Archiv


"Stadtverwaldung statt Stattverwaltung"

Um eine Reflexion über soziale und umweltbezogene Veränderungen in der Stadt anzuregen, pflanzte Joseph Beuys während seines documenta-Projekts 7000 Eichen in Kassel. So entstand auch die Eichen-Allee im Park von Schloss Moyland. Dieses Projekt soll nun abgeschafft werden - mit der Zustimmung der Direktorin der Stiftung Museum Schloss Moyland, Bettina Paust.

Museumsdirektorin Bettina Paust im Gespräch mit Dina Netz |
    Bettina Paust: Ich will es deswegen verändern, weil der Gedanke: Es geht hier darum, wir haben eine historische Gartenanlage, und 1996 kam durch den Künstler Uwe Claus der Gedanke hinein, man könne doch im Rahmen dieser Gartenwiederherstellung Basaltstelen neben die Eichen setzen, in dem von ihm gesagten Verständnis der Fortsetzung des Projektes "7000 Eichen" von Joseph Beuys, das ja durchaus Beuys damit verbunden hatte, die Welt mit Bäumen zu bepflanzen. Aber das Pflanzen von Bäumen macht ja nur dort Sinn, wo es keine gibt und wo es auch keine geben sollte. Aber hier geht es darum, eine historische Eichenallee wieder in den Zustand zu versetzen, so wie sie der historische Garten vorgibt. Das ist für mich auch der Knackpunkt, warum hier der Gedanke von Beuys nicht greift, weil er greift nur dort, wo das Pflanzen von Eichen Sinn macht, in Korrespondenz mit der Setzung von Basaltstelen. Das ist für mich ein Aspekt. Ein weiterer Aspekt ist, dass - wie wir alle wissen - Joseph Beuys das Projekt "7000 Eichen" im öffentlichen Raum, also im Stadtgebiet von Kassel, angesiedelt hat. Dieser Teil des Gartens von Schloss Moyland ist nicht öffentlich zugänglich. Man kann also nur durch ein Gitter in die Allee hineinschauen. Und das ist für mich auch ein Gedanke, der nicht konsequent dieIdee von Beuys fortsetzt.

    Netz: Wäre es denn dann, so wie Sie jetzt argumentieren, Frau Paust, nicht konsequenter, zu sagen, wir schaffen die Stelen nicht einfach ab, sondern wir setzen den Beuys-Gedanken fort - immerhin sind Sie ja in einer Art auch Beuys-Museum mit der großen Sammlung -, sondern wir stellen irgendwo anders Eichen auf und die Stelen dazu. Wäre es nicht konsequenter, nicht nur abzuschaffen, sondern neu zu schaffen?

    Paust: Ja, aber man muss ja erst abschaffen, um dann eventuell neu schaffen zu können. Da muss ich ganz ehrlich sagen, wenn man damals, 1996, gesagt hätte, wir wollen den Gedanken von Beuys fortsetzen und pflanzen Bäume - bei Beuys sind es ja nicht nur Eichen, sondern auch andere Bäume - und setzen dazu eine Stele, dann wäre es für mich konsequent gewesen. Aber es ist für mich nicht in einer Allee konsequent, wo die Bäume mit oder ohne Beuys gepflanzt worden wären. Und wenn Sie jetzt darauf zu sprechen kommen, Moyland als, ja, Beuys-Zentrum: Ja, wir haben den weltweit größten Bestand an Arbeiten von Joseph Beuys, und es ist auch unsere erklärte Aufgabe, uns wissenschaftlich in Ausstellungen und Publikationen mit dem Werk von Joseph Beuys zu beschäftigen, das werden wir auch in Zukunft tun, noch viel verstärkter, weil wir einen unschätzbaren Bestand an Arbeiten haben. Aber das muss doch unsere Aufgabe sein. Es kann doch nicht unsere Aufgabe sein, einen Gedanken von Beuys fortzusetzen, der nicht konsequent ist, wie ich gerade ausgeführt habe.

    Netz: Wer hat denn eigentlich an dieser Eichenallee beziehungsweise an diesen Stelen das Urheberrecht?

    Paust: Das ist eine sehr interessante Frage. An den Stelen selbst, die der Künstler Uwe Claus gesetzt hat, ist es mit Sicherheit Uwe Claus. An der Gartenanlage selbst - da geht es ja um ein gartenhistorisches Monument -, der, der damals den Garten angelegt hat. Wie man weiß, gerade im Umfeld von Joseph Beuys, gibt es viele interessante juristische Fragen, also auch diese.

    Netz: Nun formiert sich ja Widerstand gegen Ihr Vorhaben von Uwe Claus, eben dem Beuys-Mitarbeiter, der die Stelen damals aufgestellt hat. Er hat einen Aufruf gestartet, viele namhafte Unterzeichner gewonnen. Ändert das irgendwas an Ihren Plänen?

    Paust: Also ich weiß nicht, ob es viele und ob es namhafte Unterzeichner sind. Zwei Namen sind namhaft, das sind zwei Museumsdirektoren.

    Netz: Wulf Herzogenrath und Kaspar König.

    Paust: Genau; mit denen ich auch versucht habe, Kontakt aufzunehmen, die sind aber beide in Urlaub gerade. Ich glaube auch, dass man sich, um sich im Detail mit dieser Thematik zu beschäftigen, nicht nur eine Seite sehen darf, die von Uwe Claus, sondern eben auch die von mir genannten kunsthistorischen Argumente. Also ich denke, da kann man sicherlich noch in der Diskussion bleiben und sehen, wie sich die Sache weiterentwickelt.