
Berlin, Neukölln. Im Dachboden eines Altbaus im Hinterhof stehen dicht gedrängt Kleiderstangen. Darauf ganz ordentlich aufgebügelt: Jeansjacken, Blusen, Sweatshirts, Trainingsanzüge.
"Das ist ein Champions-Trainingsanzug, da gibt es auch noch die Hose dazu."
Es sind alte Klamotten, Vintage-Sachen. Aron Grawert und Carolina De Paola verkaufen sie online.
"Ellesse zum Beispiel sehr gefragt, Diadora, merke ich, das braucht halt noch."
"Ich würde nicht sagen, dass es so ist, dass ich auf die Straßen gehe und die Leute so scanne: 'Ah, du trägst Fila, du Kappa.' Sondern es ist mehr so ein Gefühl, wenn ich auf den Flohmarkt gehe und ein Kappa-Shirt sehe, dass ich denke: Oh, das ist schon ganz cool, das würde ich jetzt wieder tragen."
Das Gefühl wird bestärkt, wenn man sich durch die Fotoplattform Instagram flickt. Da lacht mich von jedem zweiten Foto eine andere Marke der 90er-Jahre an. Denn die 90er-Marken sind zurück – nicht nur secondhand. Auch Neuware sieht aus wie früher. Einfache, bunte T-Shirts, pastellfarbene Jogginghosen, unförmige Kapuzenpullis – alles mit Logos versehen.
"Warum finden wir jetzt Kappa und Fila so cool, also diese ganzen alten Marken? Das hat ein bisschen damit zu tun, dass wir uns die Generation anschauen müssen, die gerade unter den Konsumenten maßgebend oder stilanführend ist. Das sind die, die jetzt zwischen 25 und 35 sind und diese Marken in ihrer Kindheit und Jugend wahrgenommen haben und die jetzt rekapitulieren."
Fredericke Winkler. Modesoziologin aus Berlin. Sie gibt dem, was Online-Verkäuferin Carolina mit Gefühl beschrieben hat, einen Namen: Rekapitulation. Und die sieht so aus: Wir ziehen uns die schöne Erinnerung an unsere Kind- und Teenagerzeit an.
"Das interessante ist: Solche Kooperationen sind ja durch zum Beispiel Marken wie H&M geebnet worden. Die sich dann plötzlich mit High-Fashion-Designern zusammen getan haben und dann eben Kollektionen herausgebracht haben, die plötzlich wahnsinnig begehrt waren."
Begehrlichkeit ist der Weg zum Erfolg. Künstlich Bedürfnisse schaffen. Gehypten Labels wie Gosha Rubchinskiy und Vetements gelingt das durch geringe Auflagen und Blogposts perfekt. Zu Preisen, die im Vergleich zu den Stücken aus den 90ern mindestens doppelt so hoch sind. Die Kleider aus den Kollaborationen mit den Sportmarken waren dennoch ganz schnell ausverkauft.