"Wir zeigen unsere Stärke in nachhaltiger Sportpolitik, verstehen uns als aktive Partner des Sports."
Es ist eine bemerkenswerte Selbstwahrnehmung, die Michaela Engelmeier-Heite, die sportpolitische Sprecherin der SPD, unter der Woche im Bundestag verbreitete. Denn von nachhaltiger Sportpolitik kann nach einem halben Jahr Großer Koalition nicht die Rede sein.
Drängende Debatten, wie etwa die über eine Reform der Spitzensportförderung schaffen es im Sportausschuss seit Monaten nicht auf die Tagesordnung. Die Koalition sei sich nicht einig, meint Andre Hahn von der Linken: "Man merkt es schon, wenn man über den Termin redet. Wann man sich mit der Sportförderung beschäftigen will? Da sagt eben die eine Seite – die SPD – möglichst bald, die CDU möglichst spät, am besten wenn der Sport die Entscheidungen überhaupt getroffen hat und alle Messen gesungen sind. Da gibt es erhebliche Diskrepanzen und die behindern im Moment eine effektive Arbeit im Sportausschuss."
Seit Anfang April beraten die Fraktionen über eine öffentliche Anhörung zur Sportförderung, die nun im Oktober folgen soll. Tatsächlich bremste Eberhard Gienger, sportpolitischer Sprecher der Union, eine frühere Ansetzung aus. In einem Protokoll der Obleute, das dem Deutschlandfunk vorliegt, wird Gienger wie folgt wiedergegeben: Ihm erschließe sich noch nicht, was es dem DOSB bringen solle, eine öffentliche Anhörung zu diesem Thema zu haben.
Klientelpolitik in der Union? Giengers Nähe zum Deutschen Olympischen Sportbund ist bekannt. Vier Jahre saß der ehemalige Turner dort im Präsidium. Seine Aussage ist in dieser Deutlichkeit dennoch überraschend, aber nicht der einzige Beleg für seine große Nähe zum organisierten Sport.
Vor einigen Wochen beschäftigten sich Sport- und Innenausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit den Sicherheitskonzepten des DFB und der Deutschen Fußball-Liga. Einen Tag vor der Anhörung nahmen an der internen Sitzung der Arbeitsgruppe Sport der Union Vertreter von DFB und DFL teil. So gab es Informationen aus erster Hand. Kritische Fragen in der Anhörung? Fehlanzeige.
Seit geraumer Zeit wächst aber in der Union die Unzufriedenheit mit Gienger. Bemängelt werden vor allem ein fehlendes sportpolitisches Programm, sowie die Beratungsresistenz des sportpolitischen Sprechers. Die Kritik wird durch die Entscheidung der Haushälter die Kürzungen bei den Schulsportwettbewerben Jugend trainiert für Olympia und Jugend trainiert für die Paralympics ab 2015 zurückzunehmen, wohl nicht weniger werden. Denn der Beschluss ist eine Klatsche für die Sportpolitiker der Koalition. In der Union sorgte vor allem Gienger bis zum Schluss dafür, die Kürzungen bei den Wettbewerben mitzutragen und damit die Linie des Bundesinnenministeriums zu stützen. Auch noch als sich das Umdenken der Haushälter längst abzeichnete. Als einer der wenigen war wohl Gienger davon überrascht. Eigentlich wollte er im Bundestag zum Sporthaushalt und den Kürzungen unter der Woche sprechen. Doch dann verzichtete er darauf. Von der Union gab es bei den abschließenden Haushaltsdebatten zum Sportetat kein Wort. Andre Hahn von der Linken:
"Ja das hat mich schon sehr erstaunt, muss ich sagen. Ich denke, wenn man stolz ist auf das, was man erreicht hat, dann kann man das auch verkaufen. Das ist in anderen Bereichen gemacht worden durch Politiker der Koalition. Wenn die Sportförderung nur um geringe Beträge angehoben worden ist und eben die großen Punkte nicht angepackt worden, dann hat man eben wenig, was man präsentieren kann. Dann hat man es eben gleich ganz gelassen."
Zwischen den Sportfreunden und den Haushältern gibt es in der Koalition dem Vernehmen nach einige Verstimmungen. Am Dienstag wird sich Gienger von seinen Parteifreunden wohl dazu ein paar Fragen anhören müssen. Dann kommt die AG Sport der Union erstmals nach den entscheidenden Haushaltsverhandlungen wieder zusammen. Anwesend wird auch ein hoher DOSB-Funktionär sein. Generaldirektor Michael Vesper steht für ein Gespräch zu den aktuellen Entwicklungen im DOSB zur Verfügung. Vesper kommt sicher gern. Aus der Vergangenheit weiß er, dass ihn Gienger und die Union mit kritischen Einlassungen meist verschonen.