"Heute ist der 30. Mai 2011. Wir sind hier im Mühlenberger Loch an der Probenahmestelle Oberstrom."
Maximilia Kottwitz hat das Diktiergerät eingeschaltet und spricht ihr Protokoll auf Band.
"Das Wetter: Es ist sehr warm, ungefähr 20 Grad. Und die Sonne scheint."
Die Expertin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg steht am Ufer der Elbe, vor sich die ausgedehnte Wattfläche des Mühlenberger Lochs, auf der anderen Flussseite der noble Hamburger Vorort Blankenese. Kottwitz trägt einen Neoprenanzug und ist von oben bis unten mit Schlick beschmiert. Denn gerade war sie mit ihrer chinesischen Kollegin Pei-Chi Hsu im Watt, um eine Probe zu nehmen.
"Es ist halb elf, und Pei-Chi und ich haben gerade die Matten rausgenommen. Es ist Ebbe, und es ist ziemlich viel Sediment auf die Matten draufgespült worden. Es sind auch Algen drauf."
Das Protokoll ist fertig, Kottwitz schaltet das Diktiergerät aus. Dann zeigt sie auf die Probenkörper: backblechgroße Metallplatten, beklebt mit einer Art Fußmatte. Vor zehn Tagen hatten die Forscherinnen die Matten ins Watt gelegt, heute holen sie sie wieder raus. Das Ergebnis:
"Ungefähr 10 bis 15 Zentimeter Sediment war da drauf."
Später wird der Schlick ins Labor verfrachtet, um ihn nach Giftstoffen zu analysieren.
"Was wir untersuchen, sind hauptsächlich alte Schadstoffe, die früher über die Industrie eingetragen wurden wie DDT, HCB, HCA, aber auch Schwermetalle. Wir versuchen herauszufinden, inwiefern wir Effekte auf Organismen finden."
Bis in die frühen 90er-Jahre hatten Fabriken und Bauernhöfe vor allem in der DDR und der Tschechoslowakei Unmengen von Schadstoffen in die Elbe geleitet. Einiges davon lagert noch heute in den Sedimenten. Bei einem Hochwasser wird dieses Gift aus den Sedimenten gespült und die Elbe herabgeschwemmt, sagt Projektleiterin Prof. Susanne Heise.
"Wir haben auf jeden Fall eine erhöhte Schadstofffracht bei Hochwasserereignissen. Die meisten dieser alten Schadstoffe werden mit Hochwasser transportiert, innerhalb weniger Tage im Jahr. Die kommen hier in die Tideelbe rein. Aber die Frage ist: Inwiefern lagern sie sich ab und was bewirken sie hier?"
Um diese Frage zu klären, nimmt Heises Team im Rahmen des Forschungsverbundes KLIMZUG-Nord verschiedene Kleinstlebewesen, um sie mit dem Schlick aus dem Mühlenberger Loch zu konfrontieren – Bakterien, aber auch Algen. Gedeihen die Mikroben schlechter als normal, muss der Schlick Giftstoffe enthalten. Und ist der Schlick nach einem Hochwasser besonders belastet, müssten die Mikroben besonders stark drauf reagieren – so jedenfalls die Hypothese. Belastbare Resultate haben die Expertinnen bislang zwar noch nicht, aber zumindest Indizien.
"Was wir zur Zeit sagen können ist, dass beim Hochwasser im Januar/Februar 2011 im Bakterien-Test die Werte im oberen Bereich der Variabilität zeigten. Aber man muss da sehr vorsichtig sein. Wir müssen jetzt abwarten, was mit den hoffentlich kommenden Ereignissen passiert. Es muss ja kein Hochwasser sein, bei dem Deiche brechen. Das wünsche ich natürlich auch nicht."
Trotzdem: Ohne ein ordentliches Hochwasser wird Susanne Heise nicht entscheiden können, ob ihre Hypothese stimmt – und zwar dass sich die Gifte aus der Oberelbe bei einem Hochwasser in der Unterelbe ablagern. Wenn dem so wäre, könnte das auch Folgen haben für die Zukunft. Denn manche Klimaforscher nehmen an, dass die Zahl der Hochwasser mit dem Klimawandel deutlich zunehmen wird – womit dann immer mehr Schadstoffe die Elbe herabgeschwemmt würden.
Maximilia Kottwitz hat das Diktiergerät eingeschaltet und spricht ihr Protokoll auf Band.
"Das Wetter: Es ist sehr warm, ungefähr 20 Grad. Und die Sonne scheint."
Die Expertin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg steht am Ufer der Elbe, vor sich die ausgedehnte Wattfläche des Mühlenberger Lochs, auf der anderen Flussseite der noble Hamburger Vorort Blankenese. Kottwitz trägt einen Neoprenanzug und ist von oben bis unten mit Schlick beschmiert. Denn gerade war sie mit ihrer chinesischen Kollegin Pei-Chi Hsu im Watt, um eine Probe zu nehmen.
"Es ist halb elf, und Pei-Chi und ich haben gerade die Matten rausgenommen. Es ist Ebbe, und es ist ziemlich viel Sediment auf die Matten draufgespült worden. Es sind auch Algen drauf."
Das Protokoll ist fertig, Kottwitz schaltet das Diktiergerät aus. Dann zeigt sie auf die Probenkörper: backblechgroße Metallplatten, beklebt mit einer Art Fußmatte. Vor zehn Tagen hatten die Forscherinnen die Matten ins Watt gelegt, heute holen sie sie wieder raus. Das Ergebnis:
"Ungefähr 10 bis 15 Zentimeter Sediment war da drauf."
Später wird der Schlick ins Labor verfrachtet, um ihn nach Giftstoffen zu analysieren.
"Was wir untersuchen, sind hauptsächlich alte Schadstoffe, die früher über die Industrie eingetragen wurden wie DDT, HCB, HCA, aber auch Schwermetalle. Wir versuchen herauszufinden, inwiefern wir Effekte auf Organismen finden."
Bis in die frühen 90er-Jahre hatten Fabriken und Bauernhöfe vor allem in der DDR und der Tschechoslowakei Unmengen von Schadstoffen in die Elbe geleitet. Einiges davon lagert noch heute in den Sedimenten. Bei einem Hochwasser wird dieses Gift aus den Sedimenten gespült und die Elbe herabgeschwemmt, sagt Projektleiterin Prof. Susanne Heise.
"Wir haben auf jeden Fall eine erhöhte Schadstofffracht bei Hochwasserereignissen. Die meisten dieser alten Schadstoffe werden mit Hochwasser transportiert, innerhalb weniger Tage im Jahr. Die kommen hier in die Tideelbe rein. Aber die Frage ist: Inwiefern lagern sie sich ab und was bewirken sie hier?"
Um diese Frage zu klären, nimmt Heises Team im Rahmen des Forschungsverbundes KLIMZUG-Nord verschiedene Kleinstlebewesen, um sie mit dem Schlick aus dem Mühlenberger Loch zu konfrontieren – Bakterien, aber auch Algen. Gedeihen die Mikroben schlechter als normal, muss der Schlick Giftstoffe enthalten. Und ist der Schlick nach einem Hochwasser besonders belastet, müssten die Mikroben besonders stark drauf reagieren – so jedenfalls die Hypothese. Belastbare Resultate haben die Expertinnen bislang zwar noch nicht, aber zumindest Indizien.
"Was wir zur Zeit sagen können ist, dass beim Hochwasser im Januar/Februar 2011 im Bakterien-Test die Werte im oberen Bereich der Variabilität zeigten. Aber man muss da sehr vorsichtig sein. Wir müssen jetzt abwarten, was mit den hoffentlich kommenden Ereignissen passiert. Es muss ja kein Hochwasser sein, bei dem Deiche brechen. Das wünsche ich natürlich auch nicht."
Trotzdem: Ohne ein ordentliches Hochwasser wird Susanne Heise nicht entscheiden können, ob ihre Hypothese stimmt – und zwar dass sich die Gifte aus der Oberelbe bei einem Hochwasser in der Unterelbe ablagern. Wenn dem so wäre, könnte das auch Folgen haben für die Zukunft. Denn manche Klimaforscher nehmen an, dass die Zahl der Hochwasser mit dem Klimawandel deutlich zunehmen wird – womit dann immer mehr Schadstoffe die Elbe herabgeschwemmt würden.