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Stanford für alle

Maschinelles Lernen, Künstliche Intelligenz und Datenbanken stehen auf dem Lehrplan von drei neu gestalteten Onlinekurse der Stanford-Universität. Die kalifornische Hochschule wendet sich damit insbesondere an Menschen, die sonst keinen Zugang zu Bildungsangeboten hoher Qualität haben.

Von Anne Raith |
    "Ok, good morning, welcome to the machine learning class. My name is Andrew Ng ..."

    Professor Andrew Ng steht in legerer Kleidung vor einer blauen Tafel und begrüßt die Studenten zur Einführungsvorlesung "Maschinelles Lernen" in Stanford. Schon vor einigen Jahren hat die kalifornische Eliteuniversität damit begonnen, ihre Vorlesungen und Kurse auch ins Internet zu stellen. Bislang konnte man dabei jedoch in erster Linie lernen, dass sich die Vorlesungen in Stanford auch nicht anders anhören als die an anderen Universitäten, sagt der Professor für Computerwissenschaften selbst.
    " Egal, an welche Universität man geht, man sieht immer das Gleiche: Professoren, die in fast identische Hörsäle gehen und ihren Studenten fast identische Dinge erzählen. Das ist doch ein furchtbar ineffizienter Weg, Bildung zu vermitteln! "

    Zusammen mit drei Kollegen startet Andrew Ng deshalb diesen Herbst ein Experiment. Sie stellen nicht nur ihre Kurse kostenlos ins Internet, sondern möchten auch, dass die Online-Studenten aktiv daran teilnehmen. Dafür haben sie ihre Vorlesungen "netztauglich" gemacht.

    ""Hi, I'm Professor Sebastian Thrun, this is the free online and worldwide vision of Introduction in Artificial Intelligence.""

    Auch Professor Sebastian Thrun wird seine "Einführung in Künstliche Intelligenz" - gemeinsam mit Google-Forschungsdirektor Peter Norvig - online anbieten.

    "Im Internet kann man wesentlich besser und komprimierter arbeiten. Das heißt, wir haben speziell für diese Online-Vorlesungen unsere Materialen zusammengestellt und die sind deutlich kürzer, als die Lectures im Klassenraum selber."

    " Und überraschenderweise"," schmunzelt Andrew Ng, "hat sich herausgestellt, dass es den Studenten sehr viel besser gefällt, zehnminütige Videoclips anzuschauen, als ihrem Professor eine Stunde lang im Hörsaal zuzuhören. Es mache einfach mehr Spaß."

    Doch wer sich online für einen der drei Kurse anmeldet, soll nicht in erster Linie Spaß haben. Die Professoren wollen die Eliteuniversität vor allem für jene öffnen, die Interesse, aber keinen Zugang zu Bildung haben. Weltweit und kostenlos. Menschen, die lernen wollen - und das in den Onlinekursen auch müssen:

    "Das ist ein ernsthafter Stanfordkurs, es ist nicht nur so ein Volkshochschulkurs. Das heißt, die Leute, die das machen, müssen sich wirklich in der Woche 10, 12, 15 Stunden Zeit dafür nehmen. Und ich denke, das ist auch gut so. Denn es geht nicht darum, die Ausbildung an Universitäten runterzuwässern, um möglichst viele zu erziehen, sondern ein Stück diese Stanford-Ausbildung in die Welt zu tragen,"

    Und so bekommen auch die Online-Studenten Hausaufgaben, schreiben Tests und Examen. Während der Vorlesung wird regelmäßig überprüft, ob sie, zu Hause an den Rechnern, dem Stoff folgen können. Auch hier eröffne das Online-Lernen neue Möglichkeiten, erklärt Andrew Ng.

    "Wenn ich im Kurs eine Frage stelle, zeigen höchstens fünf Studenten auf, und einer darf dann antworten. In der Online-Vorlesung hingegen poppt zwischendurch ein Fenster mit einer Frage auf, die dann jeder einzelne Student beantworten kann."

    Und während die realen Vorlesungen, die für Stanford-Studenten ganz traditionell im Hörsaal weitergehen, ihrem Zeitplan folgen, können die Online-Studenten ihr eigenes Lerntempo bestimmen, nachhören, was sie nicht verstanden haben, und sogar Fragen stellen - im Rahmen der Möglichkeiten:

    "Wir können natürlich nicht mit zehntausend Studenten reden, das geht einfach nicht. Was wir machen werden, wir werden den sogenannten Google-Modeartor benutzen. Da können Studenten Fragen stellen und die Fragen ihrer Kommilitonen bewerten. Und die am besten bewerteten Fragen sind die, die wir am Ende wirklich beantworten. Dadurch hoffen wir, die Fragen herauszufinden, die wirklich interessant sind und 90 Prozent der Fragen damit abdecken."

    Die Marke von zehntausend Onlinestudenten hat allein Sebastian Thrun mit seinem Kurs schon überschritten - 80.000 waren es beim letzten Zwischenstand - und es kommen täglich neue Anmeldungen hinzu - aus Amerika, Europa, Afrika, von Schülern, Studenten, Rentnern.

    "Also ich bin unglaublich begeistert davon. Ich denke, es ist längst überfällig, dass wir unsere Universitätsunterrichtung in die Welt tragen. Was zur Folge hat, dass wir in der Lage sind, wesentlich besser wesentlich mehr Menschen gut auszubilden. Und das auf eine Art und Weise, wie wir im Moment Leute gar nicht erreichen können, zum Beispiel in der entwickelten Welt, Leute, die überhaupt nicht die Möglichkeit haben, nach Amerika zu kommen und sich in Stanford einzuschreiben. Ich glaube, das wird einen großen, großen Einfluss auf die Welt haben."

    Weitere Infos

    Die drei Kurse starten im Herbst am 10. Oktober, registrieren kann man sich schon jetzt auf den folgenden Webseiten:
    Machine Learning
    Introduction to Artificial Intelligence
    Introduction to Databases

    Pressemitteilung "Stanford Engineering professors reinventing online education"