich sicher:
"Warum ist er nicht wie andere Kinder? Er will nicht segeln und nicht fischen gehen. Nein, er sitzt daheim und liest."
Was untypisch ist für den Sohn eines Handwerkers. Ebenso wie der Wunsch des Jungen vom Land, auf eine höhere Schule in Göteborg zu gehen. Doch da, bei seinem neuen Freund, dem Juden Isak, kommt Einiges, was Simon von seinem bodenständigen Vater gelernt hat, dem Jungen im antisemitischen Klima kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zupass:
"Judenschwein! Judenschwein! Hau wieder ab nach Deutschland. - [Schlag.] - Hey, bist du verrückt geworden? - Das hat gesessen."
Simon lernt Isaks Vater kennen, einen jüdischen Berliner Buchhändler,
"Simon Larsson. - Ruben Lentov. Angenehm."
… der frühzeitig vor den Nazis nach Schweden geflohen ist. Ruben Lentov führt den Jungen in eine neue, faszinierende Welt.
"Sie haben ganz viele Zimmer und massenhaft Bücher. In ganz riesigen Bücherregalen. Und ein Dienstmädchen, das Essen serviert."
Das merkwürdige "Nichtpassen" in seine Handwerkerfamilie hat einen Grund: Simon wurde nämlich adoptiert. Viel später, als der Krieg schon vorbei ist, wird er das erfahren. Simons leiblicher Vater war ein deutscher Violinist und ... ebenfalls Jude. - Krieg, Nazibarbarei, Holocaust und die Traumatisierung derjenigen, die es schaffen zu überleben, sie sind immer präsent als Teil der Erzählung, treiben sie an, vom Rand her in gewisser Weise. So verbinden sich in "Simon" auf geschickte und überzeugende Weise Zeitläufte mit der individuellen Suche nach Identität.
"Simon" von Lisa Ohlin - empfehlenswert.
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"Ich muss dir was erzählen. - Oh!"
Und wie? Spiderman wirft einen Spinnenfaden aus. Wickelt die Angebetete im wahrsten Sinne des Wortes ein, und die weiß: Ja, Peter, du bist Spiderman! Diesmal allerdings in "The Amazing Spiderman" nicht in persona von Tobey Maguire, sondern gespielt vom US-amerikanisch-britischen Schauspieler Andrew Garfield. Tobey Maguire wurde langsam zu alt für die Rolle des spätpubertierenden Spinnen-Superhelden mit Identitätsproblemen. Doch dass der vierte "Spiderman"-Film mit der Spinnen- und Superheldenwerdung von Peter Parker genau die gleiche Geschichte wie Sam Raimi 2002 erzählt - das ist schon sehr öde. Deswegen ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass dieses "Spiderman"-Huhn wie kalkuliert goldene Eier legen wird. Außerdem ist es schon erstaunlich: Wenn wir damals - 2002, eingesagt - bei Spidermans ersten, grandios inszenierten Sprüngen und Schwüngen durch New-Yorker-Häuserschluchten wie von einem visuellen Rausch erfasst wurden - ein großartiges Kinoerlebnis in 2D -, wirkt die Nachinszenierung in 3D jetzt in "The Amazing Spiderman" verblüffend fade. Sind wir so schnell gelangweilt? Oder ist 3D einfach doch nur aufgeblasener technischer Mumpitz? Beide Fragen dürfen mit angemessener Gnadenlosigkeit mit "Ja" beantwortet werden.
"The Amazing Spiderman" von Marc Webb - enttäuschend und überflüssig.
"Spiderman"-Darsteller Andrew Garfield spielt allerdings eindrucksvoll gegen eine ausgeleierte Story an. Was hier die Gelegenheit bietet, auf die grandiose "Red Riding Trilogy" verweisen: In diesem grandiosen wie düsteren britischen Krimi-Dreiteiler, der von der jahrzehntelangen Jagd auf einen mysteriösen Mörder erzählt, gab Andrew Garfield als Polizeireporter in Yorkshire eine grandiose Vorstellung in einer grandiosen Geschichte.
"Red Riding Trilogy" - erschienen in einer 3er DVD-Box: herausragend.
Jedes Genreklischee auf den ersten Blick zu bedienen, dies aber spannend zu variieren, das gelingt dem kanadischen Film "Small Town Murder Songs" von Ed-Gass-Donelly ganz großartig. - Ich mag mich nicht, wie ich war, sagt Walter, der Polizist:
"I ain´t like what I was. - Walter, you ain´t gonna change who you are. But you can choose to act against your impulses."
Aber du kannst nicht ändern, wer du bist, sondern - meint der Pastor zu Walter -, nur eine Entscheidung treffen, gegen deine aggressiven Impulse zu handeln. "Small Town Murder Songs" spielt in der tiefsten Provinz von Ontario. Es geht um den Mord an einer Frau, aber die Aufklärung des Verbrechens wird wie nebenbei erledigt. Im Mittelpunkt rückt vielmehr die Frage, ob der Ortspolizist Walter - eindrucksvoll gespielt von Peter Stormare, der als gemeiner Killer in "Fargo" von den Coen-Brüdern bekannt wurde -, ob Walter sich wieder wird von seinen Aggressionen überschwemmen lassen, die ihn die Liebe seines Lebens kosteten? Oder kann die Seele des Gequälten Erlösung finden? Wie nebenbei zeichnet Ed Gass-Donnelly ein dichtes Porträt der Einöde einer kanadischen Mennonitengemeinde. Hier wird das Leben von Bibelfestigkeit und Moral bestimmt. Nach außen hin. Doch in anderer Richtung, nach innen, lauern Abgründe. Peter Stormares Darstellung des Provinzpolizisten fügt sich wunderbar zusammen mit dem Soundtrack der kanadischen Indie-Band Bruce Peninsula, die diesen Film über die Sehnsucht nach Erlösung mit ihrem flirrenden Mix aus Gospel, Rock und Percussion verdichtet.
"Small Town Murder Songs" von Ed Gass-Donnelly - herausragend.
1939. Schweden. Simon ist anders; sein Vater ist sich sicher:
"Warum ist er nicht wie andere Kinder? Er will nicht segeln und nicht fischen gehen. Nein, er sitzt daheim und liest."
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"Judenschwein! Judenschwein! Hau wieder ab nach Deutschland. - [Schlag.] - Hey, bist du verrückt geworden? - Das hat gesessen."
Simon lernt Isaks Vater kennen, einen jüdischen Berliner Buchhändler,
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… der frühzeitig vor den Nazis nach Schweden geflohen ist. Ruben Lentov führt den Jungen in eine neue, faszinierende Welt.
"Sie haben ganz viele Zimmer und massenhaft Bücher. In ganz riesigen Bücherregalen. Und ein Dienstmädchen, das Essen serviert."
Das merkwürdige "Nichtpassen" in seine Handwerkerfamilie hat einen Grund: Simon wurde nämlich adoptiert. Viel später, als der Krieg schon vorbei ist, wird er das erfahren. Simons leiblicher Vater war ein deutscher Violinist und ... ebenfalls Jude. - Krieg, Nazibarbarei, Holocaust und die Traumatisierung derjenigen, die es schaffen zu überleben, sie sind immer präsent als Teil der Erzählung, treiben sie an, vom Rand her in gewisser Weise. So verbinden sich in "Simon" auf geschickte und überzeugende Weise Zeitläufte mit der individuellen Suche nach Identität.
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