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Spritze für den Knochenbruch

Medizin. - In Berlin findet derzeit die 66. Jahrestagung der statt. Ein Programmpunkt: die medikamentöse Alternative zu Schiene, Schraube und Gips. Das Präparat nutzt das körpereigene Wachstumshormon.

    Gips, Schiene und Schraube haben bei einem Bruch nur die Funktion, die Selbstheilung des Knochens zu unterstützen. Eine medikamentöse Zusatzbehandlung soll jetzt die Heilungsdauer halbieren, bei einem Oberschenkelbruch etwa von durchschnittlich 16 auf acht Wochen verkürzen. Grundlage ist das menschliche Wachstumshormon, das im Knochengewebe spezifische Wachstumsfaktoren freisetzt. Derzeit sind rund 20 solcher Wachstumsfaktoren bekannt, darunter "IGF-1", der auf Knochen wirkt. Derzeit wird das Medikament an der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Berliner Charité getestet. Klinikchef Professor Norbert Haas: "Wir wissen inzwischen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind und welche Zellen die Bruchheilung durchführen." Derzeit arbeiten die Mediziner daran, die Wachstumsfaktoren gentechnisch herzustellen und so zu präparieren, dass sie gezielt den angestrebten Wirkungsort erreichen.

    Die Zusatzbehandlung mit Wachstumshormonen soll demnach nicht nur die Selbstheilung passiv begünstigen, sondern aktiv befördern. Die Wirkstoffe sollen in die Nähe der Bruchstelle gebracht werden und dort die Knochenzellen zum Teilen anregen, so dass der Bruch verheilt. Zentrales Problem für die Forscher ist dabei, das Medikament möglichst dicht an den Wirkort zu bringen, damit sie nicht an anderen stellen möglicherweise schädliche Wirkungen entfalten. Gelöst wurde es, indem man die Wachstumshormone mit den Frakturimplantaten verband, die heutzutage verwendet werden. Haas: "Dabei haben wir entdeckt, dass es eine Substanz gibt, die kontinuierlich diese Stoffe freisetzt." Mit dieser Substanz wurden die Implantate dann beschichtet. Sie sollen künftig zusammen mit durch den Körper abbaubaren Knochenimplantaten eingesetzt werden. In einer dünnen Schicht werden die Wachstumshormone deponiert und über drei bis vier Monate in hohen Dosen abgegeben, aber nur lokal. Derzeit werden allerdings noch die übliche Implantate verwendet. Die ersten Ergebnisse der klinischen Studien mit den Wachstumsfaktoren sollen im kommenden Jahr bekanntgegeben werden.

    [Quelle: Uwe Springfeld]