Freitag, 10. Mai 2024

Sportkonferenz
"Es ist ein Stück Alltagskultur"

E-Sport ist aus dem Leben vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Auf der Dlf-Sportkonferenz wurde um die Legitimierung von E-Sport als Sportart gestritten. Allen Podiumsteilnehmern war aber klar, das Phänomen E-Sport ist nicht mehr zu negieren.

Von Alexander Löher und Arne Lichtenberg | 10.05.2019
Zahlreiche Fans im März 2019 bei einer Counter-Strike-Veranstaltung in Kattowitz
Fans verfolgen bei einer Counter-Strike-Veranstaltung (www.imago-images.de)
Lars Klingbeil hat zum Thema E-Sport eine klare Haltung: "Für mich ist es Sport", sagte der SPD-Generalsekretär auf der 8. Deutschlandfunk-Sportkonferenz. Er habe sich bereits auch schon als Politiker für den E-Sport eingesetzt: "Ich gehöre zu den Leuten, die es mit in den Koalitionsvertrag mit reingeschrieben haben."
Markus Kerber, Sport-Staatssekretär im Bundesinnenministerium, pflichtete Klingbeil bei. "Viele Jugendliche spielen stundenlang Fortnite - und stundenlang Fußball. Die können unsere Diskussion nur bedingt nachvollziehen." Fakt sei, dass Jugendlich heute beide Sportarten beitreiben.
Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär
Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
"Es ist ein Phänomen und es ist ein Stück Alltagskultur"
Wichtig sei nun, die junge und leidenschaftlich geführter Debatte ein stückweit zu versachlichen. Denn nur dann könnten die Politiker eine Lösung präsentieren. E-Sportler seien nicht mehr die "kleinen dicken Jungs, die auf dem Sofa sitzen und nichts leisten" Die Diskussion darüber ändere sich gerade. "Ich wünsche mir jetzt politische Entscheidungen", forderte Kerber.
Veronika Rücker, die Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbunds, stimmte Kerber zu. "Es ist ein Phänomen und es ist ein Stück Alltagskultur." Das Thema dürfe nicht als eine Entweder-oder-Diskussion geführt werden. Sie glaubt, dass Jugendliche beides realisieren können.
Es sei allerdings die Aufgabe des DOSB zu prüfen, ob der E-Sport unter das Dach des organisierten Sport passe. Die virtuellen Sportarten seien Sportähnlich, aber anderes "Gaming" würde nicht unter das Dach des organsierten Sport passen. Der DOSB habe verschiedene Prüfkriterien und danach passe der E-Sport nicht in Gänze unter das Dach des organisierten Sports.
Veronika Rücker, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes und Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bund Deutschland (re.).
Veronika Rücker, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes und Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bund Deutschland (re.) (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
Für Carmen Borggrefe vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft Universität Stuttgart sei weder E-Sport noch "Gaming" als E-Sport zu verstehen. "Alle Sportarten haben gemein, dass es da um die Kommunikation körperlicher Leistungen geht. Das ist das, was den Sport eint." Beim E-Sport ginge es hingegen darum, mittels motorischer Aktivität einen Avatar zu steuern. Deswegen sei die Gesamtheit der E-Sports nicht unter dem Sportbegriff zu subsummieren.
Geld, Millionen und gesellschaftliche Veränderungen
Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bund Deutschland, bezweifelte, dass E-Sportler durch ihr Spiel Interesse an vergleichbaren Sportangeboten bekommen können. Er glaubt eher, dass der organsierte Sport zum Spielen von E-Sport-Titeln führen könne.
Es gebe in den beiden Komponenten, E-Sport und Sport, schon viele Analogien, sagte Rücker. Nur das stelle man auch in anderen Bereichen, wie "Jugend musiziert" fest. Dies sei auch ein Bereich, wo man seine Leistung durch Training verbessere, sagte die Sportfunktionärin.
Ihre Beobachtung sei, dass der E-Sport momentan noch sehr stark selbst organisiert ist. Im krassen Gegenteil zum organisierten Sport, der im Großteil in den 90.000 Vereinen stattfinde, mit einer stark ehrenamtlichen Struktur, sagte Rücker. Im Gegenzug dazu sei das Geschäftsmodell des E-Sport zu betrachten. Die Sportvereine als Non-Profit-Organisationen seien nicht darauf aus Gewinn zu erwirtschaften.
Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern.
Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern. (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
Die Bundesregierung würde sich auch um die Förderung des E-Sports kümmern, weil es um Geld und Steuereinnahmen gehen, sagte Markus Kerber. Die analoge Vorbildfunktion von Sportlern sei schon enorm hoch, dies sei der Politik auch wert, dies mit Geld zu fördern.

"Es geht nicht darum Spiele zu fördern, sondern das Spielen zu fördern", sagte Hans Jagnow. Der E-Sport als "Erwachsenenphänomen" bezeichnete. Das Durchschnittsalter bei einigen Vereinen betrage 26,75 Jahre, sagte er.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil betonte, dass sein Hauptinteresse als Politiker sei, dass man diesen Bereich gesellschaftlich nicht verschlafe. Es habe gebe 209 Millionen Menschen gegeben, die das League of Legends-Finale auf YouTube gesehen hätten.
Spielsucht, Sexismus und fehlende Diversität nicht vergessen
Rücker sagte weitere, sie erkenne das große Verlangen und Streben nach Organisiertheit und Gemeinnützigkeit im E-Sport nicht. Dem pflichtete auch die Sportwissenschaftlerin Borggrefe bei: "Der E-Sport will gesellschaftliche Legitimation", sagte sie. Man habe kein großes Interesse am Sport.
"Im Diskurs gesellschaftlicher Problementwicklung ist es ein bisschen kontraproduktiv, dass man systematisch, strukturell den Bewegungsmangel, der nun mal mit dieser Tätigkeit verbunden ist, fördert", kritisierte sie die Bemühungen E-Sport als Sport anzuerkennen.
Auch wenn der DOSB im Moment mit Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen habe, sagte Rücker, gelte es, auf die positiven Effekte des Sports darzustellen. "Wir sind gefordert, den Kern, was uns als organisierten Sport ausmacht, zu bewahren." Deswegen könne es nicht sein, dass sich der DOSB so weit öffne, um das aufzugeben, was ihnen die 27 Millionen Mitglieder gebracht hat.
SPD-Generalsekretär Klingbeil sieht beim Blick in die Zukunft die E-Sport-Szene in der Verantwortung: Probleme wie Spielsucht, Sexismus und fehlende Diversität in den E-Games dürfe man nicht verharmlosen.
Allerdings könnte eine Organisation in Vereinsstrukturen den genannten Problemen positiv gegenüberstehen. Dem stimmte Hans Jagnow bei: "Wir haben ganz viel Herausforderungen. Und wir haben ganz viele Bereiche, wo wir Verantwortung übernehmen müssen." Jagnow wünschte sich in dem Zusammenhang, Unterstützung von der Politik.